Landkreis Osterholz. Die anhaltende Trockenheit setzt der Natur zu. Während der sogenannte Waldbrandindex im Landkreis Osterholz auf mittlerem Niveau verharrt, steigt die Gefahr von Ernteausfällen. Denn durch den Regenmangel entwickeln sich junge Getreidepflanzen nicht so, wie sie sollten. Auch das als Futtermittel benötigte Gras wächst derzeit wenig nach. Das könnte Landwirte wie den Linteler Hanke Bohlen oder den Huxfelder Ralph Bode bald vor Probleme stellen.
Dabei hat sich die Lage rasant geändert. Noch im März und April kamen die Bauern wegen der weichen Böden vielerorts nicht auf ihre Felder, im Juni stauben nun die Äcker. Denn im Mai hat es nicht ausreichend geregnet: So waren in Niedersachsen statt durchschnittlich 61 nur 36 Liter pro Quadratmeter gefallen. Das sind etwa 60 Prozent der üblichen Regenmenge. Und bis Mitte Juni soll es laut Wettervorhersage wenig bis gar keinen Niederschlag für die Region geben.
Mit Kanne im Gemüsebeet
Trotz der hohen Unsicherheit, die eine mehr als viertägige Vorhersage gewöhnlich in sich trägt, beschleicht auch viele Gartenbesitzer derzeit ein ungutes Gefühl. Die meisten sind längst mit Gießkanne oder Gartenschlauch unterwegs, um Rabatten und Gemüsebeete zu bewässern – und der kalendarische Sommer beginnt erst in zwei Wochen.
Aber nicht nur auf den Beeten, sondern auch auf großen Ackerflächen ist es trocken, betont der Landwirt Hanke Bohlen, der in Lintel einen Milchhof mit mehr als 700 Tieren betreibt. Für dieses Jahr hat er Raps, Mais und Weizen angebaut. Wenn er die jungen Pflanzen in der prallen Sonne auf dem Feld sieht, wird er nachdenklich. Die fehlende Feuchtigkeit und obendrein relativ kühle Frühtemperaturen, hätten die Kulturen nicht wie gewünscht wachsen lassen. Das treffe auch beim Gras zu, das nach dem ersten Schnitt nur zögerlich nachwachse. Die nächste Mahd müsse er deswegen wohl verschieben, glaubt er.
Wenig Regen, kühle Frühtemperaturen
Denn die Lage auf den Ackerflächen zieht eine Reihe von Folgeerscheinungen nach sich: Das verzögerte Wachstum hat zur Folge, dass sich vermehrt Unkräuter auf dem Acker bilden, weil die Beschattung des Bodens fehlt. Das wiederum könnte dazu führen, dass ein zusätzlicher Spritzgang einkalkuliert werden muss, denn das Unkraut steht in Konkurrenz zur angebauten Kulturpflanze. Unkraut kann auch das Erntegut verunreinigen oder die Ernte erschweren. Und es gibt Unkräuter, die durch giftige Inhaltsstoffe eine Gefahr für Weidetiere darstellen. Wie andere Landwirte versucht auch Bohlen locker zu bleiben. „Noch eineinhalb Wochen, dann muss es einfach regnen“, steht für ihn fest. Ansonsten rechne er mit signifikanten Ernteausfällen.
Kreislandwirt Stephan Warnken geht davon aus, dass bis Ende des Sommers eine bis eineinhalb Gras-Ernten fehlen könnten, sollte es in den kommenden 14 Tagen nicht ordentlich regnen. "Es sollten schon mindestens fünf Liter pro Quadratmeter sein", sagt er. Anderenfalls könnte das in eine "Futternotlage" führen, denn in Osterholz seien immerhin zwei Drittel der landwirtschaftlichen Flächen Grünland. Dieses wiederum bilde die wirtschaftliche Grundlage für die Milchviehbetriebe in der Region. Zwar würden alle Bauern über eine "Grundgelassenheit" verfügen, so Warnken, da sie mit dem Wetter leben müssten. Aber die aktuelle Situation könnte zur Herausforderung werden. "Die Landwirte sind durchaus beunruhigt."

Hanke Bohlen hat Raps, Mais und Weizen angebaut.
Eine Einschätzung, die die Huxfelder Ralph Bode teilt: Sollte es in den kommenden zwei Wochen nicht regnen, würde er auf der Weide mit Heu zufüttern müssen. Bode betreibt im Nebenerwerb eine Pensionspferdehaltung und hat auch noch Rinder. Das Futter kommt vom eigenen Grünland. Der erste Grasschnitt sei sehr gut gewesen, die feuchte Witterung im Frühjahr habe dazu beigetragen, sagt er. Die Trockenheit der vergangenen Wochen lasse ihn nun schon wieder nachdenklich werden. Wer sich nicht einen Puffer geschaffen habe, könnte Schwierigkeiten bekommen. Vor allem die Landwirte im Haupterwerb habe er dabei im Blick.
Blickt Bode zurück, dann stellt er fest, dass sich doch einiges verändert habe: Kaum noch sei es mal zu nass, "eigentlich ist es nur noch zu trocken". Es fehle an ergiebigem Regen, der den Boden nachhaltig durchfeuchtet: "Ein kurzer Schauer reicht nicht aus."
Wachsende Waldbrandgefahr
Die niedersächsischen Landesforsten warnen vor der wachsenden Waldbrandgefahren. Der Index liege zurzeit bei Stufe drei und werde wohl weiter steigen, teilt Heiko Ehing als Kreiswaldbrandbeauftragter mit. In anderen Teilen Niedersachsens rangiert der Wert bereits zwischen Stufe vier und fünf auf der sechsstufigen Skala.
Wibeke Schmidt, Sprecherin der niedersächsischen Landesforsten, macht auf Nachfrage der Redaktion die unterschiedliche Struktur der Waldgebiete in der Region aufmerksam. Anders als es derzeit in den aktuellen Brandgebieten in Brandenburg oder im Harz der Fall sei, würden in Osterholz keine reinen Nadelholzbestände vorhanden sein. Unter anderem dadurch liege der Waldbrandindex niedriger als in anderen Teilen Deutschlands.