Borgfeld/Horn-Lehe/Oberneuland. Sechs Polizeikommissariate, zehn Reviere und 13 Polizeistationen soll es nach Vorstellung von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) künftig in Bremen geben. In den Revieren, also unter anderem in Horn, sollen Revierleiter, Verkehrssachbearbeiter und Kontaktbeamte (Kop) weiterhin Ansprechpartner für die Menschen in den Stadtteilen bleiben. Das komplette Angebot der Polizei bekommen Bürger aber nur noch in den Kommissariaten, die den Plänen der „Polizeireform 2600“ zufolge ihre Standorte in der Vahr, der Innenstadt, der Neustadt, in Osterholz, Gröpelingen und in Vegesack haben werden.
Einen „spürbaren Kompetenzverlust“ bedeuten Mäurers Pläne aus Sicht von Horn-Lehes Beiratssprecher Stefan Quaß (CDU) für das Horner Revier. „110-Notrufeinsätze sollen ausschließlich noch zentral über das Polizeikommissariat in der Vahr gesteuert werden – das wird dazu führen, dass zukünftig verstärkt Polizisten ohne entsprechende Ortskenntnisse in Horn-Lehe, Borgfeld und Oberneuland unterwegs sein werden“, kritisiert er. „Dabei ist mehr als fraglich, ob ein per Notruf angefordertes Streifenfahrzeug auch tatsächlich innerhalb von acht Minuten an jedem Einsatzort innerhalb dieses riesigen Revierbereichs eintreffen kann.“
Sorge: Mangelnde Ortskenntnis
Auch Borgfelds Beiratssprecher Karl-Heinz Bramsiepe (CDU) bereitet die Reform in diesem Punkt Sorge. „Bereits jetzt wird der Zielerreichungsgrad von acht Minuten bei Einsätzen insbesondere im ländlichen Timmersloh nicht immer eingehalten“, betont er. Und ebenso wie Quaß erwartet Bramsiepe Probleme, was die Ortskenntnisse der Einsatzbeamten betrifft. Je größer deren Radius sei, desto weniger könne erwartet werden, dass sie mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut seien. „Das kann nicht allein durch Technik kompensiert werden“, betont er.
Der geplante Abzug von Polizeikräften aus den Revieren wird zudem zulasten des Bürgerservices gehen, befürchtet Quaß. „Wer beispielsweise eine Anzeige erstatten will, muss dafür ganz bis in die Vahr fahren“, moniert er. In diesem Zusammenhang mit Blick auf die Lilienthaler Heerstraße noch von einem Polizeirevier zu sprechen, sei seiner Meinung nach irreführend. „Der Begriff Teilschließung trifft hier weitaus eher zu“, erklärt Quaß. „Wenn man bedenkt, dass dieses hochmoderne Revier vor noch nicht einmal vier Jahren erst mit großem Aufwand neu eröffnet worden ist, kann man einfach nur noch mit dem Kopf schütteln.“ Horn-Lehe, Borgfeld und Oberneuland seien wachsende Stadtteile – entsprechend mehr lokale Polizeistruktur brauche man vor Ort. Dass mit der Polizeireform das Gegenteil geplant sei, „macht mich fassungslos und wütend“. Seinem Unmut darüber will Quaß auch mit seiner Teilnahme an der geplanten Demo „Stoppt die Polizeireform 2600“ am Sonnabendvormittag vor dem Haus der Bürgerschaft Ausdruck verleihen.
Oberneulands Beiratssprecherin Tamina Kreyenhop (CDU) sieht die Bürgernähe der Polizei durch die Reform ebenfalls in Gefahr. „Eine Zentralisierung geht immer auf Kosten der Bürgernähe – und damit bei der Polizei auf Kosten des Sicherheitsgefühls“, sagt sie. Auch die Möglichkeit zur Anzeigenaufnahme vor Ort sei wichtig für die Bürger. „Ich verstehe nicht, warum jetzt die gleichen Fehler bei der Polizei wiederholt werden, die schon beim Stadtamt gemacht wurden“, kritisiert Kreyenhop.
Karl-Heinz Bramsiepe sieht Borgfeld durch die künftige Zuständigkeit des Kommissariats in der Vahr besonders benachteiligt. „Anders als Oberneuland und Horn-Lehe grenzt Borgfeld nicht unmittelbar an die Vahr – die Polizei entfernt sich damit räumlich deutlich von unserem Ortsteil.“ Ganz nebenbei stelle sich auch die Frage, warum der Senat zunächst viel Geld in die Hand nehme, um an der Lilienthaler Heerstraße ein neues Polizeirevier zu bauen, um es dann anschließend „personell ausbluten“ zu lassen. „Wir fordern den Erhalt des Polizeireviers Horn in seiner bisherigen Stärke einschließlich des Einsatzwagens im 110-Prozess“, betont Bramsiepe. „Darüber hinaus erwarten wir, dass der Kop-Standort im Ortsamt auch zukünftig erhalten bleibt.“
Was die einzelnen Bremer Regionen konkret durch die Polizeireform an Veränderungen erwartet, soll im Rahmen von nicht öffentlichen Regionalkonferenzen für Beirats- und Fraktionssprecher sowie Mitarbeiter der Ortsämter dargelegt werden. Bis zu den Osterferien sollen diese Konferenzen gelaufen sein, berichtet Horn-Lehes Ortsamtsleiterin Inga Köstner. Ihr Oberneulander Amtskollege Jens Knudtsen zeigt sich gespannt. „Ohne die Ergebnisse im Detail zu kennen, erwarten wir erhebliche Einbußen für die Stadtteilbevölkerung“, sagt er. „Fairerweise wollen wir aber abwarten, wie man uns die Reform schmackhaft machen will.“
Von einer Reform mag Köstner kaum sprechen: Wenn künftig nicht das Personal zur Verfügung gestellt werde, das den gestiegenen Anforderungen entspreche, verkomme die Reform schnell zu einem „Reförmchen“. „Auch wenn die Begründung des Innenressorts nachzuvollziehen ist, werden unterm Strich Einsatzkräfte aus den Revieren abgezogen und an zentralen Standorten konzentriert“, sagt sie. „Die Taktik, Löcher an einer Stelle zu stopfen, indem neue Löcher in den Stadtteilen aufgerissen werden, kann nicht gut ausgehen.“ Von der Regionalkonferenz für den Bremer Nordosten erwarte sie, dass die personellen Auswirkungen auf das Horner Revier sowie dessen neue Öffnungszeiten und eine Übersicht „über die sogenannte zukünftige bürgernahe Polizeiarbeit“ konkret dargestellt werden.