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Schott the Dohr - der Zeitungspodcast Diese Zeiten kommen nie Wiedener

In unserer etwas anderen Rückschau lassen wir den Mai noch einmal Revue passieren und diskutieren dabei auch über die Dinge, für die im redaktionellen Alltag oftmals kein Platz in der Zeitung ist.
31.05.2021, 10:38 Uhr
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Diese Zeiten kommen nie Wiedener
Von Dennis Schott

Na Tobi, sind Deine Tränen schon getrocknet?

Dennis, um dies gleich vorwegzunehmen: Als Freund möchte ich Dich bitten, das Werder-Thema nicht als Spielwiese für Sticheleien zu sehen. Und nun zu der Antwort auf Deine Frage: Ja, die Tränen sind getrocknet, die Trauer aber noch lange nicht überstanden.

Okay, okay. Merke schon: Sensibles Thema. Dabei sollte das mitnichten als Stichelei verstanden werden, sondern als ernst gemeinte Frage nach deinem Wohlbefinden. Das musst Du – auch wenn ich (und Du ja auch) in diesem Format mal gerne die Ellenbogen auspacke – mir einfach glauben. Ich weiß ja, wie sehr Du an Werder hängst. Mehr als ich in jedem Fall. Und glaub‘ es, oder glaub‘ es nicht: Verdaut habe ich den Abstieg auch noch nicht. Dieser letzte Spieltag hat auch mir echt zu schaffen gemacht. Nach dem nicht gegebenen Tor von Köln bin ich vor die Tür gegangen, weil ich mir das nicht mehr anschauen konnte. Und dann fiel das Tor doch noch. Mein einziger Trost war, dass ich nicht mitanschauen musste, wie es gefallen ist. Und trotzdem befällt einen dann diese unglaubliche Leere, dieses: Ist das jetzt passiert? Ist Werder wirklich abgestiegen? Dann kam der Schlusspfiff und man muss sich eingestehen: Es ist tatsächlich wahr. Wie hast Du denn den letzten Spieltag erlebt?

Bei meinen Eltern. Wir haben ihren 51. Hochzeitstag gefeiert und irgendwie war es tatsächlich der „passende Rahmen“, um diesen Abstieg zu erleben. Dort, wo ich so oft große Werder-Spiele und -Triumphe gefeiert habe. Dort, wo diese „Geschichte“ ihren Anfang nahm. Leichter hat es das aber keineswegs gemacht. Ich habe übrigens auch bewusst nicht umgeschaltet zum Köln-Spiel, weil ich einfach die letzten Bundesliga-Minuten von Werder live erleben wollte. Aus irgendeinem Grund war das wichtig.

Und das hätte ich am liebsten auch getan! Aber ich wurde überstimmt. Und ganz ehrlich: Das kreide ich meinem Kumpel auch komplett an. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass er dieses verdammte Köln-Tor mit dem Wegschalten von Werder heraufbeschworen hat. Fußballer sind ja abergläubisch ...

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Ja, das stimmt. Wobei wir diesbezüglich der Realität ins Auge sehen müssen: Dieser Abstieg ist nicht unverdient. Obwohl Du mir doch gestern gerade noch erzählt hast, wie viele Minuten der gesamten Saison über Werder eigentlich nur auf einem direkten Abstiegsplatz stand?

Neun Minuten, Tobi. Ganze neun Minuten! Aber manchmal hat man sein Glück einfach aufgebraucht. Der Klassenerhalt in der vergangenen Saison war schon geschenkt. Werder hätte damals absteigen müssen. Punkt. Und dieser uninspirierte Fußball, dieses Schön- und Starkreden der Verantwortlichen – das war und ist doch alles nicht mehr zumutbar. Auch heute ist Bob der Baumann, ach nee, Frank Baumann heißt der ja, „absolut überzeugt“ davon, dass Werder um den Wiederaufstieg spielen kann. „Ich bin absolut überzeugt davon, dass...“ – wie oft hat er das eigentlich schon gesagt? Und wie oft will er das noch sagen? Glaubt er eigentlich noch selbst, was er da sagt?

Sorry, Dennis, aber ich denke, wir sollten diese Diskussion besser nicht führen. Bei aller Liebe, dann ufert das hier grenzenlos aus. Es gibt einfach für alle Sichtweisen irgendwelche Argumente. Vielleicht sollten wir wirklich mal einen echten Podcast aufnehmen. Wird in Sachen Werder ganz bestimmt interessant für die Zuhörer (lacht). Aber zum Glück gibt es auch noch andere spannende (und weitaus weniger deprimierende) Themen.

Und trotzdem: Es bleibt unser Verein. Mir hat mal jemand gesagt, wahre Liebe vergibt man nur einmal. Und wir sind doch von Kind auf in Werder verliebt (auch wenn wir vieles nicht mehr so verklärt sehen). Und wenn wir ehrlich sind, sind wir doch zu einem Großteil nur deshalb Sportredakteur geworden, weil es Werder gibt. Oder wie ist das bei Dir gewesen?

Ich habe auf jeden Fall viel über meinen jetzigen Beruf gelernt, weil ich jeden einzelnen Werder-Artikel als Kind und Jugendlicher aufgesogen habe. Aber der ursächliche Antrieb war es nicht. Nicht ohne Grund habe ich mich ganz bewusst für den Regional- und Amateursport entschieden. Das ist meine Welt. Und da können wir uns ja hoffentlich bald auch wieder so richtig austoben. Ich gehe fest davon aus, dass die neue Fußballsaison regulär starten wird. Mit Vorbereitungsturnieren und allem Schönen, was dazu gehört. Oder was denkst Du?

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Oha, Herr Schott hat „gegendert“!

Ja ja, Herr Dohr, lachen Sie mich ruhig aus. Sie wissen doch ganz genau um meine  - sagen wir mal - gesunde Distanz zu dieser political-correctness-geführten Ausdrucksweise. Aber mittlerweile weiß man ja nicht mehr, was man sagen darf, ohne jemanden zu diskriminieren.

Tatsächlich hatte ich eben schon Sorge, dass ich einen Rüffel von Dir bekomme, weil ich weiter oben nur die Zuhörer und nicht explizit die dazugehörigen *Innen erwähnt habe. Ja, ich finde diese Diskussion auch höchst ermüdend. Und ich frage mich ehrlich gesagt auch, ob wir nicht ernsthaftere Probleme haben als immer wieder dieselbe Leier mit Gendern hier und Gendern da. Gleichberechtigung erreiche ich nicht durch solche Schreibformen, sondern durch ein wirklich gleichberechtigtes Verhalten.

Da sagen Sie ausnahmsweise etwas Wahres, Herr Dohr! Haben die Frauen auch gar nicht nötig. Ich tue mich ehrlich gesagt schon schwer mit dem Wort "Kapitänin". Ist in der Fußballsprache schon üblich geworden und betrifft uns ja auch, wenn wir über Frauenfußball schreiben. Weil man nicht an jedes Wort einfach ein „in“ hängen kann, um es zu feminisieren. Gegenbeispiel: Kein Geburtshelfer der Welt würde sich „Hebammer“ nennen wollen, oder nicht? Muss man also wirklich auf das Wort „Kapitänin“ bestehen? Mannschaftsführerin tut es auch.

Herr Schott ist in Fahrt!

Ja, vielleicht habe ich zu viel Germanistik und Linguistik studiert. Auf jeden Fall habe ich zu lange studiert. Aber wenn ich so etwas lese wie „Gäst*innen“ kann ich nur ungläubig den Kopf schütteln. „Gästin“ gibt es nicht! Und wer ist "Gäst"? Ist das etwa die männliche Entsprechung? Da fühle ich mich ja als Mann diskriminiert! Solche Wortungetümer lese ich ständig.

Ob Du es glaubst, oder nicht, aber neulich war ich im Baumarkt, da geht das jetzt auch los. Da stand doch tatsächlich ein Sack mit „Füllspachtel Innen“. Ist das zu glauben?

Und da haben Sie sich gleich angesprochen gefühlt und zugegriffen, was Herr Dohr? Aber zum Glück bin ich ja nicht der Einzige, der sich über dieses Gendern aufregt. Selbst H.P. Baxxter, Frontmann von Scooter, hat sich darüber mokiert – und dafür einen ordentlich Shitstorm geerntet. Aber wenn einer wie H.P. Baxxter etwas sagt, dann muss es auch stimmen (lacht). Abgesehen davon: Angeblich haben sich 65 Prozent der Deutschen gegen das Gendern ausgesprochen. Gott sei Dank.

Dann lass uns lieber darüber reden, ob es eine gute Idee ist, dass Frauen jetzt Fußball in Männerteams spielen wollen, sollen oder dürfen. Die Niederlande hat gemischte Teams im Amateurfußball ja nun erlaubt. Aber Obacht: Ich fürchte, auch das ist sehr vermintes Terrain.

HINWEIS IN EIGENER SACHE: Der hier ursprünglich abgegebene Kommentar von Herrn Dennis Schott wurde nachträglich gelöscht.

Herr Schott!!! (Wie stellt man diesen entsetzt-erbleicht-erschrocken schauenden Smilie bloß in der Zeitung dar?).

Ihr Profilfoto reicht, um erschrocken zu sein, Herr Dohr! So, jetzt aber Themenwechsel, sonst artet das noch aus.

Moooment! Bei mir ist es wenigstens ein brandaktuelles Foto, während Sie sich ja gegen die neue Aufnahme mit ihrem hübschen Fiffi auf‘m Kopf sträuben und stattdessen an diesem Portraitbild von vor vielen Jahren festhalten. Aber nun genug davon. Was ist eigentlich mit unserem Tennismatch?

Zum Glück ist der Fiffi ein Insider und für die Öffentlichkeit uneinsehbar. Und nun zu unserem Tennismatch: Können wir bald in Angriff nehmen. Bin heiß! Frittenfett ist gar nichts dagegen. Und das Wetter soll ja auch besser werden. Also, Herr Dohr, fangen Sie schon mal fleißig an zu trainieren, damit Sie Ihrem Ruf als Sportskanone auch gerecht werden!

Da fällt mir ein: Gibt es eigentlich auch das Wort Sportskanonin? Egal. Ich freu mich jedenfalls ungemein auf das, was da hoffentlich jetzt kommt: Endlich besseres Wetter, endlich wieder Sportbetrieb, endlich wieder rauf auf die Plätze.

Herr Dohr, wenn Sie mich deutlich bezwingen, dürfen Sie einen Monat mein Fiffi-Foto in der Redaktion aufhängen. Wenn das mal kein Anreiz ist!

Und wie. Eine Woche nach dem Werder-Abstieg geben Sie meinem Leben wieder einen Sinn, Herr Schott (lacht).

Dabei haben wir doch – ähnlich wie Flo Mega in seinem Song über Jonny Otten – gedacht: Diese Zeiten kommen nie Wiedener.

Ja, ja, der Andree. Das war was, als in den goldenen Werder-Jahren die Ostkurve den doch technisch etwas limitierten aber überaus beliebten Abwehrspieler huldigte und den Wiedener tanzte.

In diesem Sinne: Mal gucken, wer nach unserem Tennismatch tanzt.

Zur Person

Die Sportredaktion

schließt den Monat Mai ab. In unserer etwas anderen Rückschau lassen wir den vergangenen Monat Revue passieren und diskutieren dabei auch über die Dinge, für die im redaktionellen Alltag oftmals kein Platz in der Zeitung ist. Nicht immer einer Meinung, aber meinungsstark. Nicht immer bierernst, aber mit voller Überzeugung für den hiesigen Amateursport. „Schott the Dohr“ – die Redakteure Tobias Dohr (oben) und Dennis Schott schließen die Tür.

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