Landkreis Rotenburg. Wie seine Ex-Partnerin, die fünfeinhalb Jahre Haft erhalten hatte, wurde jetzt auch ein 24-Jähriger vom Landgericht Verden verurteilt – wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, besonders schweren Raubes sowie versuchten schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung.
Der Angeklagte und dessen damalige Freundin, heute 23, wollten nach den Feststellungen des Gerichts „auf hochgradig illegale Weise“ Anfang November 2020 ihre finanziellen Verhältnisse aufbessern, nachdem sie in Rotenburg eine kleine Wohnung bezogen hatten. Sie gingen nach einem umfangreichen, „gewieften“ Tatplan vor, boten über die Kontaktbörse eines Kleinanzeigenportals sexuelle Begegnungen mit einer 16-Jährigen an und lockten die Interessenten an einen „dunklen, abgelegenen Ort“. Beim Friedhof in Bothel (Kreis Rotenburg) erwartete die Männer, die laut Gericht „Sex mit Minderjährigen gebucht“ hatten, zwar zunächst die junge Frau. Schnell tauchte aber auch der mit einer Sturmhaube maskierte und mit einem Teleskopstock bewaffnete Angeklagte auf, nach eigener Aussage ein erfahrener Kampfsportler.
Mit Teleskopstock geschlagen
Die Waffe kam hinlänglich zur Anwendung, um das angestrebte Ziel zu erreichen: Die in die Falle gelockten, alle per Pkw erschienenen Männer sollten um den vereinbarten Liebeslohn erleichtert werden. Dabei wurden sie zwecks Unterstreichens der Forderung als Pädophile oder „Pädos“ bezeichnet. Ihnen sei suggeriert worden, so das Gericht, sie könnten sich „möglicherweise einer Strafverfolgung aussetzen“, ihre diesbezüglichen Ängste seien ausgenutzt worden. Bei der zweiten Tat reichte es, dass der rabiate Angeklagte die Scheibe der Fahrertür zertrümmerte, um das komplette Portemonnaie mit 300 Euro zu erhalten.
Der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte wusste, das ihm wenige Wochen nach seinem 24. Geburtstag eine empfindliche Freiheitsstrafe bevorstehen würde – mit Sicherheit höher als die, mit der das Landgericht Verden im Dezember schon seine Komplizin bedacht hatte. Da brachte es auch nichts mehr, dass sein Verteidiger die brutalen Raubtaten noch als minderschwere Fälle eingestuft haben wollte, von „Dummheit und Naivität“ seines Mandanten und dessen zuletzt positiver Entwicklung sprach. Die 10. große Strafkammer entsprach dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verhängte unter Einbeziehung zweier vergleichsweise geringfügiger Vorstrafen sieben Jahre und zwei Monate Haft.
Schwere Kriminalität
Dass der „vollumfänglich geständige“ junge Mann aus dem nordrhein-westfälischen Marl sich mittlerweile wohl „auf sehr gutem Wege“ befinde, wie sein Strafverteidiger sagte, wollte das Gericht auch nicht in Abrede stellen. Es verwies dabei besonders auf dessen offenbar vollzogenen „Ausstieg aus der Neonazi-Szene“ und eine begonnene Berufungsausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Aber er habe drei Taten begangen, die der schweren Kriminalität zuzuordnen seien. Der Strafrahmen entspreche dem bei Totschlag. „Wir müssen Ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen“, sagte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung, „wir tun das nicht gern.“