Einen wirklichen Grundstein gab es nicht. Und dass die traditionelle Zeitkapsel im Erdboden neben den neuen Gebäuden versenkt wird, war auch eher ungewöhnlich. Dieses Vorgehen bei der Grundsteinlegung für das neue Werkgebäude der Freien Rudolf-Steiner-Schule in Ottersberg am Dienstagvormittag hatte aber einen guten Grund. Denn im hinteren Bereich des Schulgeländes entstehen gleich zwei Gebäude für handwerklichen Unterricht und die Zeitkapsel, die unter anderem mit reichlich Wünschen der Schüler gefüllt wurde, schlummert somit zukünftig passenderweise in der Erde unter dem Verbindungsweg zwischen den Bauten.

Für das Fundament ist gesorgt, nun kann das neue Werkgebäude in die Höhe wachsen.
Neu ist der Standort für ein Werkgebäude der Schule mit waldorfpädagogischem Konzept indes nicht. Denn bis zum vergangenen Sommer stand dort das Altgebäude, welches laut Jannina Stefanovic von der Geschäftsführung der Schule abgerissen werden musste, weil es nicht mehr den nötigen Anforderungen entsprochen hat. Die Klassenräume waren etwa nur über enge Durchgänge und Treppen zu erreichen, die Räume an sich für die Anzahl der aktuellen Schülerzahlen größenmäßig nicht mehr zumutbar. Eine Sanierung hätte unverhältnismäßig hohe Kosten im Vergleich zu einem Neubau verursacht. "Auch im Hinblick auf einen barrierefreien Zugang, der erforderlich ist, da wir auch Inklusionsschule sind und allen Schülerinnen und Schülern das selbstständige Erreichen der Klassenräume ermöglichen möchten", sagt Stefanovic.
Das neue Hauptgebäude wird im Gegensatz zum vorigen Bau durchgängig über ein Obergeschoss verfügen, wo künftig alle Handarbeitsräume untergebracht werden sollen. Im Erdgeschoss ist derweil der Werkunterricht vorgesehen. Hinzu kommt ein kleinerer Anbau in unmittelbarer Nachbarschaft, der nur eingeschossig geplant ist. Das Ganze lässt sich die öffentliche Schule in freier Trägerschaft einiges kosten. Derzeit wird laut Stefanovic mit einer Investitionssumme von rund 3,2 Millionen Euro gerechnet. Aber im Grunde seien "die Kosten unkalkulierbar". Denn weitere Preissteigerungen für viele Baumaterialien sind schlichtweg nicht absehbar. Wie schnell die Kosten steigen können, hat die Schule nämlich bereits erfahren müssen. "Ursprünglich hatten wir mit nur 2,4 Millionen Euro geplant", sagt Holger Froehlich, der das Bauprojekt für die Schule begleitet.
"Wichtiger Ankerpunkt"
Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich aus Eigenmitteln. "Jedes Elternteil bezahlt Baugeld, welches dann für solche Projekte gespart wird", erklärt Froehlich, woher die Einnahmen generiert werden. Denn als Schule in freier Trägerschaft durch einen Verein gebe es zwar einen "guten Kontakt" ins Ottersberger Rathaus, aber eben keine kommunale Finanzspritze für Bauvorhaben. Was nicht heißt, dass man in der dortigen Verwaltung die Arbeit der Rudolf-Steiner-Schule nicht zu schätzen wisse. Laut Bürgermeister Tim Willy Weber ist die Schule "ein ganz wichtiger Ankerpunkt" in Ottersberg. Viele Menschen würden schließlich extra herziehen, damit ihre Kinder eine Schule mit Waldorfpädagogik besuchen können.
Derzeit sind es rund 450 Schüler, die die Unter- oder Mittelstufe dort besuchen. Und da es momentan übergangsweise kein Werkgebäude gibt, muss bezüglich der Raumverhältnisse etwas improvisiert werden. "Wir machen etwa auch Unterricht im Freien", erzählt Stefanovic, die hofft, dass im nächsten Sommer das neue Werkgebäude bezogen und somit das pädagogische Konzept wieder bestmöglich umgesetzt werden kann. Denn das Handwerk bildet darin an der Freien-Rudolf-Steiner-Schule einen besonderen Schwerpunkt. Ziel ist es, das die Kinder sich durch ganzheitliches Lernen auf allen Ebenen individuell weiterentwickeln. Durch das Handwerken soll die persönliche Entwicklung und Menschenbildung aus waldorfpädagogischer Sicht besonders gefördert werden. "Es bietet einen guten Gegenpart zum kognitiven Unterricht", betont Stefanovic.