Wer sich schon länger fragt, wer auf den großformatigen Fotos an den Wänden der Begu zu sehen ist und warum, der bekommt jetzt die Antwort. Seit kurzem ergänzen Steckbriefe der Personen die Bilderrahmen. Zusammen mit Podcasts, die über QR-Codes an den Fotos erreicht werden können, bilden sie die multi-mediale Ausstellung "Arbeit in Lemwerder".
"Ich bin immer auf der Suche nach Dingen, die Kultur sind. Gerne auch nach anderen Angeboten als unser klassisches Kabarettprogramm", sagt Begu-Leiter Timo von den Berg. "Themen, die andere Leute ins Haus holen." Denn schließlich sei die Begu nicht nur eine Kultureinrichtung, sondern zuallererst eine Begegnungsstätte.
Jugendliche als Zielgruppe
Die Ausstellung "Arbeit in Lemwerder" sei besonders für junge Leute interessant, ist der Begu-Leiter überzeugt. Fotografin Vera Döpcke hat Menschen in ihrem Arbeitsumfeld abgelichtet. Timo von den Berg hat die Porträtierten über ihre Berufe reden lassen. "Das sind Personen, die sonst nicht im Vordergrund stehen", sagt von den Berg. Auch im Rahmen der Ausstellung dienen sie eher als Trägermedium für die Vorstellung des Berufsfeldes, als dass sie im Mittelpunkt stehen würden.
"Wir stellen in der Ausstellung überwiegend Berufe vor, die man in Lemwerder erlernen kann", weist Vera Döpcke auf das Besondere hin. "Wir haben versucht, vom Schüler aus zu denken", ergänzt Timo von den Berg. Die Ausstellung "Arbeit in Lemwerder" lässt eine Bankkauffrau, einen Einzelhandelskaufmann, einen Elektroniker, eine Erzieherin, einen Fährmann, einen Fleischermeister, einen Kfz-Mechatroniker, eine Landwirtin, eine medizinisch-technische Assistentin, eine Pastorin und einen Polizist zu Wort kommen. "Wir wollten ein breites Spektrum an Berufen abdecken", erläutert die Fotografin die Auswahl.
Große Betriebe außen vor
Die vier großen Lemwerderaner Betriebe – die Werften Abeking & Rasmussen und Lürssen, die Tischlerei Rodiek und der Digitaldruck-Spezialist Procedes Chenel – blieben außen vor. "Deren Berufe stellen wir vielleicht in einem zweiten Teil vor", wirft der Begu-Leiter einen Blick in die Zukunft.
So unterschiedlich die Berufsfelder sind, eines eint die Abgebildeten: Sie arbeiten alle in Lemwerder. Adnan Hammoush aus Syrien beispielsweise pendelt als Kassierer auf der Fähre zwischen Lemwerder und Vegesack. Landfrau Doris Döhle gewährt Einblicke in die moderne Landwirtschaft und Kommissar Torsten Lampe berichtet über das Leben als Landpolizist.
Die Ausstellungsmacher haben Glück, dass alle elf Porträtierten noch in ihren Berufen und bei ihren Arbeitgebern arbeiten, denn die Vorbereitungen für die Schau haben sich über zwei Jahre hingezogen. "Die Corona-Pandemie hat uns nicht so in die Karten gespielt", sagt Vera Döpcke.
Zwei Jahre Vorlaufzeit
Die ersten Fotos für die Ausstellung hat sie bereits Anfang 2019 geschossen, vor Beginn der Pandemie. Die Fotografin hat die Lemwerderaner Arbeitnehmer dafür bei der Arbeit begleitet. Entstanden sind zahlreichen Bilder, von denen ein Porträt mit direktem Blick in die Kamera sowie eine typische Szene aus dem Berufsalltag gerahmt in den Fluren der Begu hängen und ein drittes Motiv auf der Internetseite der Begegnungsstätte zu finden ist.
"Das war eine naive Zeit", erinnert sich Timo von den Berg an die Fotoshootings nach Pandemie-Beginn. "Wir haben gedacht: Lasst uns die Fotos ohne Maske machen. Bis wir die Ausstellung fertig haben, ist die Pandemie vorbei." Doch weit gefehlt. Manches Bild erscheint wie aus der Zeit gefallen.
Viel Zeit haben Timo von den Berg und Vera Döpcke mit der Bildauswahl verbracht. Dann zogen sie die Fotos im Format 60 mal 80 Zentimeter auf Hartschaumplatten. "Eigentlich wollten wir eine Vernissage machen, bei der man die Leute treffen kann", erzählt der Begu-Leiter. "Aber wer weiß, wann das wieder möglich ist." So haben die Verantwortlichen jetzt die Steckbriefe fertiggestellt und die Ausstellung in Abwesenheit von Publikum still eröffnet.
Durch das multi-mediale Konzept können Teile der Ausstellung auch vom heimischen Schreibtisch aus besucht werden. Die Podcasts lassen sich unter der Internetadresse der Begegnungsstätte starten.