Es war ein seltener Moment der Nähe im sonst oft so frostigen Klima des Königshauses für Prinz Harry: Am Mittwoch trafen sich König Charles III. und sein jüngerer Sohn in Clarence House, der Londoner Residenz des Monarchen. Es war das erste persönliche Treffen zwischen den beiden seit mehr als eineinhalb Jahren und ein kurzes noch dazu. Der Herzog von Sussex verließ Clarence House nach nur etwas mehr als 50 Minuten, nachdem er sich nach Angaben des Palastes mit seinem Vater, ganz britisch, auf eine Tasse Tee getroffen hatte. Beinahe liebevoll titelte die britische Boulevardzeitung "Daily Mirror" am Donnerstag über einem Foto des Prinzen im Auto: „Hallo Papa“. Die „Sun“ sprach von einem „Blitzbesuch“ Harrys.
„Dieses Treffen war in mehrfacher Hinsicht sehr bedeutsam“, sagt Pauline Maclaran, Königshausexpertin an der Royal Holloway University of London, gegenüber dieser Zeitung. „Die Öffentlichkeit hat sich eine Annäherung gewünscht, insbesondere angesichts der gesundheitlichen Sorgen um den König.“ Bei dem Monarchen wurde Anfang des Jahres 2024 eine nicht genannte Form von Krebs diagnostiziert, die weiterhin behandelt wird. Überdies sei die Zusammenkunft auch für die öffentliche Wahrnehmung der Monarchie wichtig gewesen, da die Royals für Familienwerte stehen und eine Entfremdung zwischen Vater und Sohn kein gutes Bild abgibt. „Das Treffen ist sicherlich ein erster Schritt zur Heilung der zerbrochenen Beziehung zwischen Charles und Harry.“
Prinz Harry gedenkt Elizabeth II.
Harry reiste zu Wochenbeginn aus Kalifornien nach Großbritannien, nahm Termine in London und Nottingham wahr und legte in der St. George’s Chapel in Windsor zum Gedenken an seine 2022 verstorbene Großmutter, Königin Elizabeth II., einen Kranz nieder. Am Mittwoch nun traf er seinen Vater. Was bei der Begegnung besprochen wurde und wie die Stimmung war, ist indes nicht bekannt. Als Harry im Anschluss an die Teestunde bei einem Event in London gefragt wurde, wie es seinem Vater geht, antwortete dieser nur knapp: „Es geht ihm großartig, danke.“
Die Beziehungen zwischen Harry und seiner Frau Meghan einerseits und der königlichen Familie andererseits sind seit Jahren stark belastet. Das Paar hatte dem Königshaus 2020 den Rücken gekehrt, um in den USA gemeinsam mit den beiden Kindern Archie und Lilibet ein neues Leben zu beginnen. In einem Interview mit Talkshow-Ikone Oprah Winfrey und später in einer Netflix-Dokumentation berichteten Harry und Meghan über die Schwierigkeiten während ihrer gemeinsamen Zeit im Königshaus, sogar von Rassismus war die Rede. In seiner Autobiografie "Spare" (deutscher Titel: "Reserve") schilderte der Prinz überdies persönliche Erlebnisse, darunter eine Auseinandersetzung mit seinem Bruder William, bei der er eigenen Angaben zufolge zu Boden ging und sich verletzte. Im Königshaus wurde dies als Bruch der Tradition angesehen, familiäre Konflikte nicht öffentlich zu machen.
Vorsichtige Annäherung
Harry hat zuletzt jedoch deutlich erkennen lassen, dass er nicht dauerhaft auf Distanz zu seiner Familie bleiben will. Auch Hinweise auf wieder aufgenommene Kontakte zwischen seinen Mitarbeitern und dem Palast seit dem Sommer deuteten auf eine vorsichtige Annäherung hin. Während sich Vater und Sohn nun zu einem Plausch trafen, kam es mit William zu keinem Wiedersehen. Dabei hielten sich die Prinzen insbesondere am Montag nur wenige Kilometer voneinander entfernt auf – Harry in Windsor, William bei einer Veranstaltung in Sunningdale. Doch der Thronfolger will offensichtlich keine Annäherung. Williams Situation unterscheide sich von der von Charles, sagt Maclaran: „Von einem Vater erwartet man Vergebung, aber unter Brüdern gelten andere Regeln.“
Ob das Treffen nun ein erster Schritt in Richtung Versöhnung ist oder nur eine Pflichtübung war, bleibt offen. Doch allein, dass Vater und Sohn nach langer Funkstille wieder an einem Tisch saßen, ist ein bemerkenswertes Signal.