Die Bundesregierung hat ihre Kassen geöffnet. Im Anschluss an die Kabinettssitzung am Mittwochmorgen sind der Innenminister und der Finanzminister in die Bundespressekonferenz in Berlin gekommen, um ihre Pläne darzulegen. Bei dem Treffen im Kanzleramt war es um die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprochenen schnellen Finanzhilfen für die vom Hochwasser betroffenen Regionen gegangen. Zudem sagte der Bund weitere finanzielle Hilfe an einem Wiederaufbauprogramm zu. Bei den Überschwemmungen sind mehr als 170 Menschen ums Leben gekommen. Viele Menschen stehen vor dem Nichts. Allein an Bahnstrecken müssen 600 Kilometer wiederhergestellt werden. Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz warb für Mitmenschlichkeit: „Ich plädiere dafür, nicht zynisch zu sein und nicht herzlos.“
Der Bund will laut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Scholz zunächst bis zu 200 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt bereitstellen. Um auf die von Merkel in Aussicht gestellten 400 Millionen zu kommen, geht die Regierung davon aus, dass die Länder gemeinsam noch einmal so viel Geld bereitstellen. Nordrhein-Westfalen hat bereits 200 Millionen Euro, Bayern 50 Millionen Euro Soforthilfe zugesagt. Rheinland-Pfalz kündigte die Verdoppelung des Landesanteils an der Bundeshilfe an. Jeder betroffene Haushalt soll eine Soforthilfe von bis zu 3500 Euro bekommen. Die Gelder sind zur unmittelbaren Beseitigung von Schäden an Gebäuden und der Überbrückung von Notlagen gedacht. Der Bundesfinanzminister versicherte: „Wenn mehr gebraucht wird, dann werden wir auch mehr Geld zur Verfügung stellen.“
Für betroffene Unternehmen könnte laut Scholz ein während der Corona-Krise gebildeter 1,5 Milliarden Euro schwerer Härtefallfonds verstetigt werden. Diese Idee sei aber noch in der Diskussion. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte zuvor eine Pauschale für Unternehmen von 10.000 Euro ins Gespräch gebracht. Seehofer kündigte dazu für Anfang August eine Ministerpräsidentenkonferenz an, nachdem der Gesamtschaden ermittelt worden ist. Auch er sagte: „Am Geld soll die Hilfe nicht scheitern.“ Beim letzten extremen Hochwasser 2013 mit elf betroffenen Bundesländern habe die Schadenssumme sechs Milliarden Euro betragen, so Seehofer. Der Bund erwarte aber, dass sich an dem Fonds alle Bundesländer beteiligen.
Der Bund werde auch hier die Hälfte davon zur Verfügung stellen, sagte Scholz weiter. Mit dem Wiederaufbau könne jetzt sofort begonnen werden. „Das wird milliardenschwer, das wird auch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Aber wir sind bereit, das gemeinsam mit den Ländern zu stemmen und voranzubringen. Alle können sich jetzt darauf verlassen.“ Scholz betonte, dass der Wiederaufbau unbürokratisch geschehen soll. „Wir wollen das ohne neue planrechtliche Regelungen machen. Wenn eine Brücke wiederhergestellt werden muss, wenn ein Haus wieder neu gebaut werden muss, wenn eine Schule wieder neu gebaut werden muss, muss man nicht ein neues Planfeststellungsverfahren auf den Weg bringen.“
Seehofer wies darauf hin, dass der Bund für seine Kräfte im Hochwassereinsatz wie Technisches Hilfswerk (THW), Bundespolizei und Bundeswehr den Kommunen keine Rechnung stellen werde. „Das war früher anders. Das ist für die Kommunen eine deutliche Hilfe.“ Insgesamt gehe es um rund 8000 Helferinnen und Helfer. Der Bund werde zudem den Wiederaufbau von Infrastruktur wie Autobahnen oder Schienen, für die der Bund zuständig sei, selbst bezahlen.
Angesprochen auf eine künftige Versicherungspflicht für Hausbesitzer gegen Elementarschäden wie Hochwasser, fielen die Antworten der beiden Minister ausweichend aus. Seehofer verwies darauf, dass in manchen gefährdeten Gebieten keine Versicherung mehr das entsprechende Risiko übernähme. Er erklärte: „Dafür zahlen die Leute ja Steuern, dass ihnen auch in außergewöhnlichen Situationen geholfen wird. Nicht alles ist versicherbar.“ Und Scholz ergänzte, das werde „noch sehr mühselig“.