Die Debatte Ende März im Bundestag dürfte auch Friedrich Merz nicht so schnell vergessen. Auf die ihm eigene leicht arrogante Art hatte der CDU-Parteivorsitzende die grüne Außenministerin ins Visier genommen und sich über ihre „feministische Außen- und Entwicklungspolitik“ mokiert. Doch der von ihm in der Generaldebatte zum Sondervermögen der Bundeswehr abgegebene Schuss ging nach hinten los. Baerbock konterte mit einem Verweis auf die Vergewaltigungen im Ukraine-Krieg: „Deswegen gehört zu einer Sicherheitspolitik des 21. Jahrhunderts auch eine feministische Sichtweise. Das ist kein Gedöns!“
In dieser selbstbewussten Rolle ist Baerbock seit ihrem Amtsantritt und erst recht seit dem Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, regelmäßig zu erleben. Kein Wegducken, kein diplomatisches Geschwurbel, die Grüne hat sich Respekt verschafft. Kaum vereidigt hat Baerbock klargemacht, dass sie sich vom Kanzleramt nicht die Show stehlen lassen wird. Zugetraut hatten ihr das nach den Stockfehlern als Kanzlerkandidatin wohl die wenigstens. Ließ sie damals kaum ein Fettnäpfchen aus, ist sie jetzt – zusammen mit Robert Habeck – ein Aktivposten der Ampel-Regierung. Im Sympathiewerte-Ranking liegt Baerbock knapp vor dem grünen Wirtschaftsminister und deutlich vor Kanzler Olaf Scholz.
Fragt sich nur, wie es zu dieser Aufwertung des Auswärtigen Amtes kommen konnte, war doch Außenpolitik unter Angela Merkel zumeist Chefsache. Weder Heiko Maas noch Frank-Walter Steinmeier noch Guido Westerwelle konnten unter der dominierenden Kanzlerin so glänzen, wie das jetzt Baerbock tut. Klar, der Krieg rückt ihre Arbeit automatisch stärker in den Mittelpunkt, doch die 41-Jährige macht sie auch gut. Ob beim Aus für Nord Stream 2 oder der Lieferung schwerer Waffen, immer ist sie Scholz einen Schritt voraus. Sollte es sich dabei wirklich um eine abgesprochene Rollenverteilung handeln, dann funktioniert die professionell. Irritiert über des Kanzlers Zurückhaltung darf man trotzdem sein – hatte er doch Führung versprochen. Baerbock hingegen hat forsch zugegriffen.