Verbraucher und Unternehmen in Deutschland können etwas aufatmen. Mit einem „Doppelwumms“, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) es nennt, probiert die Bundesregierung einen Befreiungsschlag aus der Energiekrise. Bis zu 200 Milliarden Euro will der Bund bereitstellen, um die Preise für Gas und Strom so weit in den Griff zu bekommen, dass Verbraucher und Wirtschaft damit leben können.
Eine gute Nachricht für die Gaskunden ist das Ende der Gasumlage, die den Preis für eine Kilowattstunde ab Anfang Oktober um 2,4 Cent erhöht hätte. Die ebenfalls beschlossene Absenkung der Mehrwertsteuer auf Gas von 19 Prozent auf sieben Prozent bleibt dagegen in Kraft. Kunden, denen die Umlage bereits in Rechnung gestellt wurde, müsse eine bereits bezahlte Umlage zurückerstattet werden, versichert Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Warum die Gasumlage nicht mehr nötig ist
Die Gasumlage wird nicht mehr nötig, weil mit dem in der Corona-Krise eingerichteten Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF) ein anderes Instrument gefunden wurde, aus denen die Verluste der großen Gasimporteure ausgeglichen werden. Der Fonds darf Kredite aufnehmen. Damit ist eine Umlage auf alle Gaskunden nicht mehr nötig.
Mit dem gewaltigen finanziellen Kraftakt will die Bundesregierung die Energiekosten auf breiter Front senken. Beim Strom sorgt dafür eine Strompreisbremse. Sie sieht vor, dass private Haushalte und kleine sowie mittlere Unternehmen ihren Basisverbrauch an Elektrizität zu subventionierten Preisen erhalten. Erst wenn dieser Sockel überschritten wird, müssen sie Strom zu Marktpreisen hinzukaufen. „Ziel ist es, den Endkundenpreis für Strom auf der Stromrechnung zu senken und von den hohen Preisen am Großhandelsmarkt zu entkoppeln“, heißt es im gemeinsamen Beschluss der Ampel. Finanziert wird die Bremse unter anderem durch eine Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinne der großen Stromversorger.
Kommission soll Details zur Umsetzung der Gaspreisbremse erarbeiten
Auch beim Gaspreis tritt die Regierung auf die Bremse. Dabei würden die Preise zumindest für einen Teil des Verbrauchs auf ein Niveau gebracht, das vor einer Überforderung schützt. Wie die Gaspreisbremse konkret ausgestaltet wird, ist noch offen. Bis Mitte Oktober soll eine Kommission aus Experten und Expertinnen die Umsetzung ausarbeiten. Gleichzeitig soll es weitere Anreize zum Energiesparen geben. Habeck appellierte erneut an die privaten Haushalte, Gas einzusparen. Das werde noch nicht ausreichend getan.
Der nun vorgestellte Plan reicht bis ins Jahr 2024 hinein, soll also Sicherheit für die beiden kommenden Winterperioden bringen. Bis dahin will die Bundesregierung das Angebot an Energie deutlich ausweiten. Konkret beschlossen ist der Weiterbetrieb der beiden süddeutschen Kernkraftwerke bis ins kommende Frühjahr hinein. Ob die Laufzeiten noch weiter verlängert werden, ist nicht absehbar. Hier liegen FDP und Grüne miteinander im Clinch. Dazu werden Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen und bis 2024 für eine höhere Stromerzeugung sorgen.
Gleichzeitig sollen der Ausbau der Terminals für Flüssiggas sowie von Windparks auf See und anderer erneuerbarer Energien mit den Mitteln des WSF beschleunigt werden. Dazu gehört auch, mit anderen Ländern die gemeinsame Erschließung neuer Gasfelder voranzutreiben. Denn Gaslieferungen aus Russland werde es wohl nicht mehr geben, glaubt der Bundeskanzler, der Russland vorwirft, den Rohstoff als Waffe zur Destabilisierung der Demokratien einzusetzen.
Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen für die deutsche Wirtschaft
Für die Wirtschaft steckt noch mehr im Instrumentenkasten. Unternehmen, die aufgrund des Krieges in Schwierigkeiten geraten und von den Kostenbremsen nicht erfasst werden, können auf Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen zählen. „Diese richten sich zielgerichtet auf durch den Angriffskrieg Russlands verursachte Notlagen“, heißt es im Beschluss.
Mit dem „wirtschaftlichen Abwehrschirm“, will die Bundesregierung die ökonomische Basis der Volkswirtschaft erhalten und ermöglichen, dass sich die Volkswirtschaft in den nächsten Jahren eine neue, von Russland unabhängige Basis der Energieversorgung aufbaut.