Verbraucherschutz E-Bike eines Bremers bricht während der Fahrt in zwei Teile

Reinhard Dohr aus Bremen ist entsetzt: Wie konnte sein hochwertiges E-Bike während der Fahrt in zwei Teile zerbrechen? Hersteller Zemo hat diverse Modelle zurückgerufen. Informiert wurde Dohr darüber nicht.
21.10.2023, 05:00 Uhr
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E-Bike eines Bremers bricht während der Fahrt in zwei Teile
Von Björn Struß

Wer lieber mit dem Gefühl von Rückenwind radelt, kann sich ein E-Bike kaufen. Reinhard Dohr aus Bremen-Nord ist seit 2017 mit elektronischer Unterstützung unterwegs, mit seinem Rad war er eigentlich sehr zufrieden. Jedes Jahr brachte er es zur Inspektion bei Stadler. Umso überraschter war er, als er während der Fahrt ein merkwürdiges Knacken hörte. "Ich stieg ab, bin aber mit einem Fuß auf der Pedale weitergerollt", berichtet er. Dann zerbrach das E-Bike plötzlich in zwei Teile.

Dohr hatte großes Glück, dass er abgesehen von blauen Flecken unverletzt blieb. "Kurz davor habe ich Urlaub an der Ostsee gemacht. Mit Rückenwind war ich teilweise mit 40 Stundenkilometern unterwegs", schildert der Bremer. Wenn das Rad bei dieser Geschwindigkeit zerbrochen wäre, hätte es schlimm ausgehen können.

Erst als Dohr das schrottreife E-Bike zu Stadler in Bremen-Walle bringt, erfährt er, dass es einen Produktrückruf des Herstellers Zemo gibt. Dohr kann es nicht fassen: "Warum wurde ich nicht informiert? Wenn ich das Rad von einer Inspektion abholen konnte, hat das doch auch geklappt."

Stadler räumt auf Nachfrage ein, dass Dohr offenbar aufgrund eines Übertragungsfehlers nicht informiert wurde. Von den in Bremen-Walle verkauften Rädern seien zwischen 50 und 100 vom Produktrückruf betroffen, die anderen Kunden hätten entsprechende Informationen erhalten. "Stadler ist in Fällen wie diesen immer bereit, kulante und faire Lösungen zu finden", betont eine Sprecherin der Filiale. Dohr habe ein Entschädigungsangebot erhalten, das über eine Kulanz-Zahlung des Herstellers hinausginge.

Modelljahre 2014 bis 2019 sind betroffen

Zemo und Stadler informieren auch online über den Produktrückruf, der sie als Nutzungsstopp deklarieren. Demnach sind E-Bikes der Reihe Wave aus den Modelljahren 2014 bis 2019 betroffen. In der Qualitätssicherung seien in Einzelfällen Rissbildungen im Rahmen festgestellt worden. "Dies kann dazu führen, dass sich die Schweißverbindung zwischen Unterrohr und Motoraufnahme löst oder die Motoraufnahme bricht", schreibt Zemo. Für alle Käufer gibt es eine unmissverständliche Empfehlung: "Bitte stellen Sie die Nutzung des Rads sofort ein, sollten Sie betroffen sein. Dies gilt auch dann, wenn Sie selbst keine Schäden oder Rissbildungen feststellen können."

Zemo zahlt Kunden einen selbst ermittelten Restwert der E-Bikes aus. Dieser variiert zwischen drei und 100 Prozent des Kaufpreises, abhängig vom Alter des Rads. Bei Dohr sind es nach sechs Jahren zehn Prozent, 2017 hatte er 3000 Euro bezahlt. Demnach darf er auf 300 Euro hoffen. "Bisher ist es bei einer mündlichen Aussage von Stadler geblieben. Ich wurde nicht informiert, wie ich an das Geld komme", beschwert sich der Bremer.

Von Stadler und Zemo ist Dohr schwer enttäuscht. "Damals hieß es, dies sei der Mercedes unter den E-Bikes", erinnert er sich. Diese Aussage passt in jedem Fall zur Selbstdarstellung der Marke. "Entwickelt in Köln und gebaut im saarländischen Hanweiler steht Zemo für Qualität made in Germany", heißt es auf der Website des Herstellers.

Verbraucherschützer erklärt die Rechtslage

Enttäuschte E-Bike-Nutzer haben sich auch bei der Verbraucherschutzzentrale Niedersachsen gemeldet. Laut Berater Felix Wacker waren dies Anrufe, aber auch einige persönliche Gespräche. Aus Kulanz nach sechs Jahren Nutzung zehn Prozent des Kaufpreises zu erstatten, hält er für nicht besonders viel: "Aus Verbrauchersicht wäre gerade bei hochpreisigen Produkten, denen ein gewisses Qualitätsversprechen immanent ist, eine höhere Erstattung des Kaufpreises wünschenswert."

Das Produktsicherheitsgesetzt nimmt laut Wacker eher die Hersteller und weniger die Händler in die Pflicht. "Hersteller müssen Vorkehrungen treffen, die im Falle eines notwendigen Rückrufs zu einer schnellen Beseitigung der Gefahr führen", erläutert Wacker. Wie genau die Verbraucher gewarnt werden müssten, sei aber gesetzlich nicht eindeutig geregelt. "Die Warnung muss aber umso deutlicher sein, je größer die von ihr ausgehende Gefahr ist", betont Wacker.

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Hinzu kommt, dass Hersteller grundsätzlich dazu verpflichtet sind, nur sichere Produkte in Umlauf zu bringen. Wenn dies nicht der Fall ist, können Schadensersatzansprüche entstehen. "Ohne Informationen des Herstellers über den Rückruf würde dieser voll haften", unterstreicht Wacker. Bei Körperverletzungen kann auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld entstehen. Eine Information des Herstellers mindert laut Wacker allerdings den Haftungsumfang.

Für Reinhard Dohr bedeutet dies, dass er von Zemo Schmerzensgeld verlangen kann. Durch den Unfall wurde er zwischen den zwei Radteilen eingeklemmt. In einem Rechtsstreit würde Zemo vermutlich auf den Produktrückruf und Nutzungsstopp verweisen können.

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