„Ach, wissen Sie“, sagt Bärbel Kock, „es gibt immer Lösungen. Als Künstler sind wir es gewohnt, dass es immer mal Phasen gibt, in denen wir nicht gebraucht werden.“ Das klingt zuversichtlich, obwohl die freischaffende Künstlerin allen Grund zum Verzagen hätte. Gebraucht würden sie nämlich schon, die Künstlerinnen und Künstler, die sich in ihren Ateliers nicht nur dem eigenen kreativen Schaffen widmen, sondern auch Kurse anbieten. „Unsere Schüler rufen uns an, dass sie uns vermissen“, erzählt Jürgen Waller, der mit Ehefrau Birgit Waller in Knoops Park die International Academy of Arts betreibt. Wie gern würden all die Besucherinnen und Besucher der Nordbremer Kunstschulen zum Pinsel greifen, Steine bearbeiten oder Ton modellieren. Aber es geht nicht. Corona hat ihnen durch diesen Plan einen Strich gezogen.
„Ich hatte meine Kurse voll“, berichtet Claudia Wimmer, die in ihrer Lesumer Atelierkate seit elf Jahren regelmäßig Kurse für Erwachsene anbietet. Als die Zahl der Corona-Infizierten anstieg, habe rund die Hälfte aus Sorge um die Gesundheit wieder abgesagt. Dann kamen die Einschränkungen. „Drei Tage vor Novemberbeginn und somit vor Beginn meiner Kurse.“ Claudia Wimmer erinnert sich an eine recht unkonkrete Phase. Die Ungewissheit, sagt sie, sei Ende Oktober, Anfang November groß gewesen. „Man wusste eine Woche nicht: Darf man Kurse geben oder darf man nicht?“ Dass die Künstler ihre Kurse letztlich nicht mehr geben können, findet sie zumindest fragwürdig. „Jeder hat sich ein Hygienekonzept überlegt, hat Klimmzüge gemacht, und dann fällt man durch das Raster.“
Für Barbara Jorns, die seit Jahrzehnten in Schönebeck eine Malschule leitet, hätte es ein schönes Jubiläumsjahr werden sollen. 40 Jahre Malschule – „das wollten wir in diesem Jahr eigentlich feiern“, erzählt die frühere Studienrätin, die am Gymnasium Kunst unterrichtete. An eine Feier war aber ebenso wenig zu denken wie an die Kurse, die Barbara Jorns breit gefächert anbietet. „In den sieben Bereichen der Bildenden Kunst“ – von der Malerei über Grafik und Design bis hin zur Bildhauerei – gibt die Dozentin ihr Wissen weiter. Die Schülerinnen und Schüler erhalten Einzelunterricht und sind zwischen fünf und 79 Jahre alt. „Manche meiner Schüler studieren später Kunst“, erzählt sie.
Nun ist es erstmal still geworden in den Ateliers. „Unsere Kursteilnehmer haben verständnisvoll darauf reagiert, als wir alle Kurse absagen mussten“, erzählt Jürgen Waller. Wie er blicken auch die Kolleginnen auf den Sommer zurück, der immerhin ein Arbeiten an der frischen Luft möglich machte. „Wir sind in den Park ausgewichen und hatten Kontakt mit Distance“, sagt der Maler und Objektkünstler. „Aber jetzt, wo wir innen arbeiten müssen, müssen wir vorsichtig sein und kein Risiko eingehen.“ Auf die Online-Schiene mögen die Wallers nicht springen. Den Kursteilnehmern sei der direkte Austausch wichtig, gibt Jürgen Waller zu bedenken.
Kunstunterricht per Videokonferenz
Claudia Wimmer hat einen fixen wöchentlichen Termin eingerichtet, an dem sie sich mit den verbliebenen Kursteilnehmern per Videokonferenz trifft und Fragen zu den jeweiligen Arbeiten bespricht. Sie bezeichnet das als „Notbetreuung“. Nicht zu vergleichen mit den Unterrichtsstunden, in denen sie den Kursteilnehmern direkt zur Seite stehen kann. Die Atmosphäre ihrer Atelierkate, den ungestörten Rahmen, den sich die Teilnehmer wünschen, könne so ein Online-Angebot nicht ersetzen. Bärbel Kock hat zumindest noch die Gelegenheit, im Freizi Alt-Aumund Projekte für Jugendliche anzubieten. Wenn auch nur für zwei Teilnehmer gleichzeitig. Sie habe den Lockdown genutzt, um selbst künstlerisch mehr zu arbeiten und um zu recherchieren, wo es für sie Ausstellungsmöglichkeiten geben könnte. Barbara Jorns verschickt an ihre Schüler Aufgaben für zu Hause.
Sie bemühen sich, den Kunstschulbetrieb wenigstens ein bisschen am Laufen zu halten. Allerdings sind den Künstlerinnen und Künstlern wegen Corona nicht nur die Kurse weggebrochen. Manche von ihnen stellen in Bremen-Nord auch Kunst-Veranstaltungen auf die Beine, an die in diesem Jahr ebenfalls nicht zu denken war. In manche Projekte war schon einige vorbereitende Energie geflossen. So musste die für Ende September von Claudia Wimmer initiierte Kunst-Route ausfallen. Und Bärbel Kock konnte den Vegesacker Kunst-Herbst nicht veranstalten. Barbara Jorns musste die Besuche großer Ausstellungen absagen. Und die Studienfahrten, die in der Vergangenheit auch nach Italien führten. Oder den Maltag an der Nordseeküste. Auch so ein feststehender Termin. Eigentlich.
Aber Verzagen schimmert dennoch nicht durch. Claudia Wimmer plant für nächstes Jahr, den „Kunstpreis für junge Nachwuchskünstler“ auszuloben. Bärbel Kock blickt optimistisch auf die Ausstellung zum internationalen Frauentag am 8. März im Bürgerhaus, wofür sie wieder ein künstlerisches Projekt anbieten will. Barbara Jorns findet, dass „ein Fünkchen Hoffnung“ wohltuend sei. Überhaupt knüpfen alle Kunstschaffenden ihre Hoffnung an das Frühjahr. Jürgen Waller: „Wir hoffen auf die Impfung und dass es im April weitergeht.“