Weyhe. Die Fußballer des SC Weyhe haben gestern einen Charaktertest bestanden. Sie bezwangen bei widrigen äußeren Bedingungen den leicht favorisierten SVGO Bremen auf dem heimischen Kunstrasenplatz der ZSA Leeste mit 3:2 (1:1). Dabei musste Trainer Holger Finken mit Bastian Steyer, Tom Wieting und dem kurzfristig erkrankten René Hanke drei Stammkräfte ersetzen, auf die er im Normalfall nie und nimmer verzichten würde. Und zu guter (schlechter) Letzt verletzte sich auch noch Stammkeeper Daniel Denter.
Es war noch nicht allzu lange gespielt, da klagte Daniel Denter über massive Schulterprobleme. "Ich bin unglücklich hängengeblieben", schilderte er nachher jene Szene, die ihn zunächst schmerzte und in der Halbzeit dann endgültig zur Aufgabe zwang. Eine genaue Diagnose steht noch aus. Kurzfristig konnte die Lücke, die Denter hinterließ, nur mittels Improvisation geschlossen werden. Weil kein ausgewiesener Ersatzschlussmann zur Verfügung stand, entledigte sich Feldspieler Jannis Berendt seines Trikots mit der Nummer 31 und streifte ein gelbes Torwarttrikot mit der 22 über. Ohne groß nachzudenken, musste Berendt einen Positionswechsel vollziehen, wie er krasser kaum sein kann.
Vertrauen in den Stellvertreter
Einem bereitete das aber weitaus weniger Magengrummeln als man gemeinhin vermuten würde: Daniel Denter. "Jannis schafft das, kein Problem", gab er sich unmittelbar nach Wiederanpfiff, die lädierte Schulter mit einem stabilen Verband geschützt, betont zuversichtlich. Die Weyher Nummer eins sollte Recht behalten. Das lag aber auch daran, dass die Gastgeber den Bremer nicht mehr allzu viel Raum für verheißungsvolle Schusspositionen überließen. Das hatte vor der Pause noch anders ausgesehen.
Der SVGO besaß gleich mehrere richtig gute Möglichkeiten, weil sich die Platzherren wiederholt von simplen langen Pässen aus dem Halbfeld überraschen ließen. Häufiger tauchten Gästeakteure ziemlich unbedrängt vor dem SCW-Gehäuse auf. Doch Jean Elijah Pierre, Kontantinos Katsanos oder Marco Grahl einte etwas: Sie alle scheiterten. Wahlweise an Daniel Denter oder am eigenen Unvermögen. Vor allem Pierre vergab die Chancen gleich serienweise. Er war schnell, trickreich, aber im Abschluss zu ungestüm.
Auf der Gegenseite agierte man diesbezüglich anders – effektiver. Nach zwölf Minuten war es Neuzugang Tim Schellhass, der eine Unachtsamkeit von Timo Köhnemann zur Weyher Führung nutzte. Der 35-jährige Hesse, der unter anderem für den VfL Marburg aktiv war, legte einen prima Einstand hin. Ihm gelang zwar nicht alles, immerhin hatte er zuvor anderthalb Jahre gar nicht mehr gekickt, aber er zeigte von Anfang an eine große Präsenz.
Dennoch schlugen die Gäste zurück: Hauke Päs markierte kurz vor der Pause den Ausgleich (42.). Und dann gesellte sich die Sache mit Daniel Denter dazu. Man musste sich ernsthafte Sorgen um Weyhe machen. Doch die berechtigten Zweifel schoben die Gastgeber mit viel Kampf und einer Top-Einstellung beiseite. Das 2:1 durch Florian Richter (57.) konterten die Bremer zwar ein weiteres Mal (65. Marco Grahl), doch den Schlusspunkt setzte wiederum Weyhe. Und wieder in Person von Tim Schellhaas, der eine Hereingabe von Marvin Bertram über die Linie bugsierte (82.). Der Rest war Kampf, Leidenschaft und schließlich verdienter Jubel.
Die niedrigen Temperaturen und unangenehmen Schneeschauer wurden nach dem Abpfiff von den Weyhern einfach weggelacht. Trainer Holger Finken machte da keine Ausnahme. Zwar habe seine Mannschaft in spielerischer Hinsicht nicht durchgehend überzeugt und durchaus auch Stückwerk abgeliefert, aber in puncto Einstellung "eine klasse Leistung" gezeigt, lobte Finken. "Da kann man nur sagen: Hut ab!" Was dem Coach besonders gefiel, war, dass seine auserkorenen Führungsspieler Jan de Boer und Tim Schellhaas auch tatsächlich wie solche auftraten. Wobei Letztgenannter seine Sechserposition laut Holger Finken eigentlich etwas defensiver ausfüllen sollte. "Aber er hat seine Ausflüge nach vorne mit zwei Toren gekrönt. Also hat er am Ende alles richtig gemacht." Finken sprach’s, schmunzelte und stapfte zufrieden Richtung Kabine.
SC Weyhe: Denter (46. Rozehnal) – Mosch (79. Bertram), Eichhorn, Meyer, Tylla – Schellhaas, Richter, Eggers (66. Mondre) – Berendt, Kuchra – de Boer.