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St. Pauli als Gegner "Jan Harpstedt gegen Reeperbahn" – SV Atlas jubelt nach Pokalauslosung

Der Jubel war laut in der Vereinsgaststätte "Jan Harpstedt". Beim SV Atlas Delmenhorst freuen sich alle über das Pokallos FC St. Pauli und hoffen auf ein Spiel im heimischen Stadion.
18.06.2023, 19:34 Uhr
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Von Christoph Bähr

Die Auslosung der ersten DFB-Pokalrunde war gerade zu Ende gegangen, auf der Großbildleinwand flimmerte noch das Programm des ZDF, da saß Florian Urbainski in der abgedunkelten Vereinsgaststätte "Jan Harpstedt" ganz hinten in der Ecke und wurde fast schon philosophisch. "Das ist Tradition gegen Tradition, das ist Jan Harpstedt gegen Reeperbahn. Das ist Gänsehaut pur", sagte der Co-Trainer des SV Atlas Delmenhorst. Er wirkte dabei rundum zufrieden – so wie alle Vereinsverantwortlichen und Fans, die die Auslosung am Sonntagabend verfolgten. Das Ergebnis lautete: Der Oberligist SV Atlas empfängt den Zweitligisten FC St. Pauli.

Es war die fünfte Partie, die Stabhochspringerin Sarah Vogel im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund ausloste. Als die Kugel mit dem SV Atlas gezogen wurde, stieg die Spannung im Außenbereich der Gaststätte "Jan Harpstedt" schlagartig an. Ganz kurz war es ganz still. Als dann die Kugel mit dem FC St. Pauli folgte, brandete lauter Jubel auf – fast so, als hätte der SV Atlas gerade ein Tor erzielt. Alle wollten einen Traditionsverein mit vielen Fans, und genau das haben sie bekommen. "St. Pauli oder Kaiserslautern hatte ich mir gewünscht", betonte Atlas-Sportchef Bastian Fuhrken. "Das ist ein tolles Los, weil es ein Spiel mit regionalem Charakter ist."

Gespräche mit der Stadt stehen an

Ausgetragen wird die erste Runde von Freitag, 11. August, bis Montag, 14. August. Den genauen Termin der Atlas-Partie legt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) noch fest. Wo gespielt wird, ist auch noch offen, aber es gibt eine klare Tendenz. "Unser Ziel muss es sein, in unserem Wohnzimmer in Delmenhorst zu spielen", sagte Fuhrken. Auch der zurückgetretene Atlas-Präsident Manfred Engelbart, der zur Delmenhorster Delegation in Dortmund gehörte, betonte: "Wir müssen alles tun, um unseren Fans ein Heimspiel zu ermöglichen."

Direkt an diesem Montag gibt es Gespräche zwischen dem SV Atlas und der Stadt Delmenhorst. "Wir müssen jetzt abklären, was im Delmenhorster Stadion möglich ist. Das wird die erste richtige Bewährungsprobe", unterstrich Fuhrken. Mindestens 5000 Zuschauer müssten erlaubt sein, ansonsten wäre Delmenhorst als Austragungsort ausgeschieden, fügte der Sportchef hinzu. Als alternative Spielstätten hat der SV Atlas dem DFB das Oldenburger Marschwegstadion und das Bremer Weserstadion genannt. Das heimische Stadion an der Düsternortstraße verfügt derzeit über insgesamt 1500 Sitzplätze. Für das Pokalwochenende hat Fuhrken bereits mobile Tribünen reserviert, die zusätzliche 1500 Sitzplätze bieten würden. "Vielleicht ist auch noch mehr möglich", sagte er. Dazu kommen die Stehplätze – je nachdem, wie viele davon letztlich erlaubt sind. 

Eine kleine Kampfansage

Im Jahr 2019 spielte Atlas gegen die Profis von Werder Bremen (1:6) im Weserstadion und stellte mit 41.500 Besuchern einen Zuschauerrekord für die erste DFB-Pokalrunde auf. So schön es damals war, die Stimmungslage nach der Auslosung am Sonntag stellte sich eindeutig dar: Wen man auch fragte, jeder wünschte sich ein Spiel in Delmenhorst. "Der Spielort ist ganz entscheidend. In unserem Wohnzimmer zu spielen, wäre natürlich schön", sagte Urbainski. Und der Co-Trainer dachte dabei auch schon ans Sportliche: Wenn die Fans das kleine Delmenhorster Stadion in einen Hexenkessel verwandeln, sei immer etwas möglich. "Natürlich hat St. Pauli die besseren Spieler, aber die Mentalität wird wichtig sein. Wir brauchen uns nicht zu verstecken", formulierte Urbainski schon einmal eine kleine Kampfansage.

Dass der SV Atlas krasser Außenseiter ist, versteht sich von selbst. Der künftige Fünftligist, der sich durch den Finaleinzug im Niedersachsenpokal für den DFB-Pokal qualifizierte, trifft auf ein Topteam der zweiten Liga. St. Pauli um Kapitän Jackson Irvine beendete die abgelaufene Saison auf Rang fünf. "Das wird natürlich nicht einfach, auf uns in der Abwehr wird viel Arbeit zukommen, aber wir werden alles versuchen, um weiterzukommen", sagte Atlas-Zugang Marlo Siech, der die Auslosung ebenso in der Gaststätte "Jan Harpstedt" verfolgte wie Joel Schallschmidt. "Ich bin sehr zufrieden. St. Pauli ist ein Verein, gegen den man gerne einmal spielen will", erklärte Schallschmidt, der wie Siech vom Rotenburger SV nach Delmenhorst wechselt.

Unzufrieden war nach der Auslosung in der Gaststätte "Jan Harpstedt" niemand. Viele stießen auf das Los an. Und auch in Dortmund herrschte beste Stimmung bei der Delmenhorster Delegation. "Das ist ein Traum- und Wunschlos. Der FC St. Pauli ist ein Kultklub Deutschlands. Wir sind alle völlig happy", berichtete Vorstandsmitglied Stefan Keller aus dem Deutschen Fußballmuseum.

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Die Pokalgeschichte des SV Atlas

Zum dritten Mal nimmt der SV Atlas Delmenhorst in der kommenden Spielzeit am DFB-Pokal teil. In der Saison 1980/81 kamen die Blau-Gelben sensationell bis ins Achtelfinale und schaltete dabei den Zweitligisten Kickers Offenbach aus. Gegen den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach war dann allerdings Endstation, die Partie auf dem Bökelberg ging mit 1:6 verloren. Der alte SV Atlas verschwand 1999 von der Bildfläche, 2012 wurde der Verein wiedergegründet. Das größte Spiel der Klubgeschichte stieg dann im August 2019 im Weserstadion gegen die Profis von Werder Bremen. Wieder verlor Atlas mit 1:6. Nun geht es also gegen den FC St. Pauli, und alle Delmenhorster hoffen dieses Mal auf ein anderes Ergebnis als gegen Gladbach und Werder.

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