Der einst so erfolgreiche SV Werder ist an diesem Wochenende nur deshalb (noch) nicht abgestiegen, weil Düsseldorf ein Tor zu wenig schoss. Das muss man der guten Ordnung halber festhalten, denn in den nächsten Tagen werden die grün-weißen Wortakrobaten viel erzählen, was davon ablenkt. Dann geht es wieder um Druck und Endspiele und darum, dass man gewusst hat, wie eng es bis zum letzten Spieltag bleiben würde – und dass man weiter kämpft und an die Chance glaubt, sich zu retten. Es sei ja nicht unmöglich.
Dazu gibt es zwei Wahrheiten. Eine nüchterne. Und eine ernüchternde. Ja, Werder kann den Klassenerhalt noch schaffen. Nicht mehr direkt, aber über die Relegationsspiele. Es gibt jedoch Probleme: Die Mannschaft müsste am letzten Spieltag Köln besiegen, also ein Heimspiel in der Bundesliga gewinnen; das gelang seit neun Monaten nicht. Und gleichzeitig dürfte Düsseldorf bei Union Berlin nicht gewinnen.
Klassenunterschied zu Mainz
Theoretisch ist das möglich, aber es gibt ja noch die ernüchternde Wahrheit. Diese Bremer Mannschaft kämpft nicht gegen den Abstieg, sondern sie bettelt darum, aus dieser Liga geworfen zu werden und dann zu zerfallen. Mal spielt sie zu naiv, mal zu hektisch, oft zu langsam und fast immer zu harmlos. Am Sonnabend hätte Werder eines der wichtigsten Spiele der jüngeren Vereinsgeschichte in Mainz gewinnen müssen. Es ging verdient mit 1:3 verloren und hätte noch viel deutlicher enden können. Von den letzten fünf dieser ausgerufenen „Endspiele“ verlor Werder vier, darunter drei Heimspiele ohne eigenes Tor. Der einzige Sieg gelang beim Tabellenletzten Paderborn, der einzigen Mannschaft, die noch schlechter ist. Addiert man Hin- und Rückspiel, düpierte Mainz die Bremer mit 8:1 – ein Klassenunterschied. Es ist die Bilanz eines verdienten Absteigers.
Deshalb sollte sich keiner bei Werder auf die Schulter klopfen, dass man zum Ende der desaströsen Saison noch eine Mini-Chance auf die Relegation hat. Mit dieser Truppe in zwei Entscheidungsspiele zu gehen, womöglich gegen den Hamburger SV, kann übrigens auch böse enden.
Beschämend für alle bei Werder
Würde es im Fußball ums Reden gehen, wäre Werder ohnehin in der Champions League, vielleicht sogar Meister. Doch viel zu oft folgten großen Worten keine nützlichen Ergebnisse. Offenkundig, weil die nötige Klasse fehlt. Das dürfte den Bremer Jahrgang 2019/20 unterscheiden von den legendären Werder-Teams, die mit ihren „Wundern von der Weser“ Geschichte schrieben. Bei der aktuellen Mannschaft ist es kein Wunder, dass sie auf Platz 17 steht. Mit einem härter gewordenen Wettbewerb in der Bundesliga hat das nichts zu tun. Natürlich ist es an der Spitze enger geworden, weil sich die alimentierten Klubs aus Leipzig, Wolfsburg und Hoffenheim dort eingenistet haben, wo Werder mal war. Aber jetzt ist Werder am Ende. Dass Vereine wie Union, Freiburg, Köln, Augsburg und Mainz die Klasse nun vorzeitig gehalten haben, muss jeden bei Werder beschämen.