Die Verhandlungen dauerten bis spät in die Nacht. Dann erst erhielten der Bremer Bauunternehmer Kurt Zech und die Bremerhavener Rönner-Gruppe den Zuschlag: Zum 1. April sollen sie die Bremerhavener Lloyd Werft übernehmen. Das Ergebnis von fast 40 Stunden Dauerverhandlungen verkündete Insolvenzverwalter Christoph Morgen am Sonnabend auf einer rasch improvisierten Pressekonferenz. Die Gewerkschaft IG Metall ist sauer: Bezirksleiter Daniel Friedrich bezeichnete das Ringen um die Lloyd Werft als "Kampf mit harten Bandagen in einem Maß, das nicht akzeptabel gewesen ist", und bezweifelt die Dauerhaftigkeit der nun gefundenen Lösung für die Beschäftigten.
Lloyd Werft: Bremerhavens Oberbürgermeister Grantz begrüßt Lösung
Bremerhaven Oberbürgermeister Melf Grantz, der den Verhandlungen als Gast beiwohntet, begrüßte die gefundene Lösung in einer ersten Stellungnahme. Ihm sei es wichtig gewesen, dass die Werft als wichtiges
Symbol des Werftenstandorts Bremerhaven erhalten bleibe, die Arbeitsplätze gesichert werden und eine Lösung gefunden wird, die
der Werft und den Arbeitsplätzen eine nachhaltige Zukunft ermögliche, so der Bürgermeister. Grantz machte deutlich, dass er für Bremerhaven eine zukunftssichere, angemessene und innovative Lösung mit Eigentümern unterstützt hat und weiter unterstützt, die am Werftbetrieb interessiert sind und nicht nur an einer Geldanlage.
Auch Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) spricht in einer Stellungnahme von einer "guten Lösung" nach "eineinhalb Jahren der Unsicherheit für die Beschäftigten und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens".
Das Ergebnis der Verhandlungen sieht vor, dass Zech und Rönner die Lloyd Werft und ihre 230 Beschäftigten gemeinsam übernehmen und der Insolvenzantrag zurückgezogen wird. "Das heißt, dass alle Gläubiger ihr Geld erhalten und alle Beschäftigten unverändert ihr Arbeitsverhältnis behalten", stellte Insolvenzverwalter Morgen fest. Verglichen mit der Situation vor acht Wochen, als die Lloyd Werft wegen der Zahlungsunfähigkeit ihrer Muttergesellschaft MV Werften in Wismar Insolvenz anmelden musste, sei das "ein großer Erfolg". Zech und Rönner sollen in Kürze einen detaillierten Business-Plan vorlegen, aus dem hervorgeht, wie die Lloyd Werft in den kommenden 12 Monaten fortgeführt werden soll. Dieser Plan muss dann von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt werden, damit der Insolvenzantrag zurückgenommen werden kann.
Aus den bisher vorgelegten Plänen geht hervor, dass die Lloyd Werft als Reparatur- und Umbauwerft weiterbetrieben werden soll, betonte Morgen. Auf einem bislang ungenutzten Teil des Geländes will Zech Stahlbauarbeiten für seine Bauunternehmen ansiedeln. Zech und Rönner hatten zunächst getrennte Angebote abgegeben und sich erst in den letzten Tagen zu einer Bietergemeinschaft zusammengeschlossen. Die "Unterweser-Lösung" stieß in der Bremerhavener Lokalpolitik und bei der Handelskammer auf große Zustimmung. "Auf den letzten Metern hat sich das als das bessere Angebot erwiesen", sagte Insolvenzverwalter Morgen.
Lloyd-Werft: IG Metall favorisierte arabischen Bieter
Die Gewerkschaft IG Metall jedoch hätte lieber einen anderen Eigner der Werft: den arabischen Jachtbauer Al Seer Marine. Das Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wollte auf der Lloyd Werft Luxusjachten bauen und umbauen und dafür alle Beschäftigten übernehmen. Die Jobs wären auf diese Weise sicherer gewesen, glaubt die Gewerkschaft. Denn der Stahl- und Schiffbauunternehmer Thorsten Rönner betreibt in Bremerhaven mit der Bredo Dry Docks bereits eine Werft und hatte angekündigt, nicht alle Mitarbeiter der Lloyd Werft übernehmen zu wollen. "Die jetzt gefundene Lösung ist nicht im Interesse der Beschäftigten", sagte IG-Metall-Bezirksleiter Friedrich. "Wir brauchen Beschäftigung nicht nur für die nächsten 12 Monate."
Den harten Bieterwettkampf nannte Friedrich "beispiellos". Zech und Rönner hatten für ihre "Unterweser-Lösung" in Politik und Wirtschaft Unterstützung organisiert. "Ich hoffe, dass all die Unterstützer auch an der Seite der Beschäftigten stehen, wenn es um ihre Arbeitsplätze geht", sagte Friedrich. "Zech und Rönner haben die Werft bekommen, die Herzen der Beschäftigten müssen sie sich durch ihre Taten noch verdienen."
Aus der Zech-Gruppe waren Zweifel an der arabischen Konkurrenz gestreut worden, weil die Vereinigten Arabischen Emirate sich bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über die russische Invasion in die Ukraine der Stimme enthalten hatten. "Den Krieg in der Ukraine dafür zu missbrauchen, ist ekelhaft", sagte Friedrich.
Die Beschäftigten wurden noch in der Nacht zu Sonnabend per Handy-Nachricht über den Ausgang des Bieterwettstreits informiert. Am Montag wollen Geschäftsführung und Insolvenzverwalter auf einer Betriebsversammlung über weitere Details informieren.