Der OTB ist tot – es lebe der "Greenport": Nach dem juristischen Aus für den Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) wird im Haus von Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) bereits an einer Alternative gearbeitet. Noch vor Weihnachten will sich das Häfenressort im Senat grünes Licht für eine Bedarfsanalyse geben lassen, mit der die Chancen für ein "Greenport"-Projekt in Bremerhaven untersucht werden sollen.
Noch reiben sich die Juristen im Häfenressort verwundert die Augen angesichts der Argumente, mit denen das Oberverwaltungsgericht Bremen die Pläne für den OTB im November zu den Akten legte. Doch unabhängig von der Frage, ob man gegen das Urteil Beschwerde einlegen wird, denken die Hafenplaner schon über Alternativen zum gescheiterten Offshore-Terminal nach. Denn der Gang durch die Gerichtsinstanzen würde Jahre dauern. "Inhaltlich führt uns der juristische Weg nicht zum Ziel", räumt Tim Cordßen-Ryglewski ein, Staatsrat in der Hafenbehörde.
Und das Ziel heißt: Teilnahme am Boom der Offshore-Windenergie. Nach dem Auf und Ab der vergangenen Jahre sollen in Zukunft kontinuierlich neue Windräder im deutschen Teil von Nord- und Ostsee gebaut werden: Der Koalitionsvertrag der Berliner Ampel-Regierung sieht einen Ausbau auf 30 Gigawatt bis 2030 und auf 70 Gigawatt bis 2045 vor – das wäre fast eine Verzehnfachung der Leistung gegenüber heute. Dazu kommt, dass die ersten Anlagen bis dahin schon wieder abgebaut, recycelt und entsorgt werden müssen.
"Für all das brauchen wir eine Infrastruktur", sagt Cordßen-Ryglewski. Sprich: Häfen, in denen die Montageschiffe be- und entladen werden können. Den tatsächlichen Bedarf will er jetzt untersuchen lassen. "Wir wollen das sehr fundiert machen: Welche Entwicklung ist in den kommenden Jahren zu erwarten? Wie leistungsfähig sind die vorhandenen Anlagen?", erklärt er. Erst dann könne entschieden werden, ob ein zusätzlicher Terminal in Bremerhaven benötigt werde. "Aber es wäre unverantwortlich, wenn wir diese Option von Anfang an ausschließen", so Cordßen-Ryglewski.
Dabei sollen die neuen Pläne keine Kopie des OTB sein, der die Umweltschützer auf den Plan gerufen hat. 25 Hektar Wattfläche am Weserufer wären für den Offshore-Terminal unter Beton verschwunden. Mittlerweile glauben die Hafenplaner, dass sie auch mit weniger Fläche auskommen. Erste Ideen sehen ein zur Weser hin offenes Hafenbecken im Bereich des stillgelegten Flugplatzes Luneort vor. Statt in die Weser hinauszubauen, würde man also vorhandene Landflächen ausbaggern und aus dem Flughafen einen Schiffshafen machen.
Noch sind viele technische Fragen zu klären: Wie verhindert man, dass das Hafenbecken ständig verschlickt? Wie schützt man den offenen Hafen und sein Hinterland vor Überschwemmungen? Und ganz ohne Baggerei im Watt geht es auch beim "Greenport"-Projekt nicht, denn die Schiffe müssen ja irgendwie vom Fahrwasser der Weser in das Hafenbecken gelangen.
Die Überlegungen aus dem Hafenressort stoßen deshalb beim Umweltschutzverband BUND auf Zurückhaltung. Dieser hatte mit seiner Klage den OTB zu Fall gebracht und bleibt bei seiner Haltung: Trotz des geplanten Ausbaus der Offshore-Windenergie sei nicht erkennbar, dass neue Produktionsstätten in Bremerhaven errichtet würden, für die man einen Verladehafen bräuchte, meint Martin Rode, Geschäftsführer des BUND-Landesverbandes. "Der wichtigste Punkt ist aus unserer Sicht, die vorhandenen Hafenanlagen besser zu nutzen", so Rode. Dazu könnten die Kajen im Fischereihafen ertüchtigt, aber auch Teile des Containerterminals für den Offshore-Umschlag umgenutzt werden.
Im Häfenressort setzt man trotzdem auf Gespräche mit dem Umweltschutzverband. "Wir wollen keine ritualisierte Gegnerschaft zum BUND aufbauen", sagt Staatsrat Cordßen-Ryglewski. "Und wir wollen auch keine Glaubenskriege ohne klare Faktenlage austragen." Deshalb soll der Senat noch vor Weihnachten nicht nur entscheiden, ob und wie der Rechtsstreit um den "alten" Offshore-Terminal weitergeht, sondern auch eine Bedarfsanalyse für mögliche Alternativen zum OTB auf den Weg bringen.