Warum kauft jemand anonym und ohne Kaufvertrag ein Smartphone, mit dem man weder telefonieren noch im Internet surfen kann, zahlt dafür aber mehr als 3200 Euro im Jahr? Die Antwort auf diese Frage hat viel damit zu tun, warum die Sicherheitsbehörden davon ausgehen, dass Encrochat nahezu ausschließlich für kriminelle Zwecke genutzt wurde.
Verwendet wurde die Software auf sogenannten Kryptohandys, die als abhörsicher gelten. Dabei handelt es sich zunächst um handelsübliche Smartphones. Auf denen installierte Encrochat eine App, die ausschließlich zum Austausch mit anderen Encrochat-Geräten geeignet war. Die zu sendenden Daten wurden dabei verschlüsselt. Um diese wieder entschlüsseln zu können, muss der Empfänger dieselbe Software auf seinem speziell dafür eingerichteten Handy haben. Zur Abschottung der Geräte wurden Funktionen wie Mikrofon, GPS oder USB-Ports außer Betrieb gesetzt. Der Zugriff aufs Internet war bei diesen Geräten ebenso wenig möglich wie die Installation weiterer Programme.
Encrochat-Handys kosteten bis zu 1610 Euro
Die Kosten für das Smartphone inklusive eingesetzter SIM-Karte beziffert die Polizei auf zwischen 850 und 1610 Euro (für Verträge über drei beziehungsweise sechs Monate). In handelsüblichen Telekommunikationsgeschäften konnten Encrochat-Geräte nicht gekauft werden. Dafür gab es auf der Homepage des Unternehmens eine Weltkarte, mithilfe derer man sich nach "Resellern" erkundigen konnte. In Deutschland wurden dafür Halle, Berlin und Frankfurt genannt.
Der Kontakt zu den Resellern erfolgte über E-Mail, die Verkaufsverhandlungen verliefen anonym per Internetmessenger. So wurden am Ende auch die Treffen zwischen Reseller und Kunden vereinbart. Kauf und Übergabe der Kryptohandys wurden ebenfalls anonym ohne Kaufvertrag und nur über Bargeldabwicklung realisiert.
Ausgestattet waren die Encrochat-Geräte mit einer Reihe von Extras: Alle Chatnachrichten wurden automatisiert nach spätestens sieben Tagen gelöscht. Der Betreiber empfahl die unmittelbare Löschung jeder Nachricht, was im Menü entsprechend eingestellt werden konnte. Zudem gab es einen Panikcode. Bei dessen Eingabe wurden alle Gerätedaten unmittelbar und nicht wieder herstellbar gelöscht. Selbiges passierte auch, wenn eine bestimmte Anzahl falscher Kennworte eingegeben wurde. Und nach 24 Stunden schaltete sich das Gerät ohnehin standardmäßig ab. Um es wieder in Betrieb nehmen zu können, mussten die Kunden mindestens zwei Passwörter eingeben, wobei das erste mindestens 15 Stellen haben musste.

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