Die Forderung nach besseren Grenzkontrollen und die Abweisung Krimineller sollte nicht damit verwechselt werden, Fremde und Flüchtlinge zu kriminalisieren - findet Politikchef Joerg Helge Wagner.
Warum hassen die uns so? Die Frage, die „den Westen“ seit den monströsen Anschlägen vom 11. September 2001 umtreibt, ist ganz leicht zu beantworten: Weil Hass ihre Religion ist. Hass, und nicht etwa der Islam. Denn trotz all der Anschläge in New York, Washington, Madrid, London, Djerba, Mumbai, Boston, Nairobi, Paris, Brüssel, Nizza und nun Berlin: Die allermeisten bisherigen Opfer von Al-Kaida, Daesch, Boko Haram & Co. waren fromme Muslime. Nur nimmt man hier von den bald wöchentlichen Blutbädern vor Moscheen und auf Märkten im Irak, in Afghanistan, im Jemen oder Pakistan längst nicht so viel Notiz.
Nun mag man einwenden, dass beim jüngsten Verbrechen in Berlin noch gar nicht eindeutig und unzweifelhaft erwiesen sei, wer dahinter steckt. Auch wenn sich die Terrormiliz Daesch zu dieser Bluttat bekannt hat. Wer wäre denn auch vorstellbar außer militanten Islamisten? Die zumindest jubeln schon im Netz und fordern Wiederholungen dieses „Erfolgs“. Ausschließlich Islamisten wenden diese ebenso billige wie effektive Taktik des Massenmords an, von Israel bis Nizza.
Grundlagen schützen
Weihnachtsmärkte werden als besonders lohnende „weiche Ziele“ angesehen. Das weiß man nicht erst seit den misslungenen Nagelbomben-Anschlägen eines fanatisierten Zwölfjährigen auf den Ludwigshafener Weihnachtsmarkt: Schon im Jahr 2000, also noch vor 9-11, planten vier algerische Islamisten einen Bombenanschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt. In den Folgejahren war er immer wieder im Visier islamistischer Terroristen. Was wir nun in Berlin erleben, ist bloß das schon sehr früh angekündigte neue Kapitel einer langen, blutigen Chronik.
Die Frage ist, welchen Schluss man aus der einfachen Antwort oben und den erwartbaren weiteren Anschlägen ziehen will. Man kann den Terroristen ja nicht entgegenkommen, ohne sämtliche Grundlagen unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft preiszugeben. Also muss man diese Grundlagen schützen und verteidigen – mit allen verfügbaren Mitteln und Kräften.
Es geht nicht darum, Fremde und Flüchtlinge zu kriminalisieren oder die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin zu diskreditieren. Populistische Sprüche wie „Es sind Merkels Tote!“ verhöhnen zu allererst die Opfer. Doch die Grenzen endlich so zu kontrollieren, dass niemand illegal einreisen kann, dass mehrfache Identitäten aufgedeckt werden, dass Kriminelle abgewiesen werden – das zu fordern ist nicht falsch, bloß weil es auch AfD-Vize Alexander Gauland tut.
Es wäre selbst dann nicht falsch, wenn sich am Ende herausstellte, dass der Anschlag von Berlin das Werk eines Deutschen, womöglich eines fanatisierten Konvertiten war. Es reicht doch wirklich, wenn der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter von „Kontrollverlust“ spricht: von „blinden Flecken“ auf technischer und juristischer Seite, wenn es um die Kommunikation von Verdächtigen und Gefährdern geht. Und von zu wenig qualifiziertem Personal, um bestehende Gesetze konsequent umzusetzen.
Schnelle Lösungen
Angesichts dieser sehr konkreten Mängel und Versäumnisse wirken dann Warnungen aus der Politik vor einfachen, schnellen Lösungen reichlich wohlfeil. Doch! Man muss jetzt ganz schnell und einfach in Personal und Technik investieren, damit die Sicherheitsbehörden wenigstens die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zur Vorbeugung und Aufklärung von Verbrechen voll ausschöpfen können. Merkels Bekenntnis, dass sie der Anschlag „traurig“ mache, und dass sie nicht damit leben wolle, „dass uns die Angst vor dem Bösen lähmt“, ist sympathisch – als Konsequenz einer Regierungschefin reicht das aber bei Weitem nicht.
Es beruhigt auch absolut niemanden, wenn der Berliner Polizeichef nun in seiner ganzen Ratlosigkeit sagt, dass die allgemeine Terrorgefahr bundesweit heute nicht größer sei als vor der Tat. Geringer ist sie nämlich auch nicht geworden: In seiner eigenen Stadt läuft schließlich noch der Täter unerkannt herum, vermutlich bewaffnet.
Vielen mag bislang der Hinweis auf rechtzeitig entdeckte und vereitelte Anschläge als Beweis für die Effizienz der deutschen Sicherheitsbehörden ausgereicht haben. Nun aber muss man endlich den Mut finden, auch bestehende föderale Strukturen zu hinterfragen: Sind 16 Landesämter für Verfassungsschutz, 16 Landeskriminalämter etc. wirklich noch die richtige Antwort auf eine Bedrohung, die in jeder Beziehung grenzenlos ist?