Am Dienstag stand für viele Bremer Schülerinnen und Schüler Journalismus auf dem Stundenplan. Im Rahmen eines Medientages haben mehr als 30 Journalistinnen und Journalisten von Radio Bremen, der Nordsee-Zeitung, Bild Bremen, dem Radiosender Energy, dem Stadtmagazin, dem ZDF Landesstudio, der taz und dem WESER-KURIER mit Schülern und Schülerinnen über Nachrichten, Fake News und die Rolle des Journalismus diskutiert.
André Fesser, Redaktionsleiter der WÜMME-ZEITUNG, ist im Klassenraum der 11. Klasse der Privatschule Mentor in Gröpelingen im Einsatz. Auf dem Smartboard André Fessers Power-Point-Präsentation. Einige Schüler und Schülerinnen sitzen bereits auf ihren Plätzen und sind mit ihren Handys beschäftigt. „Die Zwölfer sind noch im Kiosk, die kommen noch nach“, sagt die Klassenlehrerin, Birgit Seekamp. An der Gröpelinger Schule kümmern sich die Zwölftklässler um den Betrieb des Schulkiosks. In der Klasse wird noch gemurmelt – nach dieser etwas anderen Unterrichtsstunde wird eine Klassenarbeit geschrieben.
Offener Dialog statt Frontalunterricht
Um 9.50 Uhr, gleich nach dem Pausenläuten, beginnt André Fesser mit dem Unterricht der etwas anderen Art. „Mein Name ist André Fesser, ich bin 47 Jahre alt und Journalist“ – so stellt er sich seinem jungen Publikum vor. Während er den Schülern und Schülerinnen etwas zur Geschichte und zum Verbreitungsgebiet des WESER-KURIERS erklärt, trudeln einige Nachzügler in den Klassenraum. „Ich würde mir wünschen, dass das heute ein offener Dialog zwischen uns wird und kein Frontalunterricht. Wenn ihr Fragen habt, dann meldet euch“, betont der Redaktionsleiter.
Den WESER-KURIER kennt ein Großteil der Schüler und Schülerinnen, zu ein paar wird er nach Hause geliefert. Eine Zeitung zu lesen, gehört für die Schüler und Schülerinnen aber nicht zum Alltag – sie informieren sich über die sozialen Medien wie Instagram, Twitter und Tik-Tok. „Nachrichten werden immer häufiger digital konsumiert, das werdet ihr sicher nachvollziehen können“, sagt André Fesser – einige Schüler nicken zustimmend. Dabei sei es aber besonders wichtig, die Dinge, die man im Internet liest, zu hinterfragen und im Zweifel lieber nicht weiter zu teilen, sonst beteilige man sich schnell am Verbreiten sogenannter Fake News, erklärt der Journalist.
Warum Prinz William den Mittelfinger zeigt
Das Thema Fake News – also absichtlich verbreitete Falschnachrichten – wird zu einem der zentralen Punkte des Vortrags. Der Redaktionsleiter schildert den Jugendlichen anhand einiger Beispiele, wie Falschnachrichten entstehen und wie man sie – mit einigem Aufwand – entlarven kann.
Mit einem Foto von Prinz William, auf dem es so aussieht, als zeige der Enkel von Königin Elisabeth II. Journalisten den Mittelfinger, bringt André Fesser die Elft- und Zwölftklässler zum Kichern. Das Foto wird kurz besprochen, und dann löst der Redaktionsleiter der WÜMME-ZEITUNG auf: Prinz William hat den Journalisten nicht den Mittelfinger gezeigt. Wechselt man die Perspektive, sind der ausgestreckte kleine Finger und der Ringfinger Williams bestens zu erkennen. Diese Geste nutzte der Zweite in der britischen Thronfolge, um deutlich zu machen, dass er zum dritten Mal Vater wurde.
In einer kurzen Pause spricht ein Schüler André Fesser an. Was er vom Fall des inhaftierten Wikileaks-Gründer Julian Assange halte und ob nicht eine Auslieferung an die USA der Pressefreiheit widerspreche, will der Jugendliche wissen. Fesser und der Jugendliche diskutieren.
Im Verlauf der Doppelstunde spricht André Fesser über das journalistische Arbeiten und die Prinzipien, die dieser Arbeit zugrunde liegen - vom Zwei-Quellen-Prinzip über Quellenschutz bis hin zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte. Die Jugendlichen hören gespannt zu und stellen Rückfragen: „Sind Sie auf einen bestimmten Artikel besonders stolz?“ und „Kann man als Journalist gut Geld verdienen?“ sind nur einige Fragen, die der Journalist beantwortet.
Neuauflage im nächsten Jahr?
Die Schüler und Schülerinnen hätten richtig wach gewirkt, resümieren die Lehrerinnen Andrea Kopp und Birgit Seekamp nach der Doppelstunde. Den beiden Lehrerinnen hätte der etwas andere Unterricht auch sehr gut gefallen. Im nächsten Jahr will sich Birgit Seekamp wieder mit einer Klasse bewerben. Auch André Fesser kann sich gut vorstellen, beim nächsten Medienschultag wieder mit von der Partie zu sein. „Ich finde es wichtig, dass wir Journalisten uns zeigen. Die kritischen Fragen der Schüler und Schülerinnen haben mir gut gefallen“, sagt der Redaktionsleiter.