Tote Bienen und tote Hummeln sind Imkern und auch Laien in jüngster Zeit häufiger aufgefallen. Grund zur Beunruhigung? Was die Hummeln betrifft, die zum Beispiel unter Linden in der Bismarckstraße lagen, hat Imker August-Wilhelm Schinkel eine einfache Erklärung parat: „Nachdem die Linden abgeblüht sind, finden die Hummeln keine Nahrung mehr und verhungern. Hummeln können sich nicht gut bevorraten mit Pollen oder Nektar, sie können nur die Hälfte ihres Bedarfs transportieren und brauchen schnell Nachschub – den es dann nicht mehr gibt.“
Wenn es um Hilfe für die Bienen geht, ist der Vorsitzende des Imkervereins Bremen von 1875 ähnlich ratlos wie Experten der Bremer Veterinärbehörde, des Bieneninstituts beim Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) und der Fachberatung für Imker in Oberbayern, die sogar auf Ergebnisse wissenschaftliche Beobachtungsreihen zurückgreifen kann.
Was fehlt den Bienen?
Fest steht, dass es sich um das Chronische Bienenparalyse-Virus (CBPV) handelt. Wenn die kleinen Nutztiere damit infiziert sind, verlieren sie ihre Haare, erleiden Lähmungen und verenden. Marcus Bräunlich, Bienensachverständiger beim Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst des Landes Bremen und selbst Imker, bestätigt den Befall von Bienenvölkern mit diesem Lähmungsvirus – für das es keine Meldepflicht gibt. Nach Angaben des Laves ist das Virus seit 1990 bekannt, 2021 sei es kaum aufgetreten. „In diesem Jahr gibt es wiederum viele Verdachtsmeldungen in Deutschland.“
Wie viele Bienenvölker sind in Bremen betroffen?
„Wir können von wirklich wenigen, vereinzelten Fällen sprechen“, sagt Marcus Bräunlich. Die seien in der Stadtmitte, auf dem Stadtwerder in der Neustadt, im Steintorviertel und in Schwachhausen aufgetreten. „Bei manchen ist das Virus auch rückgängig, oft heilen die Völker sich selbst.“ Für befallene Tiere kommt freilich jede Hilfe zu spät. „Es gibt keine systematischen Laboruntersuchungen, um den Grad der Ausbreitung darstellen zu können“, teilt das Laves mit.
Woher kommt das Virus, wie wird es übertragen?
Die Herkunft ist laut Laves ungeklärt. Die Übertragung erfolgt wesentlich durch Bienenkot und über Körperkontakt. Womöglich sind abgebrochene Haare Eintrittspforten für das Virus in die erwachsenen Bienen. Hannes Beims, der bis vor Kurzem beim Laves auch Bremer Imker beraten hat und jetzt Leiter der Fachberatung Imkerei im Bezirk Oberbayern ist, erklärt die Sache so: „Es sind 30 bis 40 verschiedene Bienenviren bekannt, ein Großteil ist eng mit Varroa-Milben verbunden, die in jedem Bienenvolk vorkommen. Während man Varroa gut im Griff hat, ist das CBPV nicht behandelbar – und kann auch ohne Varroa zuschlagen.“
Welche Schutzmöglichkeiten gibt es?
Da eine CBPV-Infektion „leicht mit anderen Erscheinungen an Bienenvölkern verwechselt werden kann“, empfiehlt das Laves „eine labordiagnostische Abklärung“. Abhilfe schafft das allerdings nicht. Hannes Beims bringt es auf den Punkt: „Es gibt nichts Vernünftiges, Nachhaltiges, das ich raten kann.“ Um die Gefahr der Übertragung zu verringern, sollten erkrankte Bienenvölker isoliert werden. Im Zweifelsfall, so Marcus Bräunlich, bleibe Imkern nur, schwache Bienenvölker, bei denen der Befall zunehme, abzuschwefeln, also zu töten.
Wie sieht der Bestand aus?
Die 376 Mitglieder des Imkervereins Bremen von 1875 hatten laut ihres Vorsitzenden mit Stand vom Februar insgesamt 1271 Bienenvölker. Hinzu kämen die Völker der rund 150 Blumenthaler Imker – und 10 bis 20 Prozent „wilde Imker“, die ihre Bienen nicht beim Landesamt anmeldeten. Deren Bienen können im Seuchenfall nicht untersucht werden. Bräunlich findet das ärgerlich, zumal Tests und auch die für Verkäufe wichtige Gesundheitsbescheinigung in Bremen kostenlos seien. So aber habe beispielsweise die Amerikanische Faulbrut seit 2019 unter Bremens Bienen gewütet und sich weiter ausgebreitet – bis Ende vergangenen Jahres sei Bremen Sperrgebiet gewesen. Was manchen vielleicht nicht klar sei: „Seine Bienen nicht anzumelden, ist eine Ordnungswidrigkeit.“
Was beschäftigt die Bremer Imker außerdem?
Außer einem wachen Blick für das Wohlergehen der Bienen hätten Bremerinnen und Bremer derzeit vor allem Fragen zu Wespen und Hornissen, stellt August-Wilhelm Schinkel, Vorsitzender des Imkervereins Bremen von 1875, fest. „Aber das hat eine ganz andere Qualität, wir merken, dass unsere Aufklärungsarbeit bei der Bevölkerung ankommt, die Beratung läuft ganz anders“, sagt er. „Vor drei Jahren noch waren solche Anrufe üblich: Sie müssen sofort kommen und die Wespen abtöten. Inzwischen sind die Leute eher unsicher und fragen uns, wie sie sich verhalten sollten.“ Grundsätzlich gelte, immer erst einmal die Ruhe zu bewahren. „Und es ist gut zu wissen, dass ein Wespennest nichts für ewig ist. Im Herbst sterben die Wespen ab."