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Zentrum für Medien zeigt Fotos des Fotografen Hinrich Pundsack Aus dem Sperrmüll gerettet

Bahnhofsvorstadt. Am Anfang war ein Pappkarton, bereit für den Sperrmüll. Bernd Mathis war am Sielwall unterwegs und entdeckte eine Kiste mit Fotos. Obenauf lag eines, das einen Bus der Linie 23 in der Gartenstadt Vahr zeigte, Mathis’ alten Schulbus in den 60er-Jahren. Das Bild wurde an einem diesigen Wintertag aufgenommen, im Vordergrund steht eine Frau mit Handschuhen und Mantel. Mathis nahm die ganze Kiste mit nach Hause. Das war 1976.
29.10.2012, 04:00 Uhr
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Von Paul Hellmich

Bahnhofsvorstadt. Am Anfang war ein Pappkarton, bereit für den Sperrmüll. Bernd Mathis war am Sielwall unterwegs und entdeckte eine Kiste mit Fotos. Obenauf lag eines, das einen Bus der Linie 23 in der Gartenstadt Vahr zeigte, Mathis’ alten Schulbus in den 60er-Jahren. Das Bild wurde an einem diesigen Wintertag aufgenommen, im Vordergrund steht eine Frau mit Handschuhen und Mantel. Mathis nahm die ganze Kiste mit nach Hause. Das war 1976.

36 Jahre später hängt das Busfoto zusammen mit anderen aus der Kiste in einer Ausstellung des Zentrums für Medien an der Großen Weidestraße. Mathis hatte die Bilder all die Jahre aufbewahrt, sich aber erst 2011 entschlossen, sie dem Institut zu schenken. Das Team des Zentrums war begeistert. "Das sind keine Schnappschüsse", sagt Michael Schnelle, der Leiter des Fotoarchivs. Es war ein Profi, der Alltagsszenen, Parks, den Bahnhof und den Hafen ablichtete. Viele der Bilder aus den 50er- und 60er-Jahren haben etwas Verträumtes. Immer wieder sind Figuren in Rückenansicht zu sehen, immer wieder Nebel. Mit Grautönen konnte der Fotograf besonders gut umgehen, sagt Schnelle.

Zunächst war wenig über den Urheber bekannt. Genaugenommen hatten die Archivare nur einen Namen: Hinrich Pundsack. Schnelle und seine Kollegen machten sich auf die Suche und förderten einiges zutage. Hinrich Pundsack, Jahrgang 1908, wuchs in Habenhausen auf, lebte aber später mit seiner Frau im Viertel. Sein Geld verdiente er als freier Fotograf. Einige seiner Arbeiten erschienen im WESER-KURIER oder wurden in Bildbänden abgedruckt.

Hinrich Pundsack starb 1996, seine Witwe aber lebt noch. Ein Glücksfall für die Mitarbeiter des Zentrums – wäre sie nicht im vergangenen Jahr 93-jährig in ihr Geburtsland Guatemala zurückgekehrt. Waltraut Bahrenburg, eine Nichte des Fotografen, lebt noch in Bremen. "Er war ein ruhiger Typ", erinnert sich die Habenhauserin. Ein Sonderling sei Pundsack gewesen, berichten andere Verwandte, die Rolleiflex-Kamera hatte er immer dabei.

Etwa 30 Arbeiten von Pundsack sind derzeit im Zentrum für Medien zu besichtigen. Doch der Fotograf kommt nicht nur in der Ausstellung zu neuen Ehren: Das Zentrum hat zusammen mit der Edition Temmen den Kalender "Schiffe in Bremen" herausgebracht. Fünf der Fotos darin stammen von Pundsack.

Zur Ausstellungseröffnung und Vorstellung des Kalenders war mit Ernst Dünnbier auch ein Gast geladen, der eine besondere Beziehung zu Pundsacks Schiffsfotos hat. Dünnbier, Jahrgang 1921, ist ein Bremer Hafenveteran und hat viele Jahre für die Neptun-Reederei gearbeitet. Die Pundsacksche Hafennebelromatik stimmt ihn ein wenig wehmütig: "Wenn man die Bilder betrachtet, weckt das alte Erinnerungen und Empfindungen aus einer Zeit wieder, die es nicht mehr gibt." Auch Gerd Mathis, der Retter der Fotos, war bei der Ausstellung zu Gast.

Mit Ausstellung und Kalender wollen die Mitarbeiter des Zentrums für Medien mehr erreichen, als einen vergessenen Fotografen vorzustellen. "Wir hoffen, Menschen zu erreichen, die uns noch mehr über Pundsack erzählen können", sagt Michael Schnelle.

Die Ausstellung ist wochentags von 8 bis 18 Uhr in der Großen Weidestraße 4 bis 16, zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.

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