Günstige Wohnungen sind in Bremen begehrt. Doch obwohl Stadt und Bauherren in den vergangenen Jahren wieder verstärkt auf den Bau neuer Sozialwohnungen setzten, sank der Bestand in den vergangenen zehn Jahren. Zuletzt gelang es Bremen seit 2015 zumindest, die Zahl der Sozialwohnungen durch Neubau zu stabilisieren. Bis 2020 strebt die Baubehörde eine leichte Erhöhung des Bestands an.
Was macht es so schwierig, die Zahl der Sozialwohnungen zu steigern? Ein wesentlicher Grund ist, dass jedes Jahr etliche Wohnungen aus der Preisbindung fallen. Denn das Prinzip Sozialwohnung ist auf Zeit angelegt: Bauherren, die Sozialwohnungen schaffen, werden vom Staat durch günstige Kredite unterstützt. Die Kredite müssen sie erst zurückzahlen, wenn die Wohnungen fertig sind und Miete einbringen.
Im Gegenzug verpflichten sich Bauherren zu einer niedrigen Miete von derzeit meist maximal 6,50 Euro pro Quadratmeter bei Neubauten. Diese Preisbindung gilt aber nicht für alle Zeiten, sondern in der Regel für 20 Jahre oder weniger. Danach kann die Miete steigen. Zuletzt gab es zudem starke Wertsteigerungen bei ehemaligen Sozialwohnungen, die in Eigentumswohnungen umgewandelt und weiterverkauft wurden, wie der aktuelle Grundstücksmarktbericht zeigt (wir berichteten). Allerdings dürften die meisten ehemaligen Sozialwohnungen in Bremen weiterhin Mietwohnungen sein.
In diesem Jahr werden in der Stadt Bremen voraussichtlich mehr als 300 neue Sozialwohnungen fertig, zugleich fallen mehr als 400 alte Sozialwohnungen aus der Preisbindung. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Große Anfrage der Linken-Bürgerschaftsfraktion zurück, die sich zuletzt mehrfach im Parlament nach günstigem Wohnraum erkundigte.
Linken-Politikerin Claudia Bernhard: "Wir kommen mit Neubauten überhaupt nicht gegen den Verlust alter Sozialwohnungen an, wir bewegen uns auf einem kläglichen Niveau." Sie fordert, die Gewoba müsse mehr Wohnungen bauen, zudem solle die Stadt Wohnungen zurückkaufen, die einst kommunalen Baugesellschaften gehörten und an Private veräußert wurden.
Anfang der 90er-Jahre war in Bremen etwa jede vierte Wohnung eine Sozialwohnung, ihre Zahl lag bei rund 90.000 Einheiten. Heute ist man bei rund 8300 preisgebundenen Wohnungen im Land Bremen, das sind etwa 2,5 Prozent. Joachim Barloschky vom Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen stellt dem eine andere Zahl gegenüber: "41 Prozent der Bremer haben ein so geringes Einkommen, dass sie berechtigt wären, in einer Sozialwohnung zu leben."
Sozialer Wohnungsbau seit der Jahrtausendwende zurückgefahren
Berechtigt seien längst nicht nur Hartz-IV-Bezieher, sondern auch Teile der Mittelschicht. "Das Hauptproblem ist, dass man in den vergangenen 20 Jahren den Sozialwohnungsbau aufgegeben und dies dem freien Markt überlassen hat", sagt Barloschky. Er beschreibt, wo es in Bremen einst viele Sozialwohnungen gab: "Die komplette Vahr inklusive Aalto-Hochhaus, die Grohner Düne in Vegesack, die Geschossbauten im Zentrum von Kattenturm und viele Wohnblöcke in Huchting" – das alles seien preisgebundene Wohnungen gewesen.
Bis in die 1970er- und 1980er-Jahre hinein wurden in Bremen viele Sozialwohnungen gebaut. Seit der Jahrtausendwende fuhren dann aber sowohl die Bundesregierung als auch die Bremer Landesregierung den sozialen Wohnungsbau zurück. Bremen wuchs damals nicht, sondern verlor Einwohner. Zudem schien es der Stadt gut zu gehen.

Spätestens seit die Einwohnerzahl in der Stadt steigt, ist nun auch der soziale Wohnungsbau wieder stärker ein Thema. Bremen wuchs zuletzt vor allem durch Zuwanderer aus EU- und Nicht-EU-Ländern, von denen viele wohl zunächst mit wenig Geld auskommen müssen.
„Die Große Koalition hat gegen das lautstarke Votum der Bremer Grünen städtische Wohnbaugesellschaften verkauft. Dadurch fehlt der Stadt heute ein wichtiges Instrument, um den Wohnungsmarkt, insbesondere im unteren bezahlbaren Segment sowie bei Sozialwohnungen, besser steuern zu können", sagt Bausenator Joachim Lohse (Grüne).
Verkauft wurden öffentliche Wohnungsbaugesellschaften wie die Bremische und die Beamten-Baugesellschaft. Einzig bei der Gewoba hält die Stadt noch knapp drei Viertel der Anteile. Zumindest bei der Gewoba habe man den Wohnungsbau wieder hochfahren können, sagt Lohse. Allerdings kann Bremen nicht einfach städtische Grundstücke durch die Gewoba bebauen lassen.
Verpflichtend ist laut Behörde eine Ausschreibung, bei der sich die Gewoba bewerben und gegen andere potenzielle Bauherren durchsetzen muss. 2017 waren rund 500 neue Gewoba-Wohnungen im Bau (wir berichteten). Nur ein kleiner Anteil des Gewoba-Bestands – 3,5 Prozent von mehr als 41.000 – sind aktuell Sozialwohnungen.
Dennoch ist die Miete bei 77 Prozent aller Gewoba-Wohnungen ähnlich günstig oder niedriger als für Sozialwohnungen derzeit vorgeschrieben. Allerdings weist Barloschky darauf hin, dass auch die Gewoba die Mieten für nicht preisgebundene Wohnungen erhöhe: "Vor vier Jahren lag der Durchschnittspreis bei Gewoba-Wohnungen bei fünf Euro, 2017 lag er bei sechs Euro. Das ist legitim, aber dennoch ein Plus von 20 Prozent."
Beim Mieterschutzbund melden sich ab und zu Bremer, die in früheren Sozialwohnungen leben und wissen wollen, ob Mieterhöhungen zulässig sind, die sie erleben. "Auch bei ehemaligen Gewoba-Sozialwohnungen werden Mieten erhöht, aber meist moderat", sagt Berater Gert Brauer. "Saftigere Erhöhungen von 15 Prozent gibt es häufiger, wenn die Wohnung einem Privateigentümer gehört."