In Bremens rot-grün-roter Regierungskoalition treten latente Differenzen in der Baupolitik jetzt offen zutage. Bei einem Immobilien-Forum in der Bremischen Volksbank widersprach Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) am Donnerstag Forderungen der Linken nach einem Mietendeckel und einem Verkaufsstopp für Wohnbau-Grundstücke im künftigen Hulsberg-Quartier auf dem Gelände des Klinikums Mitte.
Wie berichtet, sehen Anträge für den Landesparteitag der Linken am kommenden Wochenende sowohl einen Stopp für Mieterhöhungen nach Berliner Vorbild als auch einen Kurswechsel bei der Vermarktung der stadteigenen 14 Hektar Bauland auf dem Klinikareal vor. Die Linken möchten, dass die Baugrundstücke dort nicht mehr verkauft, sondern per Erbbaurecht an Interessenten vergeben werden. Erwerber würden also keinen Kaufpreis an die Stadt zahlen, sondern über die Dauer des Erbbaurechts einen jährlichen Erbbauzins, der in der Regel zwischen drei und fünf Prozent des Grundstückswertes liegt. Hintergrund des Linken-Vorstoßes ist der massive Preisanstieg für die Bauflächen auf dem Klinikgelände. Werde an den Verkäufen festgehalten, so die Argumentation der Linken, sei die angestrebte soziale Durchmischung des Hulsberg-Quartiers kaum noch zu erreichen.
Konfrontiert mit diesen Positionen, machte die Bausenatorin ihre Bedenken geltend. Bremen könne bei der Vermarktung kommunaler Flächen auch in Zukunft nicht grundsätzlich auf Erbbaurecht setzen. Sinnvoller sei eine Prüfung von Fall zu Fall. Gerade beim Klinikum Mitte „tue ich mich sehr schwer mit einem Erbbaurechtsmodell“, sagte Schaefer. Schließlich gebe es klare politische Beschlüsse, die Baugrundstücke zu verkaufen. Außerdem seien die erwarteten Erlöse längst zur teilweisen Finanzierung des Klinikneubaus an der Bismarckstraße eingeplant.
Auch zur Forderung nach einem Mietendeckel ging Schaefer auf Distanz. Die Situation am Bremer Mietwohnungsmarkt sei deutlich weniger angespannt als in Berlin, wo die Landespolitik aus diesem Grund einen kurzfristigen Stopp von Mieterhöhungen verfügt hat. Dieses Erfordernis gebe es in der Hansestadt nicht. „Wir werden das erst mal nicht verfolgen“, stellte die Bausenatorin klar.
Schaefer will „lebendige Quartiere"
Die rund 60 anwesenden Vertreter der Immobilienwirtschaft, die zum sogenannten Heuer-Dialog in die Volksbank gekommen waren, hörten das gern. Zuvor hatte bereits Volksbank-Vorstandschef Ulf Brothuhn an Maike Schaefer appelliert, die Bremer Wohnungspolitik möge „bitte ohne Mietendeckel“ auskommen. In Berlin sei bereits erkennbar, dass sich Investoren aus der Hauptstadt zurückziehen und ihre Aktivitäten ins brandenburgische Umland verlagern. Im Gespräch mit Jens Lütjen vom Immobilienunternehmen Robert C. Spies äußerte sich Senatorin Schaefer auch grundsätzlich zu ihren baupolitischen Vorstellungen. Wichtig seien ihr „lebendige Quartiere“, die sozial gut durchmischt und attraktiv für junge Familien sind. Eine solche Entwicklung erhofft sie sich vom Tabakquartier, also dem früheren Brinkmann-Gelände in Woltmershausen, das von Justus Grosse entwickelt wird, und auch von der Überseeinsel (früheres Kellogg-Betriebsgrundstück und angrenzende Flächen). Als ein weiteres, mittelfristig wichtiges Ziel nannte Schaefer zudem die „autoarme Innenstadt“.
In einem abschließenden Podiumsgespräch ging es um die grundsätzliche Frage, wie in Bremen und insbesondere der Innenstadt neue Dynamik erzeugt werden kann. In der Analyse des Ist-Zustandes waren sich die Akteure dabei schnell einig: Die City leidet unter Auszehrungserscheinungen, weil der klassische Einzelhandel auf dem Rückzug ist und es bisher nicht gelingt, diese Entwicklung zu kompensieren, etwa durch Ansiedlung von Arbeitsplätzen. Im Gegenteil: Mit der Verlagerung der Sparkasse in die Nähe der Universität und der Ausdünnung des Landesbank-Standortes am Domshof fallen absehbar sogar eine Menge Jobs weg – und damit auch Menschen, die einkaufen und essen gehen. „Wer soll denn dann tagsüber überhaupt noch in der Innenstadt sein?“, fragte Thomas Scherer, Geschäftsführer der denkmalneu planfabrik GmbH, die vor zwei Jahren den Lloydhof gekauft hatte. Scherer machte kein Geheimnis daraus, dass sich die Akquise neuer Gewerbemieter für den Lloydhof aktuell schwierig gestaltet.
Diesen Punkt griff der Bauunternehmer Kurt Zech auf. „Wir müssen wieder mehr Arbeitsplätze in die Innenstadt bringen“, forderte Zech. Ein Partner bei diesen Bemühungen könnte die Universität sein. In anderen Städten sei eine zentrumsnahe Uni ein Impulsgeber. Die Unternehmerin Tascha Schnitzler und der Lilienthaler Bürgermeister Kristian Tangermann (CDU) waren sich einig, dass Bremen und sein Umland bewusstseinsmäßig näher zusammenrücken müssten. Das Oberzentrum und die angrenzenden Kommunen begriffen sich zu wenig als Einheit.
+ + Dieser Text wurde um 19.53 Uhr aktualisiert + +