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Neuer Report Bremen ist Herzinfarkt-Hochburg in Deutschland

Ein Herzinfarkt ist ein Notfall: In Bremen sind besonders viele Menschen davon betroffen. Was ist der Grund? Um wie viele Jahre verkürzen Bluthochdruck und Rauchen das Leben? Experten haben es ausgerechnet.
11.09.2025, 21:04 Uhr
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Bremen ist Herzinfarkt-Hochburg in Deutschland
Von Sabine Doll
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In keinem anderen Bundesland erleiden so viele Menschen einen Herzinfarkt wie in Bremen: Die Rate liegt bei 230 Infarkten pro 100.000 Einwohner, bundesweit sind es 198. Das geht aus dem aktuellen Bericht der Deutschen Herzstiftung mit Daten aus dem Jahr 2023 hervor. In den beiden anderen Stadtstaaten Hamburg und Berlin liegt die Rate mit 185 und 192 unter dem Bundesschnitt; in Niedersachsen mit 210 darüber. Am niedrigsten ist sie in Sachsen (173).

Warum ist Bremen die bundesweite Herzinfarkt-Hochburg?

„Diese Entwicklung gibt es in Bremen seit vielen Jahren“, sagt Rainer Hambrecht, Vorsitzender der Stiftung Bremer Herzen. Vor allem in sogenannten sozial benachteiligten Stadtteilen sei die Herzinfarkt-Rate besonders hoch. Dies habe eine Studie des Bremer Instituts für Herz- und Kreislaufforschung, das zur Stiftung gehört, klar gezeigt. „Ein niedriger sozioökonomischer Status ist mit einem höheren Infarkt-Risiko verbunden, besonders auch im jüngeren Alter, sowie mit einer schlechteren Langzeitprognose“, sagt der Kardiologe und Chefarzt am Klinikum Links der Weser. Die Patienten wiesen in der Studie einen höheren Anteil an Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht auf.

„Hier muss Prävention noch viel stärker ansetzen – gezielt vor Ort und möglichst früh“, fordert der Professor. Dass die Herzinfarkt-Rate in Bremen leicht gesunken sei – 2022 lag sie laut der Deutschen Herzstiftung bei 246 pro 100.000 Einwohner – könne möglicherweise ein Hinweis darauf sein, dass Maßnahmen griffen. Die Stiftung sei mit mehreren Programmen in den Stadtteilen vor Ort, so zum Beispiel auch in Grundschulen. Zudem gebe es die von der Stadt finanzierten Gesundheitsfachkräfte in den Quartieren. „Die Herzinfarkt-Rate ist aber deutlich zu hoch, es geht vor allem um Prävention, um die Menschen vor Krankheit und tödlichen Folgen zu bewahren“, so Hambrecht.

Wie viele Menschen sterben an den Folgen von Herzkrankheiten in Deutschland?

Laut Herzbericht ist die Zahl leicht gesunken: 2023 starben 211.152 Menschen an den Folgen (2022: 216.944). Die tödlichste Erkrankung war 2023 die koronare Herzkrankheit (KHK) mit 119.795 Todesfällen, davon starben 43.839 Menschen am akuten Herzinfarkt. Dass die KHK- und Herzinfarktsterblichkeit abnehme, bestätige einen erfreulichen Trend. Doch die Sterberate der KHK sei im europäischen Vergleich mit Frankreich oder Dänemark „nach wie vor viel zu hoch“, so Heribert Schunkert, Vize-Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung.

Welchen Einfluss haben die „Big Five“ der Risikofaktoren auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Bluthochdruck, zu hohe Cholesterinwerte, Übergewicht, Diabetes, Rauchen – das sind die fünf gefährlichsten Risikofaktoren, die „Big Five“. Eine Studie unter Leitung des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigt: Wer im Alter von 50 Jahren keinen der Faktoren aufweise, lebe nicht nur länger, sondern bleibe auch länger von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschont. Laut der Modellrechnung sterben Frauen ohne Risikofaktoren 14,5 Jahre später als jene, die im mittleren Alter alle fünf Risikofaktoren aufweisen; Männer 11,8 Jahre.

Welche Risikofaktoren verkürzen das Leben am stärksten – um wie viele Jahre?

Diabetes und Rauchen wirken demnach am stärksten: Bei Frauen verkürze Rauchen die Lebenserwartung um 5,6 Jahre, bei Männern um 5,1 Jahre. Diabetes koste Frauen 6,4 Jahre, Männer 5,8 Jahre. Bluthochdruck führe bei Frauen zu einem Verlust von 1,7 Jahren, bei Männern von 1,8 Jahren.

Bremern werden immer mehr Herzmedikamente verschrieben – was bedeutet das?

„Erwerbstätige in Bremen und Bremerhaven haben im Jahr 2024 so viele Herz-Kreislauf-Medikamente verschrieben bekommen wie noch nie“, das berichtet die Techniker Krankenkasse (TK). Demnach bekam jeder versicherte Erwerbstätige durchschnittlich 97 Tagesdosen, 2014 waren es 75. Männer erhielten mit 120 Tagesdosen deutlich mehr Medikamente wie Blutdruck- oder Cholesterinsenker als Frauen (70).

Auch bundesweit gibt es mit 108 Tagesdosen ein Rekordhoch. Bremen liegt laut der Kasse im unteren Drittel der Bundesländer, ebenso wie Hamburg und Berlin. Dies lege die Vermutung nahe, dass in großstädtischen Regionen Arzneimittel tendenziell zurückhaltender verordnet würden, so die Bremer TK-Leiterin Sabrina Jacob. „Wobei ein größeres Angebot an nicht-medikamentösen Therapieoptionen in Ballungsgebieten eine Rolle spielen könnte.“ Prävention sei von zentraler Bedeutung.

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