Es mehren sich die Zeichen, dass die Bremer Bootsbau Vegesack (BBV) in ihrer heutigen Form bald Geschichte ist. Der vorläufige Insolvenzverwalter Detlef Stürmann hat gestern in der Wirtschaftsbehörde Möglichkeiten einer Fortführung des historischen Bootsbaus an der Vegesacker Wasserkante ausgelotet, wagt aber noch keine Prognose zu den Erfolgsaussichten.
Vegesack. Damit bleibt vorerst unklar, ob und wie es mit der Qualifizierungswerft weitergeht, in der zurzeit 13 festangestellte Ausbilder und Betreuer noch etwa 50 Langzeitarbeitslosen Fertigkeiten im maritimen Holz- und Metallbau vermitteln. Eines deutet sich jedoch an: In der jetzigen Größe wird die BBV kaum fortbestehen. "Es geht darum, die Strukturen so anzupassen, dass man auf dem Gelände noch Bootsbau präsentieren kann", sagte Stürmann der NORDDEUTSCHEN gestern Nachmittag nach seinen Gesprächen in der Behörde.
Mit den "Strukturen" meint der vorläufige Insolvenzverwalter das Missverhältnis zwischen den Kosten, die die BBV verursacht, und der Förderung durch die Hartz-IV-Verwaltung. 277 Euro erhält die BBV vom Job-Center für jeden Teilnehmer einer Qualifizierungsmaßnahme. Das reicht nicht, um Mieten, Materialaufwand und einige andere Faktoren abzudecken. Wie eine neue Balance gefunden werden kann, will Stürmann in der kommenden Woche mit weiteren Gesprächspartnern erörtern. Dazu zählt unter anderem der Bürgerparkverein, für den die BBV zurzeit das Ausflugsboot "Marie" fertigt. Die Einnahmen aus diesem Projekt sind offenbar ein wichtiger Posten bei den Bemühungen um eine Fortführung der Werft in reduzierter Form.
Das Schicksal des Qualifizierungsprojekts beherrschte am Donnerstagabend auch die Sitzung des Vegesacker Beirates. Stürmann war dazu eingeladen, ließ den Termin aber sausen, weil er nicht mit leeren Händen vor die Versammlung treten wollte. Das Fernbleiben des Krisenmanagers empfanden die Ortspolitiker fraktionsübergreifend als schlechten Stil.
Vom Kernproblem der BBV hat die Wirtschaftsbehörde offenbar eine ähnliche Vorstellung wie der vorläufige Insolvenzverwalter. Das Tätigkeitsfeld der Werft - der historische Bootsbau - erfordere mehr Materialeinsatz und Fläche, als es bei den meisten anderen Qualifizierungsträgern der Fall sei. "Das Projekt kann aber nur mit den Durchschnittssätzen gefördert werden", erläuterte Karin Jahn aus dem Haus des Wirtschaftssenators. Anders gesagt: Die Unterdeckung im Haushalt der BBV ist strukturell angelegt. Was die Perspektiven des Betriebs zusätzlich verfinstert, ist die Arbeitsmarktpolitik des Bundes. Berlin hat die Mittel für die Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen drastisch zusammengestrichen. Im Frühjahr wird eine zweite Kürzungswelle deutschlandweit die Träger von Projekten erfassen. Unter anderem müssen sie dann erstmals 25 Prozent der Lohnkosten ihrer Mitarbeiter selbst erwirtschaften.
Rückwirkung aufs "Schaufenster"
In der Diskussion machten Beiratspolitiker mehrerer Parteien darauf aufmerksam, dass an der BBV auch das Tourismusprojekt "Schaufenster Bootsbau" hängt, das neben dem Spicarium und der "Schulschiff Deutschland" einen Eckpfeiler der Maritimen Meile darstellt. Christel Lübben, in der Wirtschaftsbehörde für den Bereich Tourismus zuständig, sah diesen Zusammenhang gleichfalls. "Sie können sich vorstellen, dass wir mit der aktuellen Situation nicht glücklich sind", sagte sie. Das Interesse ihrer Behörde am Erhalt des "Schaufensters" sei "deutlich", sagte Lübben. Zusätzliches Geld für das Projekt konnte jedoch auch sie nicht in Aussicht stellen. Die Mittel aus dem Tourismus-Topf stünden nur für das Marketing der Martimen Meile zur Verfügung.
Für den Beirat steht fest: Sowohl BBV als auch "Schaufenster" müssen erhalten bleiben. Die Fraktionen appellierten an die Behörde, auf dieses Ziel hinzuarbeiten.