Bei Verstößen gegen Corona-Auflagen in Bremer Restaurants drohen nicht nur den Betreibern, sondern auch den Gästen Bußgelder. Das hat die Innenbehörde mitgeteilt. Halten sich Besucherinnen und Besucher eines Lokals nicht an das Abstandsgebot, drohen ihnen demnach bis zum 1. Juni jeweils Bußgelder von 50 bis 200 Euro. Danach treten neue Regelungen in Kraft, die Veranstaltungen in der Gastronomie ermöglichen. Bei Verstößen könnten auch dann gegen die Gäste Bußgelder verhängt werden. Wie hoch sie sein könnten, ist nach Angaben der Innenbehörde noch unklar.
Wie viele Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder in der Bremer Gastronomie bisher verhängt wurden, gab die Behörde nicht an. Seit Beginn der Pandemie zählte sie bisher 2504 Ordnungswidrigkeiten sowie 411 Strafanzeigen (Stichtag: 25. Mai) wegen Verstößen gegen die Corona-Verordnung – insbesondere gegen das Kontaktverbot. 1316 Bußgeldbescheide von zusammen 175.800 Euro wurden seither erlassen.
Anfang der Woche kam es womöglich erstmals bundesweit zu Corona-Neuinfektionen infolge eines Restaurantbesuchs. Nach einer Restaurant-Wiedereröffnung im ostfriesischen Moormeerland haben sich nach Angaben des Landkreises Leer (Stand Mittwochnachmittag) mehr als 30 Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Die Zahl der Menschen in Quarantäne sei auf 175 gestiegen. Die niedersächsische Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) kündigte daraufhin Konsequenzen für Gäste und Wirt an: „Sollte sich der begründete Verdacht bestätigen, dass mit dieser Veranstaltung gegen die Corona-Auflagen verstoßen wurde, werden die Behörden vor Ort nicht nur gegen die Organisatoren, sondern auch gegen die Besucherinnen und Besucher Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten einleiten mit empfindlichen Geldstrafen als Folge.“
Ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro könnte gegen den Betreiber des Lokals verhängt werden. Für die Gäste seien Bußgelder in Höhe von 50 bis 400 Euro möglich, sagt Justina Lethen, Sprecherin des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.
Dass Gäste überhaupt zur Kasse gebeten werden können, ist nicht selbstverständlich. Denn für die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln ist hauptsächlich – in Niedersachsen wie auch in Bremen – der Wirt zuständig. „Die oberste Pflicht liegt beim Gaststättenbetreiber“, bestätigt Lethen. Die Betreiber müssten sicherstellen, dass etwa der Abstand von 1,50 Metern zwischen Gästen, die an verschiedenen Tischen platziert werden, gewährleistet sei.
„Allerdings haben auch die Gäste die Pflicht, sich an die allgemein vorgegebenen Regeln zu halten“, betont Lethen. Die Behörden vor Ort müssten die Art des Verstoßes genau prüfen. Auch Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Bremer Innenbehörde, sieht die Verantwortung im Fall eines Verstoßes bei Besuchern und Betreibern: „Bei Veranstaltungen begehen der Veranstalter und die Gäste eine Ordnungswidrigkeit.“ Doch ab wann handelt es sich nicht mehr um einen Restaurantbesuch, sondern eine Veranstaltung?
Die Innenbehörde erklärt: Immer wenn Menschen aus einem oder zwei Haushalten den 1,50-Meter-Abstand zu Menschen aus einem anderen Haushalt unterschreiten würden, entspreche das bis zum 1. Juni einer untersagten Veranstaltung. Danach seien Veranstaltungen mit bis zu 20 Personen in geschlossenen Gasträumen zwar erlaubt. Aber die Abstandsregelungen würden weiterhin gelten.
Abstände zwischen den Tischen
Was ein Bremer Gastwirt tun muss, um auf der sicheren Seite zu sein, erklärt Rechtsanwalt Stefan Schroub: So müsse der Restaurantbetreiber für die Einhaltung der Abstände zwischen den Tischen sorgen und die Daten der Gäste erfassen. Wenn sich Besucher von verschiedenen Tischen zu nahe kämen, sei der Wirt in der Pflicht: „Er muss dann die Gäste auffordern zu gehen“, sagt Schroub. Würden sie der Aufforderung nicht Folge leisten, müsste der Betreiber die Polizei rufen. Tut er dies nicht, könnte ein Bußgeld verhängt werden. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Bremen geht von einer Sanktion von bis zu 25 000 Euro aus.
Kommt es zu Neuinfektionen am Arbeitsplatz, wie aktuell im Fall der Meyer-Werft in Papenburg, gilt das Arbeitsrecht. „Die Corona-Verordnung sieht hier keine Ordnungswidrigkeitstatbestände vor“, erläutert Gerdts- Schiffler. Bei schwerwiegenden Mängeln könne jedoch eine Schließung des Betriebs erfolgen. Wer am Arbeitsplatz die Verantwortung für den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten trägt, ist im Arbeitsrecht eindeutig geregelt: „Der Gesetzgeber hat die Verantwortung ganz klar dem Arbeitgeber übertragen“, erklärt Kaarina Hauer, Leiterin der Rechtsberatung der Bremer Arbeitnehmerkammer. Auf der anderen Seite seien natürlich die Beschäftigten verpflichtet, sich an diese Vorschriften zu halten. Hauer zufolge registrierte die Arbeitnehmerkammer im März und April 201 Anfragen zum Thema Arbeitsschutz.
Zu Neuinfektionen am Arbeitsplatz kam es in einem Bremer Callcenter Anfang Mai. Wie „buten un binnen“ berichtete, infizierten sich dort elf Personen mit dem Virus. Betroffen waren demzufolge vor allem Mitarbeiter, die an einer Schulung teilgenommen hatten. 50 Mitarbeiter des Betriebs wurden in Quarantäne geschickt. Weitere Fälle in Firmen sind Cornelius Neumann-Redlin, Sprecher der Unternehmensverbände im Lande Bremen, nach eigenen Angaben nicht bekannt. Im Gegenteil, wie er sagt: „Wir nehmen wahr, dass die Unternehmen in Bremen sehr verantwortungsvoll mit den Regelungen umgehen.“
„Seit Beginn der Pandemie wurden 2.504 Ordnungswidrigkeitenanzeigen sowie 411 Strafanzeigen gefertigt und 90 Verwarngelder in Höhe von insgesamt 4.500 Euro ausgesprochen (Stichtag: 25.05.2020).“
Bußgelder: „Es wurden insgesamt 1.316 Bußgeldbescheide erlassen in Höhe von 175.800 Euro. Überwiegend waren das Verstöße gegen das Kontaktverbot. (Stichtag: 25.05.2020).“