Herr Richter, was ist Ihre Aufgabe bei einer Bombenentschärfung?
Thomas Richter: Meine Aufgabe ist es, die Zündsysteme der Bombe zu entfernen oder technisch so zu manipulieren, dass ein Abtransport gefahrlos möglich ist. Man spricht bei Bombenblindgängern vom sogenannten "Trennen der Zündkette" und dem "Herstellen der Transportfähigkeit". Vor der Entschärfung stehen aber noch viele andere Schritte an. Dazu gehört zum Beispiel die genaue Identifizierung des Blindgängers und der Zündsysteme. Auch die Entscheidung über den Entschärfungszeitpunkt ist Teil der Aufgabe. Außerdem muss ich mir Gedanken über Evakuierungs- und Warnradien machen. Gleiches gilt für Schutzmaßnahmen, um eventuelle Explosionsschäden abzuschwächen.
Unterscheidet sich das Vorgehen je nach Bombe?
Das Vorgehen hängt vom jeweiligen Zündsystem der Bombe ab. Hierfür ist eine absolut zweifelsfreie Identifizierung notwendig. Es gibt zum Beispiel chemisch-mechanische Langzeitzünder, die im Volksmund auch als "Säurezünder" bezeichnet werden. Bei denen kann jede falsche Berührung auch ohne äußeres Dazutun unvermittelt zur Auslösung führen. Das Vorgehen ist auch von der Lage der Bombe im Boden abhängig. Es kann schon mal passieren, dass man bei einer Entschärfung leicht kopfüber arbeiten muss – weil die Bombe senkrecht im Boden steht, der Zünder nach unten zeigt und der Blindgänger aufgrund der Funktion des Zündsystems nicht bewegt werden darf. Darum ist eine genaue Kenntnis der einzelnen Munitionsarten sowie der Zündsysteme unsere beste Lebensversicherung.
Werden Sie nervös, wenn eine Entschärfung ansteht?
Man sollte nicht nervös sein, sonst wäre Sprengmeister der falsche Beruf. Auf der Fahrt zum Einsatzort herrscht eine gewisse Anspannung, wenn wir noch keine Kenntnis über das Zündsystem des Blindgängers haben. Die weicht aber nach der Identifizierung relativ schnell. Anders sieht es bei meinen Familienangehörigen aus. Sobald die Entschärfung beendet ist, gibt es immer eine Nachricht von mir, dass alles geklappt hat. Meistens erfahren sie erst von einer bevorstehenden Bombenentschärfung, wenn eine Pressemeldung dazu veröffentlicht wird. Ich möchte es morgens, wenn ich schon weiß, dass eine Entschärfung anliegt, der Familie nicht sagen. Das wäre für die Angehörigen zu belastend.