Die Gefahr lauert meistens unter der Erde. Sie stammt aus einer anderen Zeit, ist explosiv und bleibt häufig unentdeckt. Mehr als 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind noch längst nicht alle Bomben gefunden, die die Alliierten über Bremen abgeworfen haben. Immer wieder kommt es zu Funden – oft von der Öffentlichkeit unbemerkt, manchmal aber auch mit Auswirkungen auf das alltägliche Leben. Warum die Zahl der Funde zunimmt, welche Gebiete besonders betroffen sind und was Privatleute wissen sollten, zeigt dieser Überblick.
Wie viele Bomben werden jährlich gefunden?
In Bremen sind es mehrere Hundert. Öffentlich bekannt werden in der Regel lediglich große Funde, die Sprengungen und Evakuierungen erforderlich machen. Die genaue Zahl der Funde variiert laut Polizei von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2020 wurden demnach neun sogenannte Sprengbomben entschärft. Sie enthalten Sprengstoff, der in der Regel durch Zeit- oder Aufschlagzünder zur Explosion gebracht wird. Weitaus häufiger zum Vorschein kommen Brandbomben. 542 davon wurden im Jahr 2020 in Bremen gefunden. Die Zahl der Bombenfunde im Jahr 2021 liegt noch nicht vor – die Tendenz zeige jedoch nach oben, sagt Polizeisprecher Bastian Demann.
Wie kommt es zu den Funden?
Meistens werden die Bomben bei Bauarbeiten entdeckt, was auch auf gesetzliche Vorgaben zurückzuführen ist. Wer in Bremen auf seinem Grundstück bauen will, muss vor Beginn der Arbeiten beim Kampfmittelräumdienst anfragen, ob es Bedenken gibt. Die Behörde hat Zugriff auf Luftbildaufnahmen, die die Alliierten von ihren Bombenangriffen gemacht haben. Liegt das Grundstück in einem Verdachtsgebiet, ist eine Untersuchung vor Ort verpflichtend. Dabei kommen laut Polizei zum Beispiel Metalldetektoren zum Einsatz. Klar ist: Wenn mehr gesucht wird, wird auch mehr gefunden. Dass die Zahl der Bombenfunde zuletzt zugenommen hat, liegt also auch an vermehrten Bautätigkeiten.
Wie viele Bomben sind noch unentdeckt?
Etwa 100.000 Sprengbomben und eine Million Brandbomben haben Briten und Amerikaner Schätzungen zufolge im Zweiten Weltkrieg über Bremen abgeworfen. 13 Prozent der Sprengbomben sollen dabei nicht explodiert sein. Diese Schätzungen sind allerdings bereits von der Realität überholt: Laut Polizei wurden seit Kriegsende in Bremen mehr als 16.000 Bomben entschärft. Die Wahrscheinlichkeit für weitere Funde unterscheidet sich je nach Gebiet. So haben die Alliierten den Bremer Westen besonders stark bombardiert, während beispielsweise der Norden vergleichsweise gering getroffen wurde. Bis die deutschen Großstädte endgültig bombenfrei sind, könnten noch Jahrzehnte vergehen, heißt es in einem Dossier der Bremer Polizei.
Welche Gefahren drohen?
"Militärische Sprengstoffe können nahezu unbegrenzt in ihrer Wirkung bleiben", warnt der Kampfmittelräumdienst. Gefährdet seien unter anderem Mitarbeiter von Tiefbauunternehmen. In München wurden vor einigen Wochen vier Menschen zum Teil schwer verletzt – auf einer Baustelle der Deutschen Bahn war eine Fliegerbombe explodiert. Nicht nur Bomben können zur Gefahr werden, sondern auch andere Überbleibsel des Krieges. Der Überbegriff Kampfmittel umfasst zum Beispiel auch Handgranaten oder Minen. "Man kann sagen, dass in Bremen jeden Tag Kampfmittel gefunden werden", erklärt Polizeisprecher Bastian Demann. Als Beispiel nennt er 26 Granaten, die auf dem ersten Bauabschnitt der A 281 an der Neuenlander Straße gefunden und teilweise gesprengt worden seien. Der Kampfmittelräumdienst appelliert an alle Finder, Kampfmittel nicht zu berühren, den Bereich zu sichern und die Polizei zu informieren.
Was passiert nach einem Fund?
Das hängt unter anderem von der Art und der Größe des Fundes ab. In 90 Prozent der Fälle bekomme die Öffentlichkeit von einem Fund nichts mit, so die Polizei. Muss eine Bombe entschärft oder gesprengt werden, sind damit in der Regel Evakuierungen und Straßensperrungen verbunden. Zuletzt war das im Oktober der Fall, als in der Neustadt eine 250 Kilogramm schwere Weltkriegsbombe gesprengt werden musste. Dabei wurde ein Bereich von 500 Metern rund um die Fundstelle evakuiert. Innerhalb von 1000 Metern durften sich Menschen während der Sprengung zwar im Gebäude aufhalten, aber nur in Räumen, die vom Fundort abgewandt lagen. Neben den Sprengmeistern der Polizei beteiligt sich auch die Feuerwehr an solchen Einsätzen. "Wir evakuieren diejenigen, die Hilfe brauchen", erklärt Michael Richartz von der Feuerwehr Bremen. Er nennt Altenheime als Beispiel. Vor etwa 15 Jahren habe man auch mal das Diako evakuieren müssen. Außerdem richtet die Feuerwehr für die betroffenen Anwohner eine Betreuungsstelle ein – beispielsweise in Schulen oder Turnhallen. "Das wird allerdings kaum genutzt. Die meisten Leute kommen vorübergehend bei Verwandten oder Freunden unter", sagt Richartz.