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Jugendarbeit im Hulsberg-Haus Ein Raum für alle trotz knapper Mittel

Der Bund Deutscher Pfadfinder und Pfadfinderinnen informiert im Sozialausschuss über seine Arbeit in seinem Haus am Hulsberg. Der Standort wurde jüngst diskutiert, steht aber für den Beirat nicht zur Debatte.
14.06.2021, 05:00 Uhr
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Von Matthias Holthaus

„Für den Beirat steht der Standort für die freie Jugendarbeit nicht zur Debatte“, sagt Steffen Eilers, Sprecher des Beirates Östliche Vorstadt, gegen Ende der digitalen Sitzung des Fachausschusses für Soziales, Kultur und Wirtschaft. Ende Mai tagte der Bildungsausschuss, in dessen Verlauf die Schulleitung und die Schulsprecherin der Grundschule an der Stader Straße aufgrund der Raumknappheit anscheinend ein begehrliches Auge auf das benachbarte BDP-Haus in der Straße Am Hulsberg geworfen hatten. Dieses Mal sind die Schulleitung und die Schulsprecherin nicht zugegen, Henrik Sorgalla vom Bund Deutscher Pfadfinder und Pfadfinderinnen (BDP) sagt jedoch: „Es hat uns überrascht, dass es Interesse an unseren Räumlichkeiten gibt. Die Bildungsbehörde hat aber bereits festgestellt, dass das Haus für eine schulische Nutzung nicht geeignet ist.“ Ein großes Thema war diese Angelegenheit während der Ausschusssitzung jedoch nicht – vielmehr wollten sich die Ausschussmitglieder über die Arbeit des Jugendverbandes informieren und Henrik Sorgalla lieferte.

„Seit mehr als 40 Jahren machen wir hier Jugendarbeit am Standort“, sagt er über den Verband, der seine Wurzeln in der Pfadfinderbewegung hat. Einheitliche Hemden und Halstücher wird man beim BDP jedoch vergeblich suchen, inzwischen sieht er sich eher als Akteur in der politischen Bildungsarbeit. Neben dem BDP-Haus am Hulsberg gibt es noch das Mädchenkulturhaus (MKH) in der Heinrichstraße im Ostertor, beide Standorte sind Orte der Selbstorganisation. Es gibt demnach kein pädagogisches Personal, zudem besteht das Prinzip der Selbstöffnung, was bedeutet, dass diverse Gruppen und Einzelpersonen Schlüssel zu den Häusern haben. Diesen Menschen und Gruppen ist es zu jeder Zeit möglich, die Räumlichkeiten im MKH und im BDP-Haus zu nutzen, Zielgruppe: Jugendliche und junge Erwachsene. Die Räume im BDP-Haus können für Veranstaltungen und Seminare genutzt werden, es gibt eine Kreativ- und eine Fahrradwerkstatt und einen Bandraum. Und es gibt einen Garten mit Hochbeeten, einem Unterstand und Wände für Graffiti. Mit regelmäßigen Angeboten wie etwa Kochgruppen für Geflüchtete und der Fahrradselbsthilfewerkstatt sorgt der BDP für eine zusätzliche Kontinuität in der Jugendarbeit.

Diese Kontinuität wird ebenfalls durch Kooperationen gewährleistet, etwa mit der Gesamtschule Bremen Mitte: Seit mehr als zehn Jahren gibt es in Anlehnung an die Ausbildung zur Jugendleitercard (Juleica) die sogenannte Schuleica, die Schülerinnen und Schülern zu mehr Engagement in der Schule verhelfen möchte: Was braucht es, um eine Schülerzeitung herauszugeben? Wie organisiere ich eine Abschlussparty oder ein Schulfest? Wie biete ich eine AG an?

Mit der Ausstellung „Echt krass!“ möchte der BDP in diesem Jahr vom 2. bis 28. Oktober zum Thema „sexuelle Grenzverletzungen“ informieren, mit der Bildungsinitiative gegen Antisemitismus geht der Jugendverband in die Schulen, um Workshops zu veranstalten. Zudem ist der BDP Kooperationspartner des Projekts „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Die Erinnerungsarbeit ist ein weiterer Schwerpunkt des BDP, es gibt Gedenkstättenfahrten nach Auschwitz, historisch-politische Wanderungen in Italien, historische Stadtrundgänge und Besuche des Bunkers Valentin. Für dieses Jahr ist bereits ein Sommercamp geplant und eine Jugendbegegnung in Österreich. Die Ausbildung für die Juleica steht ebenso an wie selbstorganisierte Workshops, außerdem gibt es eine Queer-Aktiviti-Tour nach Berlin, wo Jugendliche die Möglichkeit erhalten sollen, die dortige queere Bewegung kennenzulernen.

Problematisch wird es dann, wenn es ums Geld geht: Die Finanzierung sei nicht auskömmlich, sagt Henrik Sorgalla, es gebe zwar eine Basisfinanzierung vom Stadtteil, „doch die deckt nicht einmal die Betriebskosten des Hauses.“ Demnach fehlen nicht nur Programmgelder, sondern auch Personalmittel: „Es ist sehr schwierig, mit sehr wenig Personalvolumen sehr viel machen zu wollen. Wir wollen aber ein Teil der außerschulischen Bildungslandschaft sein.“ Deshalb appelliert Henrik Sorgalla auch an den Ausschuss, er möge sich für eine auskömmliche Finanzierung der Jugendclubs einsetzen. Eine Festbetragsfinanzierung und zusätzliche Personalmittel gäben mehr Planungssicherheit und abschließend bittet er: „Setzen Sie sich für bessere Bedingungen in der Jugendarbeit in Mitte und Östliche Vorstadt ein.“

Dies sei wirkliche offene Jugendarbeit, meint Beiratssprecher Steffen Eilers (Grüne) anschließend, „ihr gebt nicht vor, sondern bietet Raum, damit die Jugendlichen ihre Ideen und Projekte umsetzen können.“ Und auch Annika Port (Linke) zeigt sich beeindruckt: „Ihr bezieht die Leute ein und fragt die Zielgruppe, was sie machen möchten. Und ich finde es gut, dass ihr politische Reisen anbietet“, sagt sie und fragt: „Sind solche Reisen kostenfrei?“ „Wir versuchen, die Beiträge niedrig zu halten“, antwortet Henrik Sorgalla, „gerade, wenn man inklusiv wirken und niemanden ausschließen möchte.“ Das sei allerdings schwierig, wenn man kein Programmbudget habe.

Info

Unter https://bdp-hulsberg.de/ sind weitere Informationen erhältlich.

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