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Geschäftsführer Hansewasser „Wir müssen die Wasserkreisläufe neu diskutieren"

Jörg Broll-Bickhardt ist nach 34 Jahren bei der Bremer Stadtentwässerung in den Ruhestand gewechselt. Er ruft zum Wassersparen auf. Recycling sei zunehmend wichtig.
04.05.2023, 05:00 Uhr
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„Wir müssen die Wasserkreisläufe neu diskutieren
Von Justus Randt

Die erste mechanische Reinigung ist 1966 in Seehausen in Betrieb gegangen. Bis dahin wurde alles in die Weser geleitet. „Der Umgang mit dem Abwasser ist ein Spiegel der Gesellschaft“, sagt Jörg Broll-Bickhardt. Der 65-Jährige war bis Ende April 14 Jahre lang technischer Hansewasser-Geschäftsführer. Insgesamt war der Ingenieur für Siedlungswasserwirtschaft 34 Jahre für die Bremer Stadtentwässerung tätig. In dieser Zeit hat sich viel verändert. „Wir müssen die Wasserkreisläufe in der Region neu diskutieren, das war in der Vergangenheit nicht notwendig. Jetzt kommen wir eher in die Situation von Windhoek.“

In Namibia, im Südwesten Afrikas, verdunste das Wasser in den Stauseen schnell, deswegen gebe es in Windhoek große unterirdische Wasserspeicher. Drohe das Wasser knapp zu werden, werde zum Sparen aufgerufen, berichtet der Ingenieur vom jüngsten Austausch. "In der nächsten Stufe eskaliert der Preis – dann wird es teuer, den Swimmingpool zu füllen. Und es wird recycelt. Auf diese Weise gibt es immer genug Trinkwasser. So ein Bewirtschaftungs- und Krisenmanagement kennen wir in Deutschland nicht."

Was Bremen mit Namibias Hauptstadt zu tun hat? Seit mehr als 20 Jahren verbindet die Städte eine "Umwelt- und Klimaschutzfreundschaft", wie Broll-Bickhardt die Kooperation nennt – und das "in der Welt der Wasser- und Abwasserwirtschaft auf Augenhöhe". Windhoek profitiere beispielsweise von der "Betriebsorganisation, der hohen Effizienz und dem hohen Qualitätsniveau" bei Hansewasser. "Da sind wir schon eine Referenz in Deutschland." Vorbildhaft sei auch die Klimaneutralität des Unternehmens. Die Bremer bekommen wiederum vorgeführt, "wie man in einer Gegend, in der Wassermangel herrscht, hochintelligent mit Wasser und Abwasser umgehen kann".

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Während Windhoek von Dürre geplagt ist, sind extreme Niederschläge und steigende Meeresspiegel "elementar für Bremen", wie es Broll-Bickhardt formuliert. Dennoch: Auch in Bremen, das sein Trinkwasser überwiegend aus Verden, über den Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband und "zu zehn bis 15 Prozent" aus Bremen-Blumenthal beziehe, "wird es in Zukunft nicht immer genug Wasser in der jetzigen Qualität geben", sagt Broll-Bickhardt. "Ich spiele nicht gern die Kassandra, aber das Problem kommt auf uns zu. Wir müssen intelligenter damit umgehen, Abwasser besser reinigen und es zum Beispiel in der Landwirtschaft nutzen, statt es in die Weser einzuleiten." Recycling laute die Parole. So lasse sich die Grundwasserentnahme reduzieren.

Die sogenannte vierte Reinigungsstufe, die beispielsweise Medikamentenrückstände besser aus dem Abwasser filtern soll, sei ein wichtiger Schritt. "Damit sind wir vorn in der Branche. Bisher reden wir von Milligramm Verschmutzung pro Liter, jetzt sind wir bei Mikro- und bei Nanogramm. Dennoch, das Thema Abwasser ist nie zu Ende. Es gibt immer nur Teilerfolge. Das zu kommunizieren, ist anspruchsvoll."

Das betreffe mitunter auch Klimaanpassungsstrategien wie beispielsweise das Bremer Starkregenvorsorgeportal: "Ich bin ab und zu bei Kundenbesuchen dabei gewesen und habe festgestellt, dass auch technikaffine Menschen nicht immer ein Gefühl dafür haben, was mit ihrem Haus passiert", erzählt Broll-Bickhardt. Oft könnten schon einfache Vorkehrungen – wie etwa eine Stufe – Oberflächenwasser fernhalten. "Komplexer wird es, wenn das Wasser von unten kommt. Obwohl Eigentümer selbst verantwortlich und beispielsweise Hebeanlagen aus unserer Sicht recht einfache Anlagen sind, beschäftigen sich 99 Prozent der Menschen nicht damit."

Hansewasser bietet kostenlose Beratung an, Telefon: 0421/9881111. "Technik allein kann die Welt nicht retten", sagt Jörg Broll-Bickhardt. Aber: "Man kann auf seinem Grundstück etwas machen. Wir wollen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen."

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