Das passiere, "wenn man nicht mit den Leuten redet", sagt Hilmer Garbade, Präsident des Bremischen Landwirtschaftsverbandes, zu den Menschen auf der Kundgebung in der Überseestadt. Mit Trillerpfeifen und lautem Traktorgehupe zeigen die Anwesenden ihre Zustimmung. Garbade fehle es an Verlässlichkeit in der Politik – dass die Bundesregierung ihre Kürzungen für die Landwirtschaft teilweise zurückgenommen hat, sei dafür der beste Beweis.
Wie war die Verkehrssituation?
Wie die Polizei mitteilte, wurden bereits ab 5 Uhr morgens Knotenpunkte in Bremen blockiert, wie die Doppelkreuzung in Burglesum oder die Pfalzburger Straße. Auf- und Abfahrten der angrenzenden Autobahnen wurden zeitweise blockiert. Im Stadtgebiet waren etwa 2000 landwirtschaftliche Fahrzeuge unterwegs, "es ging im Schneckentempo durch die Stadt", sagte Nils Matthiesen, Sprecher der Bremer Polizei.
Der zwischenzeitlich von Traktoren blockierte Hemelinger Tunnel musste geräumt werden, um den Brandschutz einzuhalten. Die BSAG teilte mit, dass aufgrund der Proteste innerhalb des Bremer Stadtgebiets bei Bus und Bahn Verspätungen von bis zu 90 Minuten entstanden.
In Absprache mit Landvolkvertretern demonstrierten auch die Binnenschiffer auf der Weser. Mit sechs Fahrzeugen protestierten sie von sieben bis 15.30 Uhr, um auf die Streichung der Gasölsubventionen hinzuweisen – "damit haben wir die gleichen Probleme wie die Landwirtschaft", sagte Christian Harms, der die Demonstration leitete.
Blieben die Proteste friedlich?
"In überwiegender Mehrheit" hätten sich die Protestler kooperativ verhalten, bilanzierte die Bremer Polizei am Nachmittag. Ganz ohne Vorfälle verlief der Protest jedoch nicht: Auf der A27 behinderte ein Traktorfahrer einen Streifenwagen, der mit Alarm zu einem Einsatz fahren wollte. Gegen den Traktorfahrer wurde Anzeige erstattet. Grundsätzlich hätten sich die Landwirte "sehr kooperativ" gezeigt, sagt Nils Matthiesen von der Bremer Polizei.
Auf der B72 in Friesoythe im Landkreis Cloppenburg fuhr ein 45-jähriger PKW-Fahrer einen Veranstaltungsteilnehmer an. Wie die Polizeidirektion Oldenburg mitteilte, versuchte der Fahrer, die Blockade über den Gehweg zu umfahren. Dabei erfasste er den Fußgänger und verletzte diesen.
Der Fahrer versuchte zu fliehen, woraufhin Teilnehmer der Veranstaltung die Verfolgung aufnahmen. Polizisten konnten den Fahrer anhalten und vorläufig festnehmen. Es wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdeliktes eingeleitet, die Ermittlungen laufen. Rettungskräfte brachten den Verletzten per Helikopter in ein Krankenhaus. Zunächst hieß es, der Mann sei schwer verletzt worden. Später teilte die Polizei mit, dass er der Krankenhaus bereits am Nachmittag verlassen konnte.
In Bremerhaven soll ein Versammlungsteilnehmer durch einen Autofahrer mit einem Hammer bedroht worden sein, wie die Polizei Bremerhaven mitteilte. Ebenfalls in der Seestadt kollidierte ein Auto mit einem 22-jährigen Demonstranten, der dabei leicht verletzt wurde. Auch hier flüchtete der Fahrer vom Unfallort. Die Polizei ermittelt in den Fällen.
Wie war die Stimmung auf der Kundgebung?
Nicht nur Landwirte kamen zur Kundgebung an der Reeperbahn: "Wir erklären uns solidarisch" sagt Sandra Heinken, die im Gartenbau arbeitet. Auch sie beklagt hohe Auflagen, die die Konkurrenz mit ausländischen Betrieben erschwere. Wie die Polizei mitteilte, waren etwa 600 Menschen bei der Kundgebung. Da die Veranstaltung hybrid geplant wurde, gab es noch weitere Zuschauer, sagt Christian Kluge, Geschäftsführer beim Bremer Bauernverband: "Im Livestream auf Youtube hatten wir da in der Spitze mehr als 3000 Zuschauer."
Einige Landwirte zeigten ihre grundsätzliche Unzufriedenheit mit den Regierungsparteien: "Zieht der Ampel den Stecker", war auf mehreren Schildern zu lesen. An auffällig vielen Traktoren waren Deutschlandflaggen befestigt. Auch Anwesende, die nicht in der Landwirtschaft beschäftigt sind, zeigten sich unzufrieden mit der Ampelkoalition. Hilmer Garbade, Präsident des Bremer Bauernvereins, mahnte an, die Proteste nicht von rechten Kräften abdriften zu lassen: "Das wollen wir alle nicht."
Sind weitere Aktionen geplant?
Bundesweit hat der Bauernverband zu einer Aktionswoche aufgerufen, um gegen die Subventionskürzung zu demonstrieren, dabei geht es vor allem um die Steuervergünstigung von Agrardiesel. Christian Kluge vom Bremer Bauernverband war mit der Veranstaltung vor Ort sehr zufrieden, man habe klare Botschaften vermittelt und die Position klargemacht. "Jetzt muss für Bremen aber gut sein", sagt Kluge – in der Hansestadt seien für die kommenden Tage keine Aktionen mehr zu erwarten.