Die Verkehrssituation im Gustav-Deetjen-Tunnel ist inakzeptabel – darüber sind sich die Fachpolitiker einig. Die Wegführung sei "für einen attraktiven Fuß- und Radverkehr ungeeignet", heißt es in einer Antwort des Verkehrsressorts. Die SPD hatte um eine Einschätzung für die Verkehrsdeputation gebeten. Der Tunnel in Bahnhofsnähe ist bekanntermaßen stark frequentiert. Ausreichend Platz, so die einhellige Meinung in der Deputation am Donnerstag, sei nicht vorhanden. In der Unterführung teilen sich Fußgänger und Radfahrer einen etwa zwei Meter breiten Weg. Überholvorgänge sind kaum möglich, und vor allem für den Fußverkehr stellt sich die Situation laut Verkehrsressort "extrem unwirtlich" dar.
SPD-Verkehrspolitikerin Anja Schiemann bezeichnete den Tunnel als "neuralgischen Punkt". Sie traue sich nicht, dort auf dem Rad zu bleiben, weil sie keine Fußgänger gefährden wolle. Neu ist das Problem nicht: Seit Jahrzehnten werde darüber diskutiert, sagte Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne). In der Antwort macht ihr Ressort deutlich, dass eine umfassende Besserung nicht in Sicht ist. Die Deutsche Bahn als Eigentümerin plane in den nächsten Jahren keine grundlegende Sanierung oder Erneuerung der Anlage. Heißt: Mehr Platz wird es nicht geben – allenfalls kann der vorhandene Platz neu verteilt werden.
Das Grundproblem werde man nicht lösen können, sagte Rick Graue, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr. Den Autoverkehr aus dem Tunnel zu nehmen und somit mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen, schließt das Verkehrsressort aus. Der Verkehr würde sich der Antwort zufolge "unverträglich" verlagern – zum Beispiel in den Findorfftunnel oder den Friedenstunnel. Die Autos auf der ÖPNV-Trasse fahren zu lassen, lehnen die Verantwortlichen ebenfalls ab. Derzeit passieren nach Behördenangaben pro Fahrtrichtung jede Stunde 64 ÖPNV-Fahrzeuge den Tunnel. Nutzten Autos diese Trasse mit, würde die Leistungsfähigkeit des ÖPNV gefährdet.
"Es geht darum, die am wenigsten schlechte Lösung zu finden", sagte Falk Wagner (SPD). Für ihn bedeutet das, den Radverkehr auf die Autospur zu verlagern. Graue wiederum verwies auf Konflikte, die sich daraus ergeben könnten – zum Beispiel würden Radfahrer seiner Einschätzung nach in einem Stau doch wieder auf den Gehweg oder die ÖPNV-Spur ausweichen. Auch der Grünen-Politiker Ralph Saxe sprach sich gegen eine solche Lösung aus. Der ADFC hätte ebenfalls Bedenken, so Saxe. Geklärt werden müsste auch, wie der Verkehr vor und nach dem Tunnel vom Fahrradweg auf die Autospur beziehungsweise wieder zurückgeleitet werden könnte. Man könne schließlich nicht einfach den Bordstein herunterfahren, merkte Hartmut Bodeit (CDU) an.
Was bleibt also übrig? Denkbar sind Verbesserungen, die nicht die Verkehrsführung selbst betreffen. Saxe sprach sich für ein neues Beleuchtungskonzept im Tunnel aus. Zudem schlug er vor, die Parkplätze vor der ehemaligen Post zu entfernen und den Radweg so zu verlegen, dass man die Unterführung nicht mehr aus einer Kurve heraus ansteuern muss. "Dann könnte man zumindest sehen, was im Tunnel los ist", so Saxe.