Aufgeplatzter Asphalt, Spurrillen und sich lösender Belag. Clemens Knüppel fallen diverse Straßen in Bremen ein, die marode und sanierungsbedürftig sind. "Es gibt aber eine Straße, die nach jedem Winter für ein Jahr geflickt wird", sagt Knüppel. Dabei handele es sich um die Hospitalstraße. Vor allem der Bereich aus Rekum kommend in Richtung Schwanewede sei betroffen. "Die Schlaglöcher sind teilweise so tief, dass man regelrecht in die Fahrbahn eintaucht", sagt er. Für Motorräder oder Fahrradfahrer, die mitunter auch wegen des fehlenden Radwegs auf der Straße unterwegs sind, bestehe ein hohes Sturzrisiko. Die Straße werde von zahlreichen Lastwagen genutzt. Dementsprechend seien die "Flickschustereien nur von kurzer Dauer". Es ist nur ein Beispiel von vielen. Bei einer Umfrage des WESER-KURIER in den sozialen Netzwerken haben Leser weitere Straßen genannt: die Anna-Stiegler-Straße in Kattenturm, der Bereich zwischen Mercedes und Neue Vahr Nord, die Bürgermeister-Spitta-Allee oder die Oberneulander Landstraße – kaputt, marode und sanierungsbedürftig.
2021 sind bislang 13.892 Schäden vom Amt für Straßen und Verkehr (ASV) erfasst worden. Die Berichterstattung des WESER-KURIER über die marode Infrastruktur nahm die FDP-Fraktion zum Anlass für eine Aktuelle Stunde. In der Bremischen Bürgerschaft diskutierten die Verkehrspolitiker am Dienstag über die Gründe für Schlaglöcher und marode Straßen. Die Positionen im Überblick.
Thore Schäck (FDP): "Bremens Straßen sind in einem fragwürdigen Zustand", sagte der FDP-Politiker. Wenn er sich die Zahlen anschaue, gebe es an jeder Straße mindestens drei Schäden. Das sei für Bremen "komplett unwürdig". Eine gute Infrastruktur sei nicht nur für den Autoverkehr wichtig, sondern auch für den Rad- und Fußverkehr sowie den ÖPNV. Mit den derzeit in den Haushalt eingestellten Geldern werde sich der Zustand weiter verschlechtern. Die FDP-Fraktion werde jede Menge Änderungsanträge für den Haushalt vorlegen. "Allein unsere Anträge für den Bereich Bau und Verkehr umfassen rund 80 Millionen Euro, die wir dort frei machen, um damit andere Dinge zu finanzieren", sagte Schäck. Ein großer Teil davon solle in den Verkehr reinvestiert werden, damit es mehr Geld für den Erhalt als für den Neubau gebe.
Hartmut Bodeit (CDU): Der Etat für die Straßenerhaltung sei zwar erhöht worden, doch das reiche nicht, sagte der CDU-Abgeordnete. "Wie wollen Sie den Sanierungsstau beheben?", fragte Bodeit in Richtung der Regierungskoalition. Er appellierte, dass man das Thema "mit aller Kraft" angehen solle. Es sei auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Irgendwann müssten die Jüngeren die Kosten für die kaputte Infrastruktur zahlen. Deswegen hoffe er, dass das Thema nicht verschleppt und eine Strategie entwickelt werde. Der Verschleiß der Bestandsinfrastruktur vernichte gesellschaftliches Vermögen.
Ralph Saxe (Grüne): Es sei klar, dass Bremen bei der Sanierung der Straßen eine Mangelverwaltung betreibe, betonte der Verkehrsexperte. Doch dieses Problem hätten nahezu alle Kommunen in Deutschland. "Es muss einen bundesweiten Rettungsschirm geben", forderte Saxe. Nur so könne man marode Brücken für Autos und Eisenbahnen sowie die Straßen nachhaltig sanieren. "Wir fahren auf Verschleiß", so Saxe. Doch das sei auch ein selbst gemachtes Problem, durch immer mehr und schwerere Fahrzeuge – oder durch Milliarden Pakete, die jedes Jahr durch den Online-Handel bundesweit transportiert würden. Im Gegensatz zum Fuß- und Radverkehr werde immer noch der Autoverkehr subventioniert. Das müsse geändert werden.
Anja Schiemann (SPD): "Wir brauchen mehr Investitionen in die Infrastruktur durch Bund und Länder", sagte die SPD-Politikerin. Sie verwies auf bereits sanierte Straßen in Bremen, auf den erhöhten Etat für den Fuß- und Radverkehr sowie Millionen Euro für die Straßen. Wichtig sei der Ausbau des ÖPNV in die innenstadtfernen Stadtteile und Quartiere, um den Autoverkehr zu reduzieren.
Ralf Schumann (Linke): Man müsse genau abwägen, wo das Geld gebraucht werde, sagte der Linken-Politiker. Es fehlten Staatsanwälte und Polizisten, die Schulen müssten saniert werden, da habe die Infrastruktur nicht die oberste Priorität. Zudem sei der Etat für die Sanierung der Straßen erhöht worden. "17 Millionen Euro sind viel Geld", so Schumann. Die Verkehrswende sei wichtig, um den Verschleiß der Straßen zu mindern.
Maike Schaefer (Grüne): Für die Jahre 2021 (16 Millionen Euro) und 2022 (17 Millionen Euro) habe das Verkehrsressort jeweils eine Million Euro draufgepackt, um die Straßen zu sanieren, sagte die Verkehrssenatorin. Die maroden Straßen seien ein bundesweites Problem. "Der Bund hat eine große Verantwortung, den Kommunen zu helfen", betonte Schaefer. Der Schlüssel, um den Verschleiß der Infrastruktur zu stoppen, sei die Verkehrswende. Alle seien gefragt, diese umzusetzen. Dafür müsse der ÖPNV ausgebaut und mit einem attraktiven Ticketsystem ausgestattet werden. Zudem müsse der Fuß- und Radverkehr stärker gefördert werden.