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Klinikum Links der Weser Bremer Kliniken brauchen mutige Entscheidungen

Die Debatte um das Klinikum Links der Weser zeigt: An einer Neuaufstellung der Krankenhauslandschaft führt kein Weg vorbei. Die Politik darf sich dabei nicht hinter Gutachtern verstecken, meint Jürgen Theiner.
23.12.2021, 05:00 Uhr
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Bremer Kliniken brauchen mutige Entscheidungen
Von Jürgen Theiner

Wie viele Krankenhäuser braucht Bremen? Auf diese Grundsatzfrage lässt sich zuspitzen, was gerade im Zusammenhang mit dem Klinikum Links der Weser (LdW) diskutiert wird.

Im Stadtgebiet gibt es gegenwärtig zehn Kliniken. Neben den vier Häusern des kommunalen Verbundes Gesundheit Nord (Geno) bieten mit Diako, St.-Joseph-Stift, Rotes-Kreuz-Krankenhaus und Roland-Klinik vier gemeinnützige Träger ihre Dienste an, darüber hinaus die beiden privaten Häuser Paracelsus und Ameos. Wirtschaftlich herausfordernd sind die Zeiten für alle, am schwierigsten aber für die Geno-Häuser – auch weil sie eine Grundversorgung in allen medizinischen Disziplinen sicherstellen müssen, während andere Kliniken nur Teile des Spektrums abdecken.

Parallel hat bereits vor Jahren ein Strukturwandel in der Krankenhauswirtschaft eingesetzt. Früher stationär erbrachte Leistungen erfolgen in steigendem Maße ambulant, zudem geht die durchschnittliche Verweildauer von Patienten im stationären Bereich zurück. ambulant, zudem geht die durchschnittliche Verweildauer von Patienten im stationären Bereich zurück.

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Eines lässt sich also absehen: Von den aktuell 2434 stationären Planbetten des Geno-Verbundes wird ein Teil langfristig nicht mehr gebraucht. Dass in diesem Zusammenhang das Klinikum Links der Weser ins Blickfeld gerät, hat einen konkreten Grund. Es ist schlicht das sanierungsbedürftigste Haus unter den vier stadteigenen Krankenhäusern. Während an den Standorten in Mitte, Nord und Ost teils umfangreich investiert wurde, rottete das Bettenhaus in Kattenturm vor sich hin.

Die konkrete Chance, diesen Standort zu retten und mit einem geschärften medizinischen Profil neu aufzustellen, ließ der Senat bislang verstreichen. Ein international agierender Elektronikkonzern mit großer Medizintechniksparte hatte angeboten, das Klinikum für rund 200 Millionen Euro als Herz- und Gefäßzentrum neu zu bauen und an eine Betreibergesellschaft mit der Geno als Hauptpartner zu vermieten. Statt eine solche Option ernsthaft zu prüfen, ließen Geno und Gesundheitsbehörde den Anbieter so lange im Unklaren, bis sich die Sache von selbst erledigt hatte.

Ein solches Verhalten kann sich eigentlich nur leisten, wer selbst genügend Geld für einen Neubau hat. Doch das können weder die mit hohen Verbindlichkeiten belastete Geno noch der Senat von sich sagen. Das Land Bremen muss ab 2024 wieder die Schuldenbremse einhalten und wird zu einem strikten Sparkurs gezwungen sein. Für einen Klinikneubau – auch in kleinerem, den Bedürfnissen angepassten Maßstab – ist kein Cent übrig.

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Das wissen natürlich auch die führenden Akteure im Rathaus und in der Gesundheitsbehörde. Wenn jetzt dennoch gut 200.000 Euro für einen Gutachter ausgegeben werden sollen, der neben verschiedenen Neubauvarianten auch eine Null-Lösung prüft – also den Verzicht auf das LdW – dann beweist das nur eines: Man hat nicht den Mumm, unbequeme Wahrheiten selbst auszusprechen, sondern hat vor, sich hinter den Aussagen von Experten zu verstecken. Man hat Angst vor der Opposition in der Bürgerschaft und den Beiratspolitikern im Bremer Süden, die sich natürlich empören, wenn ihnen „ihr“ örtliches Krankenhaus weggenommen werden soll.

Dabei wäre eine Versorgung der südlichen Bremer Stadtteile durch das Klinikum Mitte (KBM) immer noch sehr wohnortnah. Die meisten Bundesbürger sind froh, wenn sie im Umkreis von 20 Kilometern um ihren Wohnort ein simples Kreiskrankenhaus vorfinden, das nicht annähernd das medizinische Leistungsniveau des KBM erreicht. Von Kattenturm bis zur Sankt-Jürgen-Straße sind es ungefähr acht Kilometer.

Es ist leider nicht zu erwarten, dass nach Vorlage des Gutachtens Mitte 2022 noch eine rationale Entscheidung zur Zukunft des LdW und damit auch der Geno insgesamt getroffen wird. Die Bürgerschaftswahl 2023 ist dann schon in Sichtweite, und kein Politiker traut sich in einer solchen Situation noch, das Sterbeglöcklein für ein Krankenhaus zu läuten.

Nach der Wahl ist Aussitzen allerdings keine Option mehr. Die Geno wird in ihrer jetzigen Struktur zu einer immer größeren Last für den städtischen Haushalt. Die Zuschüsse in zweistelliger Millionenhöhe, die Bremen jährlich zahlen muss, fehlen an anderer Stelle. Eine verantwortungsvolle Politik wird Antworten finden müssen, auch wenn die nicht jeder hören will.

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