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Neues Forum des Bundestages Was eine Bremerin im Bürgerrat Ernährung bewirken will

Nicola Wilkeit ist politisch nicht aktiv. Doch als die Bremerin eine Einladung für den Bürgerrat Ernährung bekam, hat sie zugesagt. Über ihre Motive hat sie mit uns gesprochen.
19.10.2023, 05:01 Uhr
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Was eine Bremerin im Bürgerrat Ernährung bewirken will
Von Marc Hagedorn

Der Nutri-Score zum Beispiel. Eigentlich soll er Orientierung beim Einkauf von Lebensmitteln bieten. „Aber wenn ich nur mal das Kakaopulver von Nesquik nehme“, sagt Nicola Wilkeit, „in meiner Wahrnehmung ist das eine Süßigkeit.“ Der Nutri-Score auf der Nesquik-Verpackung jedoch weist den Inhalt mit einem B aus, das ist auf der fünfstufigen Skala die zweitbeste Bewertung. Wie passt das zusammen?

Nicola Wilkeit aus Findorff gehört zu den 160 Mitgliedern im neuen Bürgerrat Ernährung. Die Wilkeits sind eine Familie mit Essgewohnheiten, wie sie Millionen andere in Deutschland auch haben. Wenn es nach ihrer Tochter gehe, sagt Wilkeit, könne es jeden Tag Pizza geben. Ihr Sohn esse am liebsten Nudeln und gerne Fleisch. Sie selbst mag die Indische Küche und legt generell Wert auf Abwechselung.

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Ernährung, sagt Wilkeit, sei ein wichtiges und allgegenwärtiges Thema, „schließlich muss jeder Mensch essen“. Zu kurz kommt ihr dagegen die bewusste Auseinandersetzung damit. Sich selbst nimmt die 51-Jährige dabei nicht aus. Sie arbeitet als IT-Administratorin, der Alltag ist eng getaktet, „da bleibt oft nicht die Zeit, um sich viele Gedanken ums Essen zu machen oder stundenlang am Herd zu stehen“, sagt sie. Umso wichtiger sind ihr ein paar grundlegende Aspekte der Ernährung. Zum Beispiel die Lebensmittelkennzeichnung.

Der Nutri-Score bewertet den Nährwert eines Produktes, von A wie ausgewogen bis E wie einseitig. Was man aber auch wissen sollte: Der Nutri-Score ist eine freiwillige Kennzeichnung, und er weist keine Nährstoffe einzeln aus. Die Verbraucherzentralen fordern außerdem eine deutlich strengere Bewertung des Zuckergehalts in den Produkten. Dazu kommt: „Der Nutri-Score ist ja längst nicht das einzige Siegel, das es auf Verpackungen gibt“, sagt Wilkeit.

AMA-Biosiegel, AGR-Gütesiegel, „Für mehr Tierschutz“, Pro Weideland, Fair Trade, MSC, QS, DLG und, und, und – wer weiß schon, was genau dahinter steckt. Deshalb will sich Wilkeit im Bürgerrat für eine Kennzeichnung von Lebensmitteln einsetzen, die überschaubar, verlässlich und nachvollziehbar ist. Was am Ende dabei herauskommt? „Das wird man sehen“, sagt sie, „wir diskutieren das ergebnisoffen.“

Bis der Rat Ende Februar ein Gutachten an den Bundestag übergibt, wird sich Wilkeit in regelmäßigen Abständen noch ein paar Mal digital und vor Ort in Berlin mit anderen Bürgern austauschen; darunter Veganer und Vegetarier, Müsli-Esser und Sonntagsbratenliebhaber. Außer um die Lebensmittelkennzeichnung wird es um das Thema Tierwohl und die Erschwinglichkeit von Lebensmitteln gehen.

Wichtig ist Wilkeit, dass sie niemandem vorschreiben will, was er zu essen hat. „Ich habe zum Beispiel nichts dagegen, Fleisch zu essen“, sagt sie, „aber wenn man Tiere dafür schlachtet, sollten sie tiergerecht gehalten werden, und dazu gehören auch kurze Transportwege.“

Wir waren erfolgreich, wenn die Politik am Ende erkennt, dass es sich lohnt, den Bürgern zuzuhören.
Nicola Wilkeit

Als vor einigen Wochen die Einladung zur Teilnahme am Bürgerrat Ernährung in ihrem Briefkasten lag, habe sie mit einer Zusage zunächst gezögert, sagt sie. Sie sei politisch nicht aktiv, weder in der Elternarbeit an der Schule, noch in der Kommunalpolitik vor Ort. „Was soll ich groß beitragen, habe ich mich gefragt“, sagt sie. Nach einer Bedenkzeit und etwas Bearbeitung durch ihre Kinder habe sie schließlich zugesagt. Und nach der Auftaktveranstaltung in Berlin steht für sie fest: „Es hat sich jetzt schon gelohnt.“ Der Austausch sei spannend und eine Bereicherung gewesen. „Und wir tragen als Bürgerrat ja auch eine Verantwortung“, sagt sie, „wir waren erfolgreich, wenn die Politik am Ende erkennt, dass es sich lohnt, den Bürgern zuzuhören.“

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