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Lingustik-Professor Peter Schlobinski gibt Kindern im Übersee-Museum einen Einblick in die komplexe Struktur der Sprache Chinesen begrüßen sich mit „Ni hao“ – „Du gut“

Bahnhofsvorstadt. „Was ist denn eigentlich Sprache?“ So lautete der Titel der jüngsten Wissensreise, die Professor Peter Schlobinski von der Leibniz-Universität Hannover mit Kindern im Alter von sieben bis zwölf Jahren im Übersee-Museum unternahm.
08.06.2015, 00:00 Uhr
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Von Sigrid Schuer

„Was ist denn eigentlich Sprache?“ So lautete der Titel der jüngsten Wissensreise, die Professor Peter Schlobinski von der Leibniz-Universität Hannover mit Kindern im Alter von sieben bis zwölf Jahren im Übersee-Museum unternahm.

Der Experte für germanistische Linguistik ging zunächst auf Ausdrucksformen in verschiedenen Sprachen ein. „Hallo, wie geht’s?“ heißt es in Deutschland. In den USA dagegen: „Hi, how are you?“ „In Berlin, wo ich ursprünglich herkomme, begrüßt man sich mit ,Juten Tach, wie jeht’s?’ oder in München in bayerischer Mundart mit ,Grüß Gott, wie schaut’s aus?’“, sagte Schlobinski. Die Chinesen begrüßen sich dagegen mit der „Guten Tag“-Formel „Ni hao“, was so viel heißt wie „Du gut“.

Anschließend gab der Professor den Kindern einen Crashkursus in chinesischen Schriftzeichen. Englisch und Chinesisch sind auf der Welt die am häufigsten gesprochenen Sprachen. Chinesisch ist sogar die meistgesprochene Muttersprache der Welt. Und es ist mit seiner Entstehungszeit vor 1 700 Jahren eine der ältesten Sprachen überhaupt. Die Buchstaben im Chinesischen setzen sich aus plastisch gemalten Schriftzeichen zusammen. Erschwerend hinzu komme, dass je nach Betonung und Lautstruktur die Worte im Chinesischen ganz unterschiedliche Bedeutungen haben können. „Das ist sehr komplex“, betonte der Professor. Deutsch sei im Vergleich mit dem Chinesischen eine relativ junge Sprache, die erst vor 1200 Jahren entstanden sei. „Das Lateinische spielte eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des Deutschen“, erklärte er auf Nachfrage.

Die meisten Sprachen, nämlich 2060, werden in Afrika gesprochen. Die Ur-Sprache sei ebenfalls in Afrika, der Wiege der Menschheit, entstanden. Auf Nachfrage erläuterte Schlobinski, dass unterschiedliche Sprachen dadurch entstanden seien, dass sich aus der Ursprungssprache immer neue Worte entwickelten. Die Ursprache sei vor 200 000 Jahren dadurch entstanden, dass sich die Urmenschen auf der Jagd zunächst nur über Laute verständigt hätten.

3000 Sprachen sind Schlobinski zufolge noch unerforscht. „Außerdem haben alle Sprachen einen A-Laut, Silben sowie Wörter, die Handlungen ausdrücken wie essen, lachen oder lernen“. Diese rhythmische Silbenstruktur erforschte Schlobinski mit den Kindern mit einer Klatschprobe. Dann fragte er nach zusammengesetzten Worten. Die Antworten kamen prompt: Apfelbaum, Haustier, Hausaufgabe. Noch eines haben alle Sprachen gemein: „Man kann in allen Sprachen Sätze bilden“, sagte Schlobinski. Normalerweise würde darin gesprochen und geschrieben werden. Was die jungen Zuhörer überraschte: „In den meisten Sprachen der Welt wird nicht geschrieben“, verriet Schlobinski. Indes sei Kommunikation nur über Sprache möglich. „Durch Sprache tauschen wir Ideen und Gedanken aus“, erklärte der Liguistik-Professor.

Aber wie können sich Tiere über Sprache artikulieren? Von Fischen heiße es ja immer, sie seien stumm. „Hunde haben ihre eigene ,Sprache’, indem sie bellen oder mit dem Schwanz wedeln“, sagte der Professor. Affen könnten Sprache ansatzweise verstehen und anwenden, wie ein Schimpansen-Vorzeige-Exemplar namens Kansi zeige. So bilde Kansi Sätze, indem er auf Gegenstände zeige, die auf Bildern aufgemalt seien, etwa mit dem Ergebnis: „Tu’ die Orange in den Kühlschrank“. Auf diese Weise könne er sich mit Menschen verständigen. „Das Gehirn ist wie ein kleiner Computer im Kopf“, erläuterte der Sprachforscher. Das Gehirn des Menschen verfüge über ein viel größeres Sprachzentrum als das des Affen, das nur erbsengroß sei. Die Sprache habe sich erst ausgebildet, als Menschen sich vom Affen abgesetzt hätten und im Vergleich mit den Affen klug geworden seien. Ein Baby verständige sich zunächst dadurch, dass es zu schreien beginne. Der erste Laut, der geäußert werde, sei ein A, mit dessen Hilfe dann eines der ersten Wörter überhaupt geformt werde: „Mama“. Das Schreiben lernen die Kindermeist, bevor sie eingeschult werden.

Einen besonderen Schrifttypus stellte Schlobinski mit der ebenso schwer entzifferbaren wie komplizierten Bilderschrift der Maja in Mexiko vor, die lange unentschlüsselt blieb.

Im Anschluss an die Wissensreise gab es für die Kinder noch allerlei zu bestaunen – wie chinesische Schulhefte, die nicht liniert sind, sondern in denen sich Kästchen für die Schriftzeichen befinden, außerdem ein Kalligrafie-Pinsel und eine Ausgabe von „Harry Potter“ auf Chinesisch.

Die nächste Wissensreise wird am Sonnabend, 20. Juni, um 15 Uhr im Übersee-Museum veranstaltet. Die Meeresforscherin Karin Boos vom „Marum“ an der Uni Bremen berichtet dann über „Die spannende Welt der Schlangensterne“. Anmeldungen unter Telefon 16 03 81 78. Der Eintritt kostet zwei Euro, für Mitglieder des Maki-Kinderclubs ist er frei.

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