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Viertel-Händler im Interview „Der Chef fällt durchs Raster“

Kleine Unternehmer erhalten vom Staat keinen Ausgleich für den Verlust durch den Corona-Lockdown. Händler Norbert Caesar warnt davor, dass viele nicht wieder öffnen könnten.
07.02.2021, 21:36 Uhr
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„Der Chef fällt durchs Raster“
Von Michael Brandt

Herr Caesar, Sie sagen, dass es vielen Ihrer Kollegen derzeit schlecht geht und dass dies auch am Thema Unternehmerlohn liegt. Worum geht es dabei?

Norbert Caesar: Wenn man abhängig beschäftigt ist, bekommt man Ende des Monats sein Gehalt ausgezahlt. Bei Einzelunternehmen oder Personengesellschaften wird den Inhabern kein Gehalt gezahlt. Sie haben Anrecht auf den Gewinn, den sie in Teilbeträgen monatlich entnehmen. Dieser Unternehmerlohn ist ihr Gehalt. Mitarbeiter können in Kurzarbeit gehen, der Chef fällt durchs Raster, sein Gehalt wird nicht ausgeglichen, er muss von seinen Rücklagen leben oder Hartz IV beantragen. Es gibt für private Unternehmer während des Lockdown keinen Verlustausgleich. Und das thematisiert niemand.

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Wie sieht das in Ihrem Geschäft aus?

Ich führe mein Geschäft als Inhaber einer GmbH und habe gegenwärtig kein Anrecht auf Unterstützung. Ich zahle mir normalerweise ein Gehalt, aber im Moment hat der Betrieb keine Einnahmen – bis auf fünf oder zehn Prozent über Online-Besteller – und kann mir kein Gehalt zahlen. Die übrigen Kosten, die ein Betrieb hat, könnten zum Teil über Überbrückungsgeld III ausgeglichen werden. Aber die Plattform für die Hilfe ist noch nicht freigeschaltet. Frühestens Mitte Februar können die Anträge gestellt werden. Ende März erwarte ich die ersten Auszahlungen. So lange leben die Unternehmer von ihrer Substanz.

Wie geht es Ihren Kollegen?

Die meisten reden darüber nicht. Ich war Teilnehmer einer Gesprächsrunde zu diesem Thema. Dabei hat ein Beteiligter gesagt, dass er Hartz IV beantragt hat. Er hat keine Unterstützung bekommen, weil er eine Altersversorgung hatte. Ich habe vor einiger Zeit auch mit einer Friseurin gesprochen, die schon im ersten Lockdown Hartz IV beantragt hatte. Auch sie erhielt keine Unterstützung. Wir als Interessengemeinschaft „Das Viertel“ haben eine Befragung im Januar gemacht. Dabei haben 25 Prozent der Befragten gesagt: Wir werden das nicht überleben. Jetzt hat die Handelskammer von 40 Prozent gesprochen.

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Was fordern Sie?

Die Hilfen für Einzelunternehmen müssen schnell und unkompliziert ausgegeben werden. Der Unternehmerlohn muss dabei eingerechnet werden. Sonst geht bei vielen Geschäften und Dienstleistern das Licht nicht wieder an.

Das Gespräch führte Michael Brandt.

Zur Person

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Norbert Caesar

ist Inhaber eines Einzelhandelsgeschäftes im Ostertor. Er ist außerdem Vorstand der Interessensgemeinschaft „Das Viertel“.

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