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Corona-Kontaktnachverfolgung Gesundheitsämter gehen eigene Wege

Wenn es nach der Kanzlerin geht, sollten alle Gesundheitsämter in Deutschland mit einer einheitlichen Software arbeiten. Die Landkreise gehen aber lieber eigene Wege.
07.02.2021, 21:26 Uhr
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Gesundheitsämter gehen eigene Wege
Von Marc Hagedorn

Bremen/Hannover. Die Digitalisierung in den deutschen Gesundheitsämtern macht Fortschritte. Das ist die gute Nachricht. Allerdings gehen die Kommunen dabei eigene Wege und arbeiten nicht wie von der Bundesregierung gewünscht mit einer einheitlichen Software zum Beispiel bei der Kontaktnachverfolgung. Bremen, Bremerhaven und der Landkreis Rotenburg etwa setzen auf die vom Bund empfohlene Software namens Sormas. Die Stadt Delmenhorst und die Landkreise Verden, Osterholz, Oldenburg-Land und Diepholz dagegen nutzen andere Systeme.

Die Bundeskanzlerin hält das für keine gute Lösung. „Ein bundeseinheitlicher Ansatz wäre hier schon gut“, sagte Angela Merkel (CDU) erst vor Kurzem. Ansonsten werde die Weiterentwicklung des Systems in den nächsten Monaten „nie harmonisch“ sein, weil es zu unterschiedlichen Ent­wick­lungsstufen bei der Software und den Schnittstellen komme. Sie erwartet deshalb nun eine Installation von Sormas in allen Gesundheitsämtern bis Ende Februar, so ist es auf der Konferenz mit den Ministerpräsidenten verabredet worden.

Sormas steht für Surveillance Outbreak Response Management Analysis System. Die Software soll es erleichtern, Kontakte nachzuverfolgen, Symptome zu dokumentieren und diese Daten über Landkreisgrenzen hinweg zu teilen. Sormas wurde vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung im Jahr 2014 entwickelt, um das Ebola-Virus in Westafrika zu bekämpfen. Eine speziell auf die Corona-Pandemie zugeschnittene Version gibt es seit mehreren Monaten.

Die Zeiten, in denen Excel-Tabellen ausgedruckt wurden, Listen handgeschrieben auf Papier per Fax übermittelt und anschließend händisch in den Computer eingetippt wurden, sind in vielen Fällen zwar vorbei. Aber wenn Gesundheitsämter nicht direkt miteinander vernetzt sind, weil sie unterschiedliche Programme nutzen, bedeutet das im Ernstfall doch wieder zusätzliche Arbeit und eine gesonderte Übermittlung etwa via E-Mail oder per Anruf. Auch manche Labore faxen ihre Ergebnisse immer noch an die Gesundheitsämter.

Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) hatte im August angekündigt, dass bis Jahresende alle Gesundheitsämter mit dem neuen IT-System Sormas ausgestattet sein sollten. Rund eine Million Euro hatte das Land dafür zur Verfügung gestellt. Tatsächlich arbeitet heute bundesweit gerade einmal jedes dritte Gesundheitsamt mit Sormas.

Viele Ämter waren zu Beginn der Pandemie von sich aus tätig geworden. Hamburg etwa hatte eigenständig ein Programm namens Hamburger Pandemiemanager entwickelt, mit dem die Behörde bis heute arbeitet. Mikado heißt eine Software, die aus Kaiserslautern stammt und in Rheinland-Pfalz eingesetzt wird, aber zum Beispiel auch in Delmenhorst und in den Landkreisen Diepholz und Verden genutzt wird.

„Beim Fachdienst Gesundheit ist die Software Sormas noch nicht installiert und wird auch nicht eingesetzt“, sagt Timo Frers, Sprecher der Stadt Delmenhorst. Man nutze seit Oktober Mikado und sei „sehr zufrieden“ damit. Die Kontaktverfolgung sei mit dem jetzigen System „durchgängig möglich“. Eine Umstellung auf Sormas würde einen Rückschritt bedeuten, heißt es. Mikado verfüge über „arbeitserleichternde Schnittstellen, die in Sormas nicht vorhanden sind“. Mikado besitzt zum Beispiel die Schnittstelle zur Software Survnet, mit der Daten erfasst und ans Robert-Koch-Institut übermittelt werden. Allerdings arbeitet Sormas an einer neuen Version.

Auch der Landkreis Diepholz sieht keinen Anlass, auf das von der Bundesregierung empfohlene System umzuschwenken. „Wir haben ein funktionierendes Produkt“, sagt Mareike Rein, Sprecherin des Landkreises. Alle Mitarbeiter seien darauf geschult. Eine Umstellung mitten in der Pandemie würde eine erneute Umschulung und eine zusätzliche Belastung für die ohnehin schon sehr geforderten Mitarbeiter bedeuten.

Der Landkreis Rotenburg dagegen nutzt Sormas seit November. Die Einführung, so heißt es, habe in einer Phase mit sehr hohem Fallaufkommen stattgefunden. Für die Mitarbeiter sei das eine große Herausforderung gewesen, nach zwei Wochen jedoch hätten sich alle in das neue System eingefunden. „Insgesamt ist der Landkreis sehr zufrieden“, sagt Sprecherin Christine Huchzermeier.

Der Landkreis Verden arbeitet aktuell mit Mikado, testet parallel aber eine Version von Sormas. Ob man umstellt? Vom Landkreis heißt es: „Die Vorteile von Sormas kommen nach Ansicht des Gesundheitsamtes des Landkreises Verden nur zum Tragen, wenn tatsächlich alle oder fast alle Landkreise und Bundesländer diese Software nutzen und die Verknüpfung untereinander gelingt.“ Wovon bisher nicht die Rede sein kann.

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