Dampf steigt auf. Wie kleine Kristalle glitzern die Wassertropfen auf dem Filz. Der Stoff liegt auf einem Metallstiel, aus dem der Wasserdampf kommt. „Wenn es schön heiß und feucht ist, lösen sich die Schwefelverbindungen und der Hut lässt sich in Form ziehen“, sagt Kay Schmitz. In ihrem Geschäft Hats on Stage kreiert die Modistin Kopfbedeckungen aller Art.
- Hier finden Sie weitere Fotoreportagen des WESER-KURIER
Etwa zehn bis 20 Hüte pro Monat stellen sie und ihr Mann sowie Geschäftspartner Marcus Pick her. Darunter auch viele Kopfbedeckungen für die große Bühne. Damit fing vor 17 Jahren alles an. Die beiden wollten Hüte für das Theater machen. Mit der Zeit kamen aber immer mehr Privatkunden, fragten nach individueller Kopfbedeckung. Schmitz ist Meisterin ihres Fachs. Sie ist gelernte Modistin, also spezialisiert auf Damenhüte, fertigt aber auch Mode für Herren: „Ich finde es ganz großartig, dass junge Männer jetzt mehr Hüte tragen.“
Wenn es schnell geht, braucht Schmitz zweieinhalb Stunden für einen Hut, oft sind aber auch mehrere Tage nötig. „Gerade die Theaterproduktionen sind aufwendig“, sagt sie. Da entsteht meist zunächst ein Prototyp. Dann folgt die Abstimmung mit den Künstlern. „Man muss auch die Bewegung ausprobieren.“ Trotz opulenten Kopfschmucks darf es nicht zu einer Herausforderung werden zu tanzen oder zu singen.
Kay Schmitz
Mit einem lauten Zischen drückt Schmitz das Bügeleisen auf den kleinen Lappen, den sie vor den Hut hält. Der Hut sitzt mittlerweile auf einem Holzkopf. Schmitz setzt ihm einen Metallkranz auf und steckt diesen mit Heftzwecken fest, damit der Stoff sich nicht zurückzieht. „Wir machen alles von Hand im Gegensatz zu einer Fabrik“, sagt Pick. Während Schmitz die Falten aus dem Hut streicht und die Krempe in Form zieht, schneidet er ein Stück Stoff zurecht. Pick kommt nicht aus dem Handwerk, sondern ist gelernter Kaufmann. Bei Hats on Stage übernimmt er trotzdem viele handwerkliche Aufgaben, wie den Zuschnitt der Stoffe. Und er kümmert sich um den kaufmännischen und organisatorischen Teil des Geschäfts. Schmitz arbeitet konzentriert weiter. Damit der Filz geschmeidig bleibt, nimmt sie immer wieder das Bügeleisen zur Hand.
Einige der Privatkunden gönnen sich einmal im Leben einen handgefertigten Hut, andere kommen regelmäßig. Einige Stammkunden suchen sich einen Hut passend für jedes Outfit aus, erzählt Pick. „Das macht so viel Spaß. Gestern war die Dame der gehobenen Gesellschaft da, heute der Rocker“, sagt Schmitz.
Die Nähmaschine funktioniert auch ohne Strom
Neben dem Dampfgerät und dem Tisch für den Zuschnitt ist natürlich die Nähmaschine zentral für die Arbeit der Hutmacher. Das Exemplar von Schmitz ist bereits 60 Jahre alt. „Sie muss alles Mögliche bei mir nähen, das macht sie sehr artig“, sagt die Meisterin. Ratter, ratter, ratter. Blitzschnell bewegt sich die Nadel. „Sollte der Strom ausfallen, können wir trotzdem nähen“, sagt Schmitz, „wir können dann auf das Pedal umrüsten.“
Verkaufsraum und Atelier im Viertel sind in einem Raum, getrennt durch ein Regal voller halb fertiger Hüte, Holzköpfe und Materialien. Im Verkaufsraum stehen die fertigen Modelle – auf einem Brett fast unter der Decke die Kunstprojekte und Prototypen aus Theaterproduktionen. So auch ein aufwendig gestalteter weißer Hut aus Kordeln. Etwa 100 Meter Kordel haben sie dafür verarbeitet. Die Kopfbedeckung ist ein Prototyp für das Musical „Hercules“ in Hamburg. Schmitz und Pick produzieren deutschlandweit: Zu den Kunden gehörten bereits die Semperoper, das Staatstheater Stuttgart, aber auch Flo Mega.

Kay Schmitz ist Modistenmeisterin, fertigt mittlerweile aber auch Mode für Herren.