Das wäre doch was, ein großer Wunsch: Die Untere Rathaushalle, Teil des Bremer Welterbes, nicht länger die meiste Zeit verwaist und unzugänglich. Die Türen stattdessen jeden Tag weit geöffnet, als Einladung für Einheimische und Touristen.
Eine Halle für alle, verbunden mit einer guten Idee: Wenn schon Welterbe, dann bitte so, dass es vernünftig vermittelt wird. Die Geschichte von Rathaus und Roland erzählen, von ihrer Bedeutung auch für Gegenwart und Zukunft. Anschaulich machen, was Bremen ist, als was es sich versteht. Ein Nabel der Selbstbetrachtung, interessant und spannend auch für Auswärtige. So war das geplant. Doch nun sind die Vorzeichen schon wieder andere.
Das Phänomen gibt es woanders sicherlich auch, gefühlt aber nicht dermaßen ausgeprägt wie in Bremen: Kommt ein bestechender Gedanke auf, wird ein Vorschlag entwickelt, der nach Verwirklichung schreit, gibt es den Anstoß zur Veränderung. Dann kann und muss damit gerechnet werden, auf Protest zu stoßen.
Das ist in Bremen wie ein Automatismus. Auch im Fall der Unteren Rathaushalle hat sich prompt eine Bürgerinitiative formiert, die forsch ihre Forderungen erhebt. Sie will den Ort weiterhin so genutzt sehen, wie das seit Jahrzehnten Praxis ist – für Ausstellungen und Veranstaltungen.
Und was geschieht, wenn derlei Widerspruch laut wird, formuliert auch vom Beirat Mitte? Was ist Teil des Automatismus? Als Reaktion zeigt sich der Senat nicht nur gesprächsbereit, was nie falsch sein kann.
Es ist ein Wert an sich, wenn Bürgerinnen und Bürger in städtischen Angelegenheiten mitreden wollen. Sie sollen Gehör finden. Doch muss das, wie jetzt bei der Unteren Rathaushalle, oft so enden, dass die vom Parlament und damit vom Volk gewählte Regierung eiligst einknickt?
Es gibt mannigfache Beispiele dafür – und dann fragt man sich schon, wie es in Bremen um die repräsentative Demokratie bestellt ist, wenn Partikularinteressen so viel Bedeutung zugemessen wird.
Absicht war, für das Besucher- und Informationszentrum zum Bremer Welterbe die gesamte Untere Rathaushalle mit ihren gut 650 Quadratmetern in Beschlag zu nehmen. Für die wenigen bisherigen Nutzer, beispielhaft wird regelmäßig der Kunsthandwerkermarkt in der Vorweihnachtszeit genannt, sollten Alternativen gesucht werden. Auf diese Weise wäre angemessen viel Platz gewonnen worden, um den Ansprüchen komplexer, teilweise aber auch spielerischer Wissensvermittlung gerecht zu werden.
Andere Städte machen das vor. Regensburg etwa, das den Besuchern im Salzstadel an der Steinernen Brücke auf zwei Geschossen und 700 Quadratmetern überaus eindrücklich die von der Unesco als Welterbe geadelte Altstadt nahebringt.
Nichts Halbes und nichts Ganzes
Bremen, wie es scheint, bekommt so etwas nicht hin. Ein guter, der einzig richtige Ansatz wird zerredet und klein gemacht. Es droht ein Ergebnis, das nichts Halbes und nichts Ganzes wäre. Der Senat hatte zuletzt angeboten, dass nur ein Teil der Fläche für das Besucherzentrum verwendet wird und der andere weiter für Ausstellungen und Veranstaltungen zur Verfügung steht.
Warum? Weil die Untere Rathaushalle sonst nicht länger ein Ort der Begegnung wäre, wie von den Befürwortern der alten Regelung behauptet wird? Unsinn. Das ist die Halle heute in der Regel doch gar nicht. Die Türen sind an den meisten Tagen zu. Nein, in Wahrheit weicht die Regierung schlicht zurück und beugt sich dem Druck einzelner Gruppen.
Der Witz ist, dass selbst dieser Kompromiss noch nicht genug ist. Die Bürgerinitiative will das Maximum, die ganze Fläche. Argumentiert wird, dass Bremen andernfalls ein Teil seines Status als Welterbe aberkannt werden könnte, weil die ursprüngliche Funktion der Unteren Rathaushalle verloren ginge. Das ist grotesk. Mit dem täglich geöffneten Besucher- und Informationszentrum würde die Halle überhaupt erst den Rang bekommen, der ihr gebührt.