Vegesack. "Es hat viel Spaß gemacht, die Ausstellung vorzubereiten und zu gestalten. Bilder zu sichten und auszuwählen." Ein dreiviertel Jahr hat Dieter Onken, unterstützt von seiner Tochter Katja, sein PC-Bildarchiv durchforstet. Von gut 1000 eigenen Fotos sind rund 70 in die engere Wahl gekommen. Sie sind jetzt bis zum 27. Januar im Medienzentrum am Sedanplatz in Vegesack zu sehen.
Dass es genauso viele Fotos sind wie Onken an Lebensjahren zählt, ist eher zufällig. Nicht zufällig ist der Zeitpunkt der Ausstellung: Onken hat sich mit der Bilderschau zu seinem 70. Geburtstag am 9. Dezember selbst ein Geschenk gemacht. "Auf jeden Fall: Freude" heißt der Titel. Die hatte er nicht nur bei der Vorbereitung, Freude macht dem pensionierten Lehrer auch das Fotografieren. Dabei holt er so ziemlich alles vor die Linse wie die thematisch gegliederte Retrospektive mit analogen und digitalen Fotos aus mehreren Jahrzehnten zeigt. Architektur, Landschaften, Menschen und Gegenstände lichtet das Mitglied der Fotofreunde Vegesack ab. Serien sind zu sehen, Gedichtbilder mit Texten, Schwarz-Weiß-Fotos und am PC entstandene experimentelle Arbeiten.
Der andere Blickwinkel
Einzeln, zu Zweit, als Bilder-Gruppe oder im Postkartenformat aufgefädelt an Bändern hängen sie in den Gängen, im Saal und im Computerraum des Medienzentrums. "Ich fotografiere alles, was mir Spaß macht", sagt Onken. Aber mit dem Anspruch, "Motive, die schon 10000 Mal aufgenommen wurden, ganz anders zu fotografieren." Das Besondere, das kann ein ungewöhnlicher Blickwinkel sein. Einen Glockenturm in Sevilla hat er vor makellos blauem Himmel aufgenommen. Aus der Froschperspektive durch einen Torbogen, der den Turm überwölbt. In einer anderen Aufnahme klettern zwei junge Männer über den Kopf des Fotografen hinweg im Gegenlicht auf dem Segellogger BV 2 in schwindelerregende Höhe.
Bewusst gewählte Ausschnitte betonen interessante Details wie eine farbenfrohe, vielgestaltige Giebelparade in Bremerhaven oder die schwungvollen rotgrünen Farbstreifen am Kotflügel eines Porsche-Rennwagens. In einem Marmorsteinbruch fiel Onken die reizvolle Spiegelung einer Marmorwand auf einer Wasserfläche auf. Das fotografische Ergebnis sieht aus wie ein abstraktes Strukturbild aus Sand.
Das Besondere entdeckt der Leuchtenburger auch im Alltäglichen. Eines Tages flatterte ihm ein Blatt in einen Topf mit Binderfarbe, den Onken im Freien vergessen hatte. Der "Herbst im Farbtopf" wirkt wie gemalt. Die grobe Pixel-Körnung durch den vergrößerten Bildausschnitt setzte der Fotograf gezielt als Gestaltungsmittel ein.
Ein Schwerpunkt in den Landschaftsaufnahmen sind maritime Impressionen. Onken liebt Meer, Watt und Inseln. Ganz besonders den Winter auf Amrum. Gerne macht er mit seiner Frau dort in der kalten Jahreszeit Urlaub. "An Landschaftsmotiven reizen mich vor allem besondere Lichtverhältnisse und Stimmungen", erzählt der Fotograf. Eine Strandaufnahme mal anders: Als dunkelbraunes Band zieht sich die Sandfläche auf Amrum unter einem bedrohlich wirkenden Himmel. Dazwischen blitzt als heller Lichtstreif der Horizont.
Vom Winde verweht zeigt sich die Inselpromenade. Eine steife Brise wirbelt den Sand vom Strand über die Flaniermeile von Amrum. Ruhe und Stille strahlt das im Gegenlicht fotografierte Stimmungsbild "Mittag im Sandwatt" aus. Sand und Priele ziehen sich als braune Flächen quer durch das Foto. Im Licht der Sonne spiegeln sich die Sandkanten im Wasser und geben den Übergängen als goldene Bänder Kontur. Eine Aufnahme wie gemalt.
Bildpoesie in Verbindung mit Versen und Weisheiten findet sich auch in den Arbeiten wieder, die Onken seine "Gedichtbilder" nennt. "Eine schmale, weiße, eine sanfte leise Wolke weht im Blauen hin." Hermann Hesses Worte beschreiben, was der Betrachter auf dem Foto über dem Gedichttext sieht. Seine heitere Seite offenbart der Fotograf in Aufnahmen, die Menschen in den Blickpunkt stellen. Ein gewichtiger Händler auf einem Markt nimmt an einem ebenso beleibten Kunden Maß für einen Gürtel. "Gleiche Wellenlänge" hat Onken das Bild betitelt. "Ein Fall für Paris" sind die sechs Damen, die sich in Emden anlässlich einer Munch-Ausstellung eingefunden haben. Drei holde Grazien aus Holz schauen von einer blauen Brücke auf ein quicklebendiges Trio.
Im großen Saal teilen sich Schwarz-Weiß-Aufnahmen die Wände mit Fotos in schrillen Farben. "Das sind meine Wut-Bilder", sagt Onken mit einem Schmunzeln. Vor der Farbveränderung am PC waren die Aufnahmen schön anzusehen aber langweilig, fand der Fotograf. Er begann zu experimentieren. Mit dem Bildbearbeitungsprogramm Photoshop verschob er Farben der Bilder. Eine Hausfassade sieht jetzt aus wie von der Pop-Art-Ikone Warhol gemalt. Eine Baumscheibe explodiert wie ein Feuerwerks-Stern.
Die Ausstellung "Auf jeden Fall: Freude" von Dieter Onken ist bis 27. Januar im Medienzentrum zu sehen.