Vor mehr als 2000 Jahren siegte das Licht. Als 165 vor Christus der zweite jüdische Tempel wieder eingeweiht wurde, drohten die Lichter des siebenarmigen Menora-Leuchters zu erlöschen. Das Öl reichte nur noch einen Tag. Wie durch ein Wunder brannten die Kerzen acht weitere Tage – bis neues Öl hergestellt war. Darum feiern Juden alljährlich Chanukka, was hebräisch ist und „Einweihung“ bedeutet.
Doch an diesem Donnerstagabend steht in vielen jüdischen Gemeinden weltweit ein weiteres Wunder im Mittelpunkt: Das Wunder des Überlebens. Das jüdische Volk hat immer wieder überlebt. Als die Römer den zweiten Tempel zerstörten. Als Juden ohne eigenen Staat stets die Minderheit waren. Als die Nationalsozialisten Millionen von ihnen verfolgten und ermordeten.
„Das jüdische Leben hat gesiegt. Wir sind da!“, sagt Elvira Noa, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Bremen. „Wir gedenken aller, die das große Morden nicht überlebt haben.“ Unter den Gästen im Gemeindesaal sind einige Zeitzeugen, die als Kind selbst vom NS-Regime verfolgt oder in Ghettos gebracht wurden. Eine von ihnen ist Fanja Tazsikova. Die 86-Jährige hat die Ehre, eine der drei Kerzen anzünden zu dürfen. Das klappt zunächst nicht, das Feuer geht aus. „Vorführeffekt“, sagt sie und lacht.
Tazsikova erlebte als Kind vier schlimme Jahre in einem Ghetto in der Ukraine mit. Als sie zehn Jahre alt war, erzählt sie, gelangte sie in das von Rumänen kontrollierte Ghetto. Dort mussten ihre Mutter, ihr Bruder und sie jeden Tag arbeiten, schliefen auf dem Fußboden. Noch immer fällt es Tazsikova sehr schwer, über diese Erinnerungen zu sprechen.
Die Zeitzeugen des brutalen Massenmords werden weniger. Elvira Noa schätzt, dass es in Bremen noch etwa 60 bis 100 Juden gibt, die das NS-Regime erlebt haben. Sie sind wie Fanja Tazsikova aus osteuropäischen Staaten eingewandert. Nicht nur in Bremen haben sich am Donnerstag Shoa-Überlebende zum Entzünden des dritten Chanukka-Lichts getroffen.
Auch in New York, Berlin, Frankfurt, Köln und vielen weiteren Städten feierten Juden die „Internationale Nacht der Holocaust-Überlebenden“. Sie soll aufmerksam machen auf die etwa 500.000 noch lebenden Shoa-Überlebenden und ihr Leid. Aber auch auf den Respekt, den sie verdienen und die Hilfe, die sie benötigen.
Sie lebten von Sozialhilfe
Aufgerufen zu der Aktion hat die „Claims Conference“. Sie verwaltet Entschädigungsfonds und setzt sich für eine angemessene finanzielle Versorgung der Holocaust-Überlebenden ein. Vor zwei Jahren fand eine Studie heraus, dass ein Viertel der Überlebenden in Israel arm ist.
„Alle Überlebenden aus Osteuropa, die mit 50 oder 60 Jahren nach Deutschland eingewandert sind, hatten nie die Chance, ins Erwerbsleben einzusteigen“, sagt Elvira Noa. Sie lebten von Sozialhilfe. An diesem Abend jedoch sollen die Überlebenden sich über den Sieg des Lichtes freuen. Und über ihren eigenen. Ein Chor trägt stimmungsvolle Lieder vor. Alle klatschen mit.