Fast jeder, der im Internet unterwegs ist, nutzt Google. Aber gerade bei der Suche nach Audio- und Video-Dateien liefert die Suchmaschine nicht immer die besten Ergebnisse. Dafür gibt es Spaactor.
Sie sagen Google den Kampf an: Christian Schrumpf und Thorsten Schoop, Geschäftsführer der Bremer Firma Spaactor, haben nach eigenen Angaben die weltweit erste Suchmaschine für Audio- und Videodateien entwickelt. Auf die Idee ist Schrumpf, der ursprünglich aus der Nähe von Ulm stammt, 2004 während seiner Diplomarbeit am Fraunhofer Institut gekommen. Er hatte zunächst in Kaiserslautern Informatik studiert und schließlich seine Diplomarbeit über Spracherkennung geschrieben.
Im Anschluss zog er für seinen „Internationalen Master in digitalen Medien“ nach Bremen und arbeitete danach bei einem Medien-Unternehmen. Dort lernte er seinen jetzigen Partner Thorsten Schoop kennen. Der gebürtige Hamburger Schoop hat Wirtschaftsinformatik mit dem Schwerpunkt im kaufmännischen Marketing-Bereich studiert.
Eine Mischung aus Sprache und Zuschauer
„Schon 2007 hatten wir überlegt, eine Suchmaschine für Audiodateien zu bauen“, erinnert sich Schrumpf, „aber zu der Zeit gab es noch rechtliche Probleme und kaum Inhalte auf Mediatheken.“ 2013 erlaubte der Europäische Gerichtshof allerdings, dass auch fremde Inhalte, die im Internet frei zugänglich sind, ohne Bezahlschranke über die sogenannte Embedded-Funktion, also die Einbettung von Videos oder Audiodateien, auf eigene Webseiten zu stellen. Damit war der Weg frei für die Gründung von Spaactor im Jahr 2014.
Der Firmenname ist eine Mischung der englischen Begriffe „speech“ und „spectator“, also Sprache und Zuschauer, erklärt Schrumpf. Gleich zu Beginn konnten sie Carsten Meyer-Heder, Chef der Internetagentur Neusta, als Investor gewinnen. „Gerade dieses frühe Engagement war für uns sehr wichtig, weil wir ohne Unterstützung die Entwicklung so schnell nicht hätten starten können“, erinnert sich Schoop, „wir konnten auf bis zu neun Entwickler von Neusta zurückgreifen“.
Neusta hält dafür ein Drittel der Firmenanteile, Schoop und Schrumpf gehören die anderen zwei Drittel. Nach der einjährigen Entwicklungszeit ging die Suchmaschinen-Seite im September 2016 online. Im Moment hat die Suchmaschine deutschlandweit die 210 größten Sender und Online-Kanäle in der Datenbank, unter anderem die Mediatheken von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern wie ARD und ZDF. Auch beliebte deutsche Youtube-Kanäle wie „Bibi‘s Beauty Palace“ seien dabei, sagt Schoop. „Natürlich auch der Werder Bremen-Kanal auf Youtube“, fügt er hinzu.
Expansion in englische Märkte
In der Datenbank befinden sich aber auch kleinere Kanäle wie der von „Bley Fleisch- und Wurstwaren“. Da seien sie offen für unterschiedliche Vorschläge, sagt Schrumpf. „Unser Anspruch ist es, möglichst bald alle Dateien bei uns anzubieten, die auf dem deutschsprachigen Markt verfügbar sind“, ergänzt Schoop, „derzeit haben wir über 700.000 Einzelsendungen, täglich kommen 2000 bis 3000 Sendungen dazu. Das läuft alles automatisch“. Nur das Einspielen neuer Kanäle laufe noch manuell, damit sie auswählen können, was hinzukomme.
Im Gegensatz zu Google werden bei Spaactor nicht nur die Metadaten, also eine kurze Beschreibung der Dateien, angeführt. „Unser Spracherkennungsprogramm erkennt jedes Wort einzeln und daher können Nutzer in den Audiobeiträgen auch Wort für Wort suchen“, sagt Schrumpf. Damit seien sie weltweit die Ersten. „Deshalb wollen wir auch schnell wachsen, um auf den englischen Markt zu expandieren, bevor einer der großen Anbieter wie Google oder Amazon hier einsteigt“, sagt er.
Im Hintergrund der Webseite laufen mehrere Anwendungen, die Schrumpf mit seinem Team selbst programmiert hat. So auch die eigentliche Suchmaschine, der sogenannte Crawler, der nach neuen Daten und Beiträgen sucht. Große Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender beispielsweise überprüft das Programm im Viertelstunden-Takt. In der Regel erkenne es bei einem solchen Suchlauf 80 bis 90 Prozent des Gesagten. Politikernamen wie Erdogan oder Obama und Firmen wie Apple und Google wurden in der vergangenen Woche am häufigsten gesucht.
"Wir haben derzeit 1500 Zugriffe pro Tag"
Das zweite Alleinstellungsmerkmal der Suchmaschine ist Schoop zufolge, dass sie die Treffer sekundengenau in den Videos oder Audiodateien ansteuern können. „Wenn man beispielsweise einen Beitrag von einer Stunde gesehen hat und man erinnert sich an einen bestimmten Begriff, dann kann man über unsere Seite den Begriff eingeben und muss sich nicht den ganzen Beitrag komplett noch mal anschauen, bis die passende Stelle kommt“, erklärt Schrumpf.
Damit richtet sich Spaactor nicht nur an Journalisten, die etwas Bestimmtes recherchieren wollen, sondern auch an alle Nutzer, die sonst Google nutzen würden. So könnten Sportfans beispielsweise oft aus der Beschreibung einer Sendung in der Mediathek nicht klar erkennen, ob und wann ein Beitrag über ihren Lieblingsverein dabei ist. „Unsere Suchmaschine kann genau anzeigen, in welchen Beiträgen der Begriff Werder Bremen auftaucht und Nutzer können dann zu dieser Stelle springen und diese Stelle dann auch an Freunde weiterschicken oder in sozialen Netzwerken wie Facebook posten“, erklärt Schrumpf weiter.
„Wir haben derzeit 1500 Zugriffe pro Tag. Viele, die uns kennen, kommen oft wieder“, freut sich Schoop. Derzeit finanziert sich die Suchmaschine vor allem über mehrere Werbeblöcke auf der Seite. Aber beide geben noch mehr Geld aus, als sie einnehmen. Das soll sich in diesem Jahr ändern. „Wir probieren gerade vieles aus“, erklärt Schoop. So hätten sie sich unter anderem auch in der TV-Sendung „Höhle der Löwen“ beworben. „Selbst wenn wir dort keinen Investor finden, wäre die Sendung eine gute Chance, die Zuschauer als Nutzer zu gewinnen“, sagt er.
Die beiden Spaactor-Gründer setzen für Kontakte zu möglichen Investoren unter anderem auf die Cebit, die an diesem Montag in Hannover startet. „Wir hoffen, dass wir bis April zwei Millionen Euro von Investoren einsammeln, um unter anderem eine App zu programmieren und in den englischsprachigen Markt zu expandieren“, sagt Schoop. Es sei immer schwerer, ein nicht greifbares Produkt bekannt zu machen, „daher wollen wir mit dem Geld von Investoren unter anderem einiges in das Marketingbudget stecken“.