Vom Alter her ist der Poller ein Pimpf. Von der Größe her auch. Ein Lütter, echt, aber was sagt das schon? Er hat es zur Legende gebracht, ist berühmt geworden. Bald jede Woche gibt's was Neues von ihm, und wenn er nicht da wäre, müsste man den Burschen erfinden.
Schlimm für ihn ist, wenn er von Autofahrern umkurvt wird. Schwer zu ertragen, diese Ignoranz, als wäre er gar nicht da. Dann lieber ein Rumms, wie es auch häufig vorkommt. Lastwagenfahrer, die mit ihrem Brummi zurücksetzen und den Poller übersehen. Er wird dann gleichsam aus den Angeln gehoben, fällt manchmal sogar um. Das ist zwar eine Niederlage, aber keine Schmach wie im ersten Fall.
Zuletzt hat er selbst schlappgemacht. Die Zugseile waren gerissen. Kein Wunder, denn seit der Poller in der Langenstraße mit dem neuen Essighaus eine Großbaustelle vor der Nase hat, wird er beansprucht wie nie. Ständig rauf und runter, weil Handwerker und Lieferanten kommen. Das nervt und strengt an. Hätte er sich während der Arbeiten doch schlafen legen können, aber nein – für Ausnahmen sind die Behörden nicht zu haben. Der Poller muss seinen Dienst tun. Koste es, was es wolle.
Und es kostet viel, sehr viel. Allein der Aufwand beim Malheur mit den Zugseilen. Nach den vielen Stunden und dem Einsatz von Personal dürften es wieder einige Tausend Euro gewesen sein. Unterstützt wurden die Monteure dieses Mal von der Polizei. Die Beamten postierten sich mit ihrem Streifenwagen vor dem Poller und schauten bei der Arbeit zu. Drumherum die Fahrzeuge der Techniker. Ein Großaufgebot für den kleinen Mann aus Metall. Sie beugten sich tief über ihn, als wäre er ein Patient, und stimmt, das ist der Poller immer wieder, ein Patient. Die Liste seiner Verletzungen füllt Ordner, und sie reißt nicht ab. Poller, halt durch! Denn wo sollten sonst die Geschichten herkommen?