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Victor Benno Meyer-Rochow von der Jacobs University berichtete bei „Wissen um elf“ aus dem Nagaland Die Jagd nach Köpfen diente dem Ansehen

Altstadt. Wenn Victor Benno Meyer-Rochow erzählt, dass er in Indien bei Kopfjägern war, wird er von seinen Zuhörern regelmäßig gefragt, ob er etwa von Kannibalen spricht. Kopfjäger aber seien keine Menschenfresser, sondern jagten Trophäen, erklärte der Wissenschaftler in seinem Vortrag "Vom Kopfjäger zum Kirchgänger" im Haus der Wissenschaft. Die Köpfe selbst seien unter anderem am Dorfeingang platziert worden, um Stärke zu zeigen und Feinde abzuschrecken.
05.05.2013, 05:00 Uhr
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Von Ina Schulze

Altstadt. Wenn Victor Benno Meyer-Rochow erzählt, dass er in Indien bei Kopfjägern war, wird er von seinen Zuhörern regelmäßig gefragt, ob er etwa von Kannibalen spricht. Kopfjäger aber seien keine Menschenfresser, sondern jagten Trophäen, erklärte der Wissenschaftler in seinem Vortrag "Vom Kopfjäger zum Kirchgänger" im Haus der Wissenschaft. Die Köpfe selbst seien unter anderem am Dorfeingang platziert worden, um Stärke zu zeigen und Feinde abzuschrecken.

Erst 1991 ist im Nagaland im Osten Indiens ein Gesetz erlassen worden, das auch den Nocte als einem der vermutlich letzten Stämme, die an diesem Brauch festhielten, die Kopfjagd verbietet. Indien sei mit rund 1,2 Milliarden Einwohnern das zweitbevölkerungsreichste Land der Erde. Ein etwa 18 Kilometer breiter Landstreifen verbindet die östliche Region mit dem Rest des Landes, in der auch das Nagaland liegt. Nur Nagas dürfen dort Land besitzen, und sie zahlen keine Steuern. Das Wort Naga sei bereits in der Zeit Alexanders des Großen bekannt gewesen, sagte Meyer-Rochow. Man vermute, dass es sich entweder von einem Wort für Schlamm oder von dem englischen nude für nackt ableiten lasse.

Seit gut einem Jahr ist es Touristen möglich, auch ohne Sondergenehmigung in das Nagaland zu reisen. Der deutschstämmige Neuseeländer Victor Benno Meyer-Rochow war bereits vier Mal in dieser Region unterwegs. Als Professor der Biologie an der Jacobs University und Doktor der Neurobiologie und Ethno-Entomologie interessiert er sich vor allem für die Nutzung von Insekten in der Volksmedizin, der Mythologie und als Nahrungsmittel". Dafür habe er Forschungsgelder bekommen – und die Möglichkeit, nach Nagaland zu reisen. Die Hauptstadt Kohima sei für ihren Soldatenfriedhof mit Tennisplatz berühmt. Wenn den Engländern und Japanern die Munition ausgegangen sei, "dann spielten sie Tennis", sagte Victor Benno Meyer-Rochow, der auch Märkte besucht hat, auf denen unter anderem Spinnen, Maikäfer, Raupen, Maden, Grashüpfer, Wanzen, Libellen- und Wespenlarven angeboten wurden. "Wer denkt, das ist eine Notnahrung: weit gefehlt. Eine Schale mit Raupen kostet umgerechnet rund zwölf Euro." Ihm selbst hätten vor allem die Wespenlarven gut geschmeckt. Die Nahrungsgewohnheiten der rund 16 Stämme des Nagalandes ähneln einander mehr oder weniger. Ein wichtiges allgemeines Verhaltensmuster aber sei die Kopfjagd.

Im 19. Jahrhundert kamen die ersten Methodisten und Baptisten in das Nagaland, um das Christentum zu verbreiten, berichtete Meyer-Rochow. Inzwischen habe jedes Dorf seine eigene Kirche. Und die Nagas seien 140-prozentige Christen und fahren sonntags kein Auto. Doch neuerdings sei die traditionelle Kopfjagd wieder in das Bewusstsein der Leute gekommen. Einige Köpfe seien ausgebuddelt und ausgestellt worden. In der Vergangenheit galten Kinderköpfe als besondere Eroberung, weil Kinder unter besonderem Schutz standen.

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