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Mieten der Bremer Flüchtlingsunterkünfte Die Kosten der Zast

Die Stadt Bremen hat sich für zehn Jahre verpflichtet, mehr als 100 Millionen Euro für die Anmietung von Flüchtlingsunterkünften auszugeben.
03.09.2016, 00:00 Uhr
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Die Kosten der Zast
Von Patricia Brandt

Die Stadt Bremen hat sich für zehn Jahre verpflichtet, mehr als 100 Millionen Euro für die Anmietung von Flüchtlingsunterkünften auszugeben.

Allein nahezu 20 Millionen Euro werden bis 2026 für das frühere Vulkan-Verwaltungsgebäude auf dem ehemaligen Werftgelände in Grohn fällig.

Das geht aus einem internen Verwaltungspapier hervor, das der Redaktion vorliegt. Zeitleich sinken die Flüchtlingszahlen weiter. Das Sozialressort geht davon aus, dass es seine bisherige Prognose bald nach unten korrigieren wird. Aktuell leben rund 1000 Schutzsuchende in den Bremer Erstaufnahmeeinrichtungen und rund 250 im früheren Vulkan-Gebäude.

Seit Monaten sind Handwerker dabei, die frühere Zentrale der Großwerft Vulkan zu Bremens größter Flüchtlingsunterkunft umzubauen. Hier sollen ab Oktober bis zu 750 Flüchtlinge leben. Ein Teil der Fläche wird jetzt schon genutzt. Die Laufzeit des Mietvertrags für das Gebäude im Ortsteil Grohn hat die Stadt mit dem Investor, der Bührmann-Gruppe, auf zehn Jahre festgelegt. Wie hoch allein die jährliche Miete ist, die die Stadt dem Konzern für rund 13 000 Quadratmeter in dem Gebäude zahlt, möchte weder die Verwaltung noch Dieter Kröger, zuständig für Finanzen bei der Bührmann-Gruppe, öffentlich machen. Kröger spricht aber von einer „ortsüblichen Miete“.

Vulkan derzeit noch offiziell eine Notunterkunft

Wie hoch die Miete ist, geht aus einer verwaltungsinternen Übersicht zu Mietobjekten für die Unterbringung von Flüchtlingen hervor. Diese hat Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) erst kürzlich dem Haushalts- und Finanzausschuss vorgelegt. Darin ist aufgelistet, dass die geplante zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge des Landes Bremen auf dem ehemaligen Vulkangelände mit Mietkosten in einer Gesamthöhe von 19,436 Millionen Euro die teuerste Unterkunft im Asylbereich in Bremen ist. Weil noch nicht alle Räume bezugsfertig sind, werden dieses Jahr 1,249 Millionen Euro fällig. Ab 2017 beläuft sich die Miete jährlich auf 2,021 Millionen Euro.

Laut dieser Liste zahlt Bremen einen Quadratmeterpreis in dem Gebäude in Höhe von 13 Euro – ohne Investitionskosten. Die Kellerflächen schlagen mit 6,50 Euro zu Buche, ebenfalls ohne Investitionskosten. Zum Vergleich: Im Übergangswohnheim an der Kreinsloger (Mietbeginn geplant ab September) liegt der Quadratmeterpreis bei fünf Euro. Noch etwas höhere Quadratmeterpreise als für die neue Zast zahlt die Stadt demnach nur für die Übergangswohnheime an der Kurfürstenallee und der Grünenstraße, die aber jeweils auf 110 beziehungsweise 130 Plätze ausgelegt sind und damit bei den Gesamtkosten weit unter den Kosten für das umgebaute Vulkan-Gebäude bleiben.

Derzeit ist der Vulkan offiziell noch eine Notunterkunft. Am Ende des Umbaus, die Bauarbeiten sollen Ende des Monats abgeschlossen sein, wird das Vulkan-Gebäude als neue Zast 750 Menschen aufnehmen können. Doch ob so viele Flüchtlinge in Bremen-Nord ankommen, ist ungewiss.

Flüchtlingszahlen sinken weiter

Zum Stichtag 30. Juni diesen Jahres lebten laut Awo 246 Flüchtlinge in der Unterkunft. Das Sozialressort geht dennoch davon aus, dass Bremen die Kapazitäten des Vulkan-Verwaltungsgebäudes über einen längeren Zeitraum braucht, „auch bei zurückgehenden Zugangszahlen.“ Bernd Schneider: „Wir sind verpflichtet, in Erstaufnahmeeinrichtungen Kapazitäten für den Zugang mehrerer Monate vorzuhalten. Das machen wir derzeit an verschiedenen Standorten, können das aber möglicherweise irgendwann reduzieren auf einen einzigen Standort – das wäre dann das Vulkanverwaltungsgebäude.“ Diese Aufgabe sei über Jahrzehnte „von der Öffentlichkeit unbemerkt“ an der Steinsetzer Straße wahrgenommen worden.

In allen Bremer Erstaufnahmeeinrichtungen, dazu zählen in Bremen-Nord das Hartmannstift und die Schule an der Reepschlägerstraße, leben laut Sozialressort zurzeit 1070 Menschen. Die Flüchtlingszahlen sinken weiter: „In der ersten Hälfte 2016 sind 2255 Menschen angekommen. Derzeit überarbeiten wir unsere Prognosen“, berichtet Bernd Schneider.

Bisher hat das Stahmann-Haus für seine Berechnungen die Prognosen des Bundes zugrunde gelegt, die bei 800.000 Flüchtlingen für die Bundesrepublik gelegen haben, und laut Schneider damit 8000 Flüchtlinge für das Land Bremen bedeuteten. Derzeit sei eher mit 3000 Flüchtlingen zu rechnen, meint der Ressortsprecher. Die neuen Zahlen sollen dem Senat in den kommenden Wochen vorgelegt werden.

Auch wenn das Sozialressort davon spricht, Einrichtungen in der Zast aufgehen zu lassen – in der aktuellen „Objektliste der in 2015 und 2016 erteilten Verpflichtungsermächtigungen für Anmietungen im Asylbereich“ sind weitere Mietkosten bis 2026 aufgeführt. Für Bremer Übergangswohnheime, Wohnungen, Lagerhallen, Container und Hotelunterkünfte muss die Stadt demnach insgesamt 117,131 Millionen Euro Miete zahlen.

Finanzbehörde äußert sich nicht

Aus der Region Bremen-Nord tauchen in der Liste das Übergangswohnheim an der Kreinsloger Straße in Blumenthal mit 70 Plätzen (586.000 Euro) auf und das ehemalige Altenheim an der Kapitan-Dallmann-Straße in Blumenthal mit 120 Plätzen (2,5 Millionen Euro). Für die Blumenthaler Einrichtungen wurde eine Mietlaufzeit von zehn Jahren festgelegt. Außerdem findet sich der Vegesacker Bahnhofsplatz als Hotelunterkunft mit Selbstverpflegung für 80 Personen. Hier ist eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 1,2 Millionen Euro bis 2018 erteilt worden.

Die Mietkosten machen nur einen Teil der Gesamtkosten für die Zentrale Auf­nahmestelle aus. Die Stadt muss auch für Betriebs- und Betreuungskosten sowie für das Catering und den Sicherheitsdienst aufkommen. Die Finanzbehörde äußert sich nicht zu diesen Kosten. Sie verweist auf die zuständige Sozialbehörde, die auf Nachfrage unserer Redaktion ebenfalls keine ­Summe nennt.

Offen bleibt damit auch, was Bremen dem Träger Awo für die Betreuung der Asylsuchenden sowie für kleinere Reparatur-Arbeiten zahlt. Laut Uwe Eisenhut, bei der Awo zuständig für den Bereich Asyl, gelte bei den Personalkosten ein Betreuungsschlüssel für Notunterkünfte von 5:100. Die Mitarbeiter, Sozialpädagogen und Hausmeister würden allesamt nach Tarif bezahlt.

Info

Am Montag, 12. November, treffen sich die Mitglieder des Vegesacker Ausschusses für Flüchtlingsangelegenheiten um 17 Uhr in der Zen­tralen Aufnahmestelle. Es geht dann unter ­anderem um die Situation in der Einrichtung. Das Ortsamt weist darauf hin, dass am Eingang des Gebäudes ein Ausweis vorgezeigt werden muss.
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