Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Andrea Orlovsky reist für die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" nach Moldawien und verteilt Geschenk-Pakete Ein wenig Hoffnung mitten im Elend

Hunderttausende Menschen in Deutschland und Österreich haben in den vergangenen Wochen Geschenk-Pakete für Kinder in Not gepackt. Insgesamt 492529 Kartons kamen zusammen - das ist das vorläufige Ergebnis der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" des christlichen Hilfswerks "Geschenke der Hoffnung". In Bremen-Nord wurden nach Angaben der ehrenamtlichen Helferin Katja Ukena 1086 Schuhkartons gesammelt. Die Nordbremerin Andrea Orlovsky reiste mit nach Moldawien, um die Geschenke zu verteilen.
29.12.2011, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Ein wenig Hoffnung mitten im Elend
Von Julia Ladebeck

Hunderttausende Menschen in Deutschland und Österreich haben in den vergangenen Wochen Geschenk-Pakete für Kinder in Not gepackt. Insgesamt 492529 Kartons kamen zusammen - das ist das vorläufige Ergebnis der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" des christlichen Hilfswerks "Geschenke der Hoffnung". In Bremen-Nord wurden nach Angaben der ehrenamtlichen Helferin Katja Ukena 1086 Schuhkartons gesammelt. Die Nordbremerin Andrea Orlovsky reiste mit nach Moldawien, um die Geschenke zu verteilen.

Bremen-Nord·Moldawien. Bulgarien, Georgien, Kasachstan, der Kosovo, die Mongolei, Polen, Rumänien, Serbien, die Slowakei, Weißrussland, das Westjordanland und Moldawien - in diese 12 Länder wurden in diesem Jahr die Pakete der Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" gebracht. Die meisten Schuhkartons wurden noch vor Weihnachten verteilt. Viele ehrenamtliche Helfer begleiteten die Transporte und verteilten die Päckchen vor Ort. So auch Andrea Orlovsky aus St. Magnus, die für fünf Tage nach Moldawien reiste.

Am 14. Dezember landeten die Helfer in Chisinau, der Hauptstadt von Moldawien, "eine Stadt mit östlichem Glimmer, weihnachtlichem Rummel und pompösen Staatsgebäuden neben zerfallenen, alten Häusern in den Nebenstraßen", beschreibt Andrea Orlovsky ihren Eindruck von der Stadt. "Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verloren viele Moldawier ihre Jobs. Bis jetzt verließen eine Million Menschen das Land, um woanders Arbeit zu finden", schildert sie die Lebensbedingungen. "Viele Kinder wurden einfach zurückgelassen. Sie sind somit auf sich alleine gestellt, im günstigsten Fall leben sie bei ihren Großeltern. Allein in Chisinau leben 12000 Straßenkinder; es gibt vier staatliche und acht private Kinderheime."

Am Tag nach der Ankunft fuhren die Helfer vom Hilfswerk "Geschenke der Hoffnung" in den Süden Moldawiens, den ärmsten Teil des Landes. "Die Menschen dort führen ein einfaches Leben und versuchen mit Ackerbau und Viehzucht ihren Lebensunterhalt zu bestreiten", berichtet die Nordbremerin. Der Boden sei fruchtbar, aber es fehle an Arbeitsgeräten. In dem Kindergarten, den die deutschen Helfer besuchten, müsse beispielsweise jeder Tropfen Wasser per Hand geholt werden.

"Es roch modrig und war sehr kalt. Wir gingen in einen kleinen Raum, wo uns die Mädchen und Jungen mit kritischem Blick erwarteten." Nachdem Jugendliche den Kindern die Weihnachtsgeschichte vorgetragen hatten, verteilten die Helfer die Pakete. "Freude, Jubel und Begeisterung stand den Kindern in den Augen, aber auch Fassungslosigkeit", schildert sie die Reaktionen der Kleinen.

Nächster Verteilungspunkt war eine Schule. "Dort warteten bereits hoffnungsvoll 40 bis 50 Kinder auf uns - alle hatten sich ordentlich in Reihen aufgestellt. Der Raum war kalt, aber sehr hübsch hergerichtet; es gab sogar ein paar Bilder an den hellblauen Wänden."

Auf dem Schulhof stellten sich die Schüler nach Klassen sortiert auf; wieder verteilten die Helfer die Pakete. Die Reaktionen der Kinder waren ähnlich wie im Kindergarten. "Für mich war es kaum zu begreifen, dass ein so kleiner Schuhkarton so viel Freude auslösen kann", sagt Orlovsky, "aber mir wurde auch klar, dass es darum geht, diesen verlassenen, einsamen Kindern Hoffnung zu bringen". Diese Hoffnung, nicht vergessen zu sein, könne die Kinder wieder einen Weile durch das Elend tragen. Die Schulleiterin erzählte den Besuchern, dass die Schule vor dem Krieg von Deutschen gebaut worden sei; sie würde gerne wieder Kontakt nach Deutschland pflegen. Diesen Wunsch möchte die Helferin unterstützen: "Wir haben ihr zugesagt, in Deutschland davon zu erzählen. Wenn jemand eine Patenschaft übernehmen möchte oder auch nur einmaligen Kontakt wünscht, stellen wir gerne die Verbindung her."

Zum Abschied schaute Orlovsky noch einmal in einen Klassenraum und erlebte einen besonders bewegenden Moment: "Auf Kommando der Lehrerin wurde es ganz still, die Kinder standen alle auf - ich bekam eine Gänsehaut - und dann riefen alle gemeinsam ,Dankeschön' ."

Über einen holprigen Weg gingen die Besucher danach zu einer kleinen Hütte. Begleitet wurden sie vom Pastor, der voranging, um zu fragen, ob die Gäste eintreten durften. "Da wir zu viert waren, mussten wir nacheinander reingehen, weil die Hütte zu klein war. Im Haus stand eine Mutter mit drei kleinen Kindern, zwei hielten ihren Schuhkarton fassungslos, wie erstarrt in den Händen.

Wir gingen schnell zu ihnen, um ihnen zu zeigen, was wir mitgebracht hatten. Zuerst nahmen die Kinder die Schokolade, danach vorsichtig auch die anderen Sachen." Das Haus bestehe aus zwei kleinen Räumen, so Orlovsky. "In einem befindet sich das Schlafzimmer, wo die fünfköpfige Familie auf drei Betten schläft. Im Zimmer daneben ist die Kochstelle und ein kleiner Tisch, von dem die Kinder essen können. Außerdem steht dort ein Sofa." Betroffen berichtet die Nordbremerin: "Auf dem Sofa lag der sieben Jahre alte Petro. Er erkrankte, als er ein halbes Jahr alt war, seitdem wartet er auf ärztliche Versorgung, die diese arme Familie sich allerdings nicht leisten kann."

Das Leben finde dort ohne Licht, ohne fließendes Wasser statt; jedes Stück Wäsche müsse draußen in einer kleinen Wanne gewaschen werden. "Wir haben gesehen, dass die Menschen ihr Bestmögliches tun", sagt die Helferin, die sich nach ihrer Rückkehr Gedanken macht, wie dem kleinen Petro geholfen werden könnte. "Wir haben gespürt, wie sehr die Menschen auf unsere Hilfe warten."

Hilfe für die Kinder in Moldawien: Andrea Orlovsky möchte den Menschen in Moldavien und speziell dem kleinen Petro weiterhin helfen. Wer ausgedientes Werkzeug, Fahrzeuge, Spielgeräte, Kinderbrillen, Betten oder sonstige Dinge spenden möchte, kann sich unter Telefon 0421/627977 mit der Nordbremerin in Verbindung setzen. Per E-Mail ist Andrea Orlovsky ebenfalls zu erreichen: orlovsky-bremen@arcor.de.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)