Bremen. Seit 180 Jahren wird alljährlich am Tag der Heiligen drei Könige am 6. Januar in der Bremer Eiswette geprüft, ob die Weser geiht oder steiht. Auch 2010 gibt es kein Eis auf dem Fluss, der Schneider musste per Schiff auf die andere Seite gebracht werden.
Fast hätte der Schneider, gespielt von Burkhardt Göbel, während der Zeremonie Feuer gefangen. Aus dem Bügeleisen loderte es - ein Zuschauer musste dem Grünberockten zur Hilfe eilen. Gelöscht wurde mit Schnee, davon gab es reichlich am Punkendeich, an dem sich am Mittwochmittag die Eiswettgesellschaft und viel Publikum eingefunden hatten.
Zuvor hatten die schätzungsweise 2000 vielen Zuschauer, die trotz Schneetreiben und eisigen Temperaturen das Spektakel nicht verpassen wollten, schon die ersten Kabbelein zwischen dem Eiswettpräsidenten Peter Braun, Notarius publicus Jan Zimmermann und Medicus Uwe Lühring mitbekommen. Braun zitierte Heine ("Glücklich der Mann, der den Hafen hinter sich ließ...") und wurde dafür vom Notarius gerügt, der Medicus bekam von einem "Rösler-Kavalier" eine silberne Rose überreicht und die Novizen wenig Fett weg. Er verkneife sich zynische Bemerkungen, so Braun, der jämmerliche Anblick, den die Eiswett-Novizen böten, sei schon schlimm genug.
Auf sich warten ließ - der Schneider. Schon hatten die Herren vom Präsidium Steine in die Weser geworfen und festgestellt, der Fluss, er fließt friedlich vor sich ihn. Nach zwanzig Minuten eilte dann endlich der Schneider den Deich herunter, mit einer weißen Maske gegen die Schweinegrippe gefeit. Zu spät sei er, das stimme, sei aber nicht seine Schuld. "Ich habe keinen Briefkasten in der Innenstadt gefunden", klagte er, und auch die Situaton am Stern und in der Neustadt lasse zu wünschen übrig: "Da gibt es keine Sichtachse zum Punkendeich".
Vorlaut und vorwitzig zu sein, ist des Schneiders Job, den er dieses Jahr aber nur bedingt erfüllte. Immer wieder hakte es in der Rede des Schneiders, und auch die Spitzen zwischen ihm und dem Notarius, Medicus und Eiswettpräsidenten wollten nicht so flott fliegen wie in den vergangenen Jahren.
Auf die Waage ließ er sich dann aber doch noch locken - und siehe da, 500 Gramm zuwenig war das Ergebnis. Das verbuchte Burkhardt Göbel als "Solidaritätszuschlag", weil der auf der Gehaltsabrechnung auch als Abzug erscheint. Und überhaupt. Mitsamt seiner Schnapsflasche entschwand der Schneider dann mit Hilfe der DGzRS in Richtung anderes Ufer. Nicht vorher allerdings noch ein Denkmal zu fordern: "Lebensgroß, also 3,50 Meter ohne Hut".