Bei der Unterbringung von Flüchtlingen will die Gemeinde Schwanewede neue Wege gehen. Dabei rückt auch das leer stehende Offizierskasino in den Blick.
Bei der Unterbringung von Flüchtlingen will die Gemeinde Schwanewede neue Wege gehen. Die Kommune braucht zusätzlichen Wohnraum für die steigende Zahl von Asylbewerbern, die ihr vom Land nach einem festen Verteilschlüssel zugewiesen werden. Die vorhandenen gemeindeeigenen Unterkünfte reichen nicht aus, um die Zufluchtsuchenden unterzubringen. Längst muss die Gemeinde Wohnungen anmieten. Auf der Suche nach neuem Wohnraum nimmt die Verwaltung jetzt eine weitere Möglichkeit in den Blick. Die Gemeinde will das ehemalige Offizierskasino der Bundeswehr erwerben und als Flüchtlingsunterkunft nutzen.
Als größere eigene Unterkunft unterhält die Kommune derzeit nur das Wohnheim an der Ostlandsstraße in Schwanewede. Dort ist Platz für rund 40 Flüchtlinge. „In der Regel versuchen wir, die uns zugewiesenen Flüchtlinge möglichst dezentral in privaten Wohnungen unterzubringen“, erklärt Sozialamtsleiter Helmut Tietjen. Das habe in der Vergangenheit auch meistens geklappt, weil der Gemeinde vor allem Familien zugewiesen worden seien. „Wir müssen jetzt auch über Möglichkeiten nachdenken, Einzelpersonen unterzubringen. Die brauchen mehr Begleitung als Familien, deshalb würden wir sie gerne in einem gemeindeeigenen Gebäude anstatt verteilt in angemieteten Wohnungen unterbringen.“
Kasinokauf beschlossen
Da rückt das leer stehende Offizierskasino in den Blick. Dass die Gemeinde die Immobilie von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) ankaufen soll, ist politisch beschlossene Sache. Eine Nutzung des Kasinos als Flüchtlingsunterkunft sieht der Beschluss allerdings nicht vor. „Laut Beschluss soll die Gemeinde das Gebäude zum Schätzwert kaufen“, erläutert der Bürgermeister. Würden dort aber, wie von der Verwaltung geplant, Flüchtlinge einquartiert, könnte die Gemeinde die Immobilie samt vier Hektar umliegender Fläche billiger erwerben. Nach einer seit Frühjahr 2015 geltenden neuen Richtlinie kann die Bima für ehemalige Kasernengebäude, die zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden, den Kaufpreis mindern.
Im Verwaltungsausschuss am Freitag, 4. Dezember, hofft die Gemeinde Schwanewede, dafür den Weg frei machen zu können. „Wir werden dem Ausschuss eine Beschlussänderung vorschlagen, um das Gebäude zu einem günstigeren Preis als Flüchtlingsunterkunft erwerben zu können“, kündigt der Bürgermeister an. Laut Harald Stehnken müsste die Gemeinde nur ein Fünftel des Schätzpreises zahlen. „Zwischen 50 000 und 100 000 Euro“, rechnet der Bürgermeister. „Wir haben mit der Bima vereinbart, dass wir im Januar den Vertrag unterzeichnen wollen.“ Zusätzlich müsste die Gemeinde Geld für einen Umbau in die Hand nehmen. „Die Gebäudesubstanz ist sehr schlecht, da müssen wir investieren“, sagt Stehnken.
Noch im April hatte sich der Verwaltungschef gegenüber unserer Zeitung skeptisch über eine Nutzung des Offizierskasinos für Flüchtlinge geäußert. Man wolle die Menschen nicht an einem Standort konzentrieren, hieß es damals. Es gebe genug andere Möglichkeiten der Unterbringung. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Mit dem wachsenden Zuzug von Flüchtlingen steigt der Druck auf die Gemeinde, sich nach neuen Unterkünften umzuschauen. Nach Angaben von Sozialamtsleiter Tietjen hat Schwanewede zwischen November 2014 und Juni 2015 insgesamt 82 Flüchtlinge aufgenommen. Im August habe es eine neue Zuweisung gegeben. Danach müsse die Gemeinde bis Ende Januar 2016 zusätzliche 124 Asylbewerber aufnehmen. „Außerdem gehen wir davon aus, dass wir bis zum Frühsommer 2016 weitere 250 Flüchtlinge bekommen werden.“
Schwanewede hat bereits einige neue Unterkünfte in eigenen Gebäuden geschaffen. In die ehemalige Hausmeister-Wohnung der Waldschule und eine Wohnung in der Grundschule Meyenburg sind Flüchtlinge eingezogen. Derzeit werden in der früheren Dammschule drei Wohnungen und im ehemaligen Neuenkirchener Landhaus, das die Gemeinde gekauft hat, zwei Wohnungen hergerichtet. Laut Tietjen sollen sie zum Dezember belegt werden. Die Gemeinde mietet auch Wohnungen und Häuser auf dem Immobilienmarkt an. „Es ist uns gelungen, in Hochhäusern ein Dutzend Wohnungen anzumieten“, so Stehnken. Privatleute bieten Wohnungen und Häuser an. „Die gucken wir uns an und legen je nach Größe und Zustand des Objekts den Mietpreis fest“, erzählt der Sozialamtsleiter. Mancher Anbieter hätten überzogene Preisvorstellungen, stellt man im Rathaus fest. Der Flüchtlingsstrom heizt Mietspekulationen an. „Wir merken es im täglichen Geschäft im Bereich der Hartz-IV-Empfänger. Für die wird es zunehmend schwieriger, eine Wohnung zu einem angemessenen Preis zu finden“, so Tietjen.
Als Wohnraum für Flüchtlinge schließt der Sozialamtsleiter auch Monteurswohnungen, von denen es in Schwanewede einige gibt, nicht aus. „Wenn uns etwas angeboten wird und der Preis stimmt, hätte ich kein Problem damit.“ Eine erste Monteurswohnung sei der Gemeinde vor wenigen Tagen angeboten worden.
Trotz neuer Unterkünfte für Flüchtlinge – es reicht noch nicht. Deshalb will die Verwaltung nun mit der Politik weitere Möglichkeiten überlegen. Am Donnerstag, 26. November, sollen in einem Gespräch mit den Ratsfraktionen, Ortsbürgermeistern und Ortsvorstehern Optionen ausgelotet werden. Das Offizierskasino wird da zur Sprache kommen, aber auch zusätzliche Wohnungen im Neuenkirchener Landhaus. Im Rathaus denkt man sogar über eine größere Lösung nach: den Neubau von Wohnungen für Flüchtlinge. „Darüber wollen wir mit der Politik am 26. November auch sprechen“, kündigt Stehnken an.